Klima und Pflanzenwelt in der Zeit, ein Beitrag zur Geschichte beider

Autor: Fraas, Carl Nikolaus Dr. med. (1810-1875) Professor, Agrarwissenschaftler, Mediziner, Botaniker, Erscheinungsjahr: 1847

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Klima, Klimaschutz, Umwelt, Flora, Pflanzen, Klimaveränderung, Erderwärmung, Vegetation, Botanik, Pflanzenwelt, Nahrungsmittel, Kulturbedingungen, Wissenschaft,
Inhaltsverzeichnis
  1. I. Abteilung. Einleitung.
  2. II. Abteilung. Beiträge zur Geschichte der Pflanzenwelt und des Klima von
    1. Persien
    2. Mesopotamien
    3. Palästina
    4. Ägypten
  3. III. Abteilung. Zur Geschichte der Flora des südlichen Europa.
    1. Einleitende Bemerkungen.
Üppige Wiesen im grünen Eiland, frisches Moos in kühler Bergschlucht oder blaue Lilien an sprudelnden Quellen, – all dies war’s nicht, was der Botanik Ursprung oder auch Inhalt gab, ja wir glauben sogar, dass die genaue Kenntnis des Pflanzenschönen den Hochgenuss raubt, den andere weniger „instruierte“ Seelen bei ihrem Anblick empfinden; aber die Not, – das Streben, Nahrungsstoffe

        „welche tief den Sterblichen bargen die Götter!“

zu finden oder Kleidung wohlfeiler und besser, als aus Tierfellen zu gewinnen, zuletzt die Krankheit selbst, die unerbittliche, war’s, die den Menschen antrieb, der Pflanzenwelt Wesen zu erforschen und sie zinsbar zu machen seinen Gelüsten nach höherem Wissen. Und doch sind wir jetzt weit oft entfernt, die schöne scientia amabilis noch nebenher „auf Milch“ zu benützen! Wie selten auch pflegt sie's der Mühe wert zu halten, sich viel um die Fragen der Zeit zu kümmern, die Kohlenstoff will und Nahrungsmittel heischt mit oder ohne Azot, zunächst für ihre Proletarier nach Panaceen sucht und der Botanik mit Recht zumutet, sie solle den Ingredienzen zum Medikament das Ihrige zusetzen, wie weiland für Universalpflaster und Theriak sie's tat, als weniger noch Not an den Mann ging, wie jetzt. Aber sie selbst, die arme, hat ihr wissenschaftliches Proletariat, ihre Arbeiterklassen, welche in höchster Verteilung und Veredlung des Pflanzentaufgeschäftes sich bis zur schwindelerregenden Tiefe unentwirrbarer Synonymik hineingearbeitet haben, in Ermangelung anderen Stoffes den einheimischen neu und abermals neu auflegen, den Einschlag fassen und fortweben drauf und dran, bis ein Stück gewebt und verkauft ist, en detail, neben assa foetida und albugrec, wies eben das Geschäft bringt. Ob alt, ob neu? – lebendig oder tot begraben – das kümmert nicht, haben ja auch andere Fächer ihre lebendigen „Verstorbenen“ und dass sie selbst Briefe noch schreiben, ist uns nicht neu.

Gestehen wir's nur ein, durch dieses Treiben, ist die Achtung vor unserer Wissenschaft sehr arg gesunken und wir stellen nur wenige Männer mehr für den hohen Rat der Geistesträger des Jahrhunderts. Wohl hat ein neuer Aufschwung begonnen und anatomisch-physiologische Forschung ist in die Arena getreten, Beifall findend von allen Seiten und unterstützt von den höchsten Talenten der Klasse. Aber schon ist der Vorwurf minutiöser Mikrologie und mangelnden Fadens im Labyrinth gemacht worden und hart stoßen bereits sich unter den Führern die Gegensätze. Doch ist eben wohl die Bahn die rechte, nur wenig gangbar noch und schwer zu befestigen. –

Gar eine Seltenheit aber ist's, wenn wirklich ein höherer Mann der systematischen Botanik den Pfad praktischer Applikation betritt und nicht viel Ehre lastet auf ihm. „Was Äpfel und Birnen, was gar Weizen, Roggen, Hirse und Mais! glaubt man wohl, dass wir von Arten oder Abarten, ihren geographischen oder Kulturbedingungen überhaupt sprechen, die der Bauer schon kennt oder die mindestens dem gemeinen menschlichen Erhaltungstrieb ihr Entstehen verdanken?“ So kann man es hören von den überschwänglichen Talenten, die jugendlich meist, die Ersten Opfer ihrer Wissenschaft bringen und, weit gereist und nach schwieriger Forschung, erscheinen zuerst „catalogus, elenchus rariorum, primitiae, spicilegium, symbolae oder selbst flora“ – zuletzt manchmal, aber nur selten, Einiges über Nutzgewächse des erforschten Gebietes, über Kulturverhältnisse, Wiese und Wald, in Briefen zumeist, so quasi als Abhub von der wohlbesetzten Tafel literarischer Glorie.

Umgekehrt war’s in der alten, finsteren Zeit. Wohl sprechen die Forscher aus des großen Mazedoniers Zeit von den schönen Fruchtbäumen des hellenischen und barbarischen Landes mit Umsicht sogar, von den Waldungen und ihren Konstituenten auf Thraziens und Mazedoniens Gebirgen, nicht minder von süßen Eicheln in der Arkadier Land, von Cerealien und ihren Umwandlungen, von Garten- und Heilpflanzen selbst und in erklecklicher Ausdehnung von ihrer Kultur, freilich aber von Alsine parnassica Boiss., proximé A. Arduini affinis, abea eximiè distincta foliis 2 lineas tantum longas . . . . oder von Linum leucanthum, das sich vom gelbweißblühenden caespitosum des ehrlichen Sibthorp durch weiße Blumen unterscheidet, – welche stichhaltige Distinktion, so zu sagen unverwüstlicher Charaktere! – von diesen und gar vielen anderen Subtilitäten neuester Adepten ruhmrediger Autonomie sprachen die Armen nicht. Sollte man erst erwarten können, dass sie von Hygrocrocis lactis serosi und Bryti etwas wussten, die jüngst von gefälligen Hebemüttern ins Leben befördert wurden und als flüchtige Passanten gleich am Schlagbaum des Einganges in die organische Welt Pass und Visa erhielten? Recht übel ist's freilich, wenn man immer Nottaufen verrichtet oder den Schlagbaum vor Sackgassen pflanzt. – Auch von der Natur der Gewächse, von den Resultaten, welche philosophische Kombinationen der griechischen Denker zumal schufen, sprachen die Alten und wenn wir auch ihre Endfolgerungen hierin nicht besonders hoch achten, so lächeln wir doch keineswegs über ihr warmes, kaltes, festes und flüssiges Element (Aristot.) und ehren nicht wenig das des Theophrast.

Aber dass damit viel für die Wissenschaft und das Leben wäre gewonnen worden, könnte man nicht sagen, außer etwa, dass die Liebig’sche Theorie von der Pflanzenernährung schon Aristoteles aufgestellt hätte, wenn er sagt, die Pflanzen saugen so leicht ihre Nahrung aus der Erde auf, weil sie aus gleichartigen Bestandteilen mit ihr bestehen. . . Ganz ohne eigene Theorie, selbst eigene Pflanzenbeschreibung, ja bloß von aller wissenschaftlichen Spekulation in botanischen Dingen waren die Römer, die Armen! – die indessen den besten Ackerbau hatten und darin Fortschritte machten, wie sie unsere Praktiker noch heutzutage wenig übertreffen – und all dies mit der Erfahrung und einem daraus bloß abgeleiteten Systeme von auf Agrikultur angewandten Sätzen der Pflanzenkunde. „Potest enim nec subtilissima, nec rursus, ut ajunt, pinqui Minerva res agrestis administrari!“ Colum. in praef.

Sollte es denn nicht auch für uns an der Zeit sein, das Erbteil alter humanistischer Erbsünde endlich fahren zu lassen und mehr dem Panier des Realen uns zuzuwenden, der Applikation auf Landwirtschaft, Handel und Industrie, Kunst und Gewerbe mehr Sorgfalt zu widmen und auch die naturwissenschaftlichen, nicht bloß die naturgeschichtlichen Momente der Pflanzenkunde zu erfassen, wie es durch Pflege der Pflanzengeographie und Physiologie bereits geschehen ist? – Nicht als wollten wir sagen, dass dies noch gar nicht im Zug sei, weit entfernt! – nur die Präponderanz der Strebungen dafür finden wir nicht, wohl aber eine unsägliche Zersplitterung der Kräfte in untergeordneten Geschäften. Dazu noch viel Redens von der Mystik des Lebens in Pflanzen und Steinen und so viele andere fade Ergüsse, die Nahrung finden im reichlichen Niederschlag philosophischer Katzennebel des Landes, das so gern für die „Freiheit in Ketten“ schwärmt. Um ein Mann der modernen „Liebenswürdigen“ zu sein, muss man zur Zeit nur mit Bedauern von der Oberflächlichkeit der alten und aller Vorgängersprechen, den wackeren Linnéum vor die Türe und sein eigenes „mihi“ in das Haus setzen, das 31ste Synonymum zum 30sten! und so mindestens alljährlich aus 2 alten Species zehn neue machen . .

      „Zehn Mann am Spieß wie Fröschlein!“

Nicht zu gedenken hoher grammatischer Wortbildung und Euphonie, wie in Dianthus subdeltoidi – Armeria und Dianthus subarmeriaedeltoides musterhaft zu ersehen. Vergängliches Streben dieser Ausartung von althergebrachter ehrlicher Description !

Wenn nun dagegen wir in den folgenden Abteilungen oder besser in den verschiedenen Abhandlungen Beiträge zu einer Zeitgeschichte des Klima und der Pflanzenwelt zu liefern uns unterfingen, so glauben wir, damit etwas für die praktische Seite der Botanik, somit für ihre Erzeugung von „Milch“ getan zu haben. Wir wagen sogar, diese Erörterungen für so wertvoll zu halten, wie irgend eine „ennumeratiorariorum“ benebst einigen Dutzenden neuer Arten, welche nach einigen Säkulis nicht Loupe und Mikroskop so mehr finden wird, wie sie jetzt die Beschreibung zeigt.

Wir haben in Folgendem versucht, die zeitlichen Veränderungen des Klima und der Pflanzenwelt in den ältest-bewohnten Ländern der Erde, so weit wir davon Kenntnis haben, zu schildern, wir hegen die Hoffnung, gezeigt zu haben, dass diese Veränderungen viel bedeutender sind, als man anzunehmen gewohnt ist, dass das Material zur Völkerentwicklung, welches nicht bloß in „dünner Luft, ewig heiterem Himmel und romantischer Fernsicht“ besteht, sondern auch in pflanzennährendem Wasserdunst, Tau, Wolken, Holz und Brennstoff gewährenden Wäldern, frischem Wasser, das trägt, bewegt und bewässert, kurz in materialibus eben, die einmal das körperliche Geschlecht der Sterblichen braucht, um sich zur Erreichung höherer Dinge zu potenzieren, – dass diese Ponderabilien aus dem Inventar eines Landes verschwinden können und wirklich oft schon verschwunden sind, selbst ohne Hoffnung auf Wiederkehr.

Den Strom der Auswanderung wieder rückwärts zu lenken, in die alten Länder jenseits des Bosporus oder südlich vom Pindus, an den goldreichen Paktolus oder den befruchtenden Mäander, an den Alpheus oder Eurotas gar – ist neuerlich oft wieder versucht worden. Fette Ebenen werdet ihr haben dort mit unauslöschlichen Fiebern, süßen Wein mit glühenden Sonnenstrahlen, kahle Berge und über 3000’ Elevation erst dünnen Waldbestand, oft spärlich nur Trinkwasser; Nachbarn, die euch wie Hunde verachten, wenn ihr arm seid und blutig hassen, wenn wohlhabend; freie Jagd, denn wo Nichts ist, bemüht man sich auch in Stambul nicht um Besitztitel; freilich keinen dickleibigen codex juris und kein Servitut, ja so ganz außer Gesetz seid ihr, dass selbst die dort üblichen illusorischen nicht auf euch angewandt werden, so fest verwachsen mit byzantinischem Wesen ist die Idee, dass der Abendländer nur Stoff zum Ausbeuten sei und weder das Edikt von Gülhanè noch das September . . . . wird dies im mindesten zu ändern im Stande sein. „Und die Sicherheit des Eigentums?“ – Was das Gesetz tut, sagten wir eben, was die Leute in den Bergen, das kann man alltäglich aus den Zeitungen erfahren. Wer im Süden nicht den Berg besitzt, wenn er die Ebene baut, oder wenigstens an der Küste wohnt und halb im Kaik lebt, dem stellen wir das Horoskop nicht auf Erwerb von dauerndem Besitz oder gar erhöhtem Wohlstand.

Auch am Glauben an Konstanz der Pflanzenarten ward von uns gerüttelt oder vielmehr gezeigt, dass es die verletzte Natur tut; das vorherrschende Auftreten der Witterungsextreme, Abnahme atmosphärischer Feuchtigkeit und Zunahme trockner Wärme ward näher zu erweisen gesucht, die Idee endlich angegriffen, dass die europäischen Völker von Einem Punkte aus sich verbreitet haben müssten, von da nämlich, wo ihre Kulturpflanzen wild wüchsen. Nicht ständig und unverletzlich sind die Grenzen der Imperien der Floren! Jedes Volk hat gewisse ihm eigentümliche Kulturpflanzen, die bei ihm heimisch sind; es nimmt aber auch andere von seinen Nachbarn an.

Die großartige Verletzung der natürlichen Vegetation eines Landes hat eine tiefgreifende Änderung ihres ganzen Charakters zur Folge und dieser geänderte neue Naturzustand ist nie dem Lande und seinen Bewohnern so günstig, wie der frühere; ja die Bewohner selbst ändern sich mit ihm. Solche großartige Änderungen natürlicher Landeszustände lassen sich später äußerst selten und, wenn in großer Ausdehnung und im Zusammenhang mit vielen Ländern, gar nicht mehr wirkungslos machen, noch lässt sich der alte Stand der Dinge wieder hervorrufen.

Gewiss wäre sehr zu wünschen, dass auch bezüglich der Tierwelt historisch begründete Parallelen unseren pflanzengeschichtlichen Forschungen zur Seite gingen und wir zweifeln nicht, dass auch trotz der viel größeren Geschmeidigkeit des Tieres bezüglich der Aneignung und Ertragung klimatischer Änderungen die Resultate mit den unsrigen übereinstimmen würden. Herr Dr. Lindermeyer und Dr. Wuros in Athen beschäftigen sich schon seit Jahren mit derartigen Untersuchungen, und es fällt uns um so weniger ein, diesen Sachverständigen hierin vorgreifen zu wollen, als eine Arbeit von Ihnen darüber zu erwarten steht. Dass auch der Mensch unter diesen Änderungen leide, wird als entschieden betrachtet. Vielleicht ist es uns gelungen, Manches im Besonderen dazu beigetragen zu haben. – Freilich glauben wir nicht, dass das kahle ausgebrauchte Griechenland aus Myrmidonen und Pelasgern in der Zeit Gyphten und Wlachen gebildet habe, aber wir müssen doch gestehen, dass selbst das Vollblut der Helden von Marathon oder aus Platos Akademie, wenn es ohne Verdünnung durch einheimische Zersetzung oder kräftige Digestion der Völkerstürme unverändert auf unsere Zeiten gekommen wäre, nur sehr dürftige, ja oft ganz mangelnde Hilfsmittel finden würde, um sich mit jenen Nationen, in die Rennbahn zu stellen, die jetzt in Europa um den Preis des Fortschrittes ringen! Davon indessen mögen andere Männer des Faches sprechen, wir wollen nur, weil es eben Tagesgespräch war und durch den großen Fragmentisten aus dem Schatten lichtscheuer Hellenentümler oder begeisterter Philologen auf das Feld wahrhafter Betrachtung und richtigen Urteils gezogen wurde, wir wollen gleichsam den dort zu botanisieren lusttragenden Genossen über diesen Gegenstand unsere Meinung sagen.

Wenn man vom Hauptknoten des Metzowogebirges (Pindus) mitten durchs Land gegen Süden bis an den Lepantischen Golf wandert, – was nebenbei gesagt nicht leichter ist, als von Zeitun nach Belgrad – so kann es jedem Philhellenen begegnen, dass er auf dieser ganzen Strecke mit seinem neugriechischen Sprachschatz, – an den alten ist natürlich nicht zu denken – nicht Brot und Wasser verlangen kann, d. h. von den Bewohnern nicht verstanden wird, es müsste denn irgend ein Städter sich als Ausnahme dahin verirrt haben. Der bei weitem größte Teil der Bevölkerung ist eben albanesisch, gyphtisch, wlachisch – alle sind Rumelioten und Romäer, – Hellenen? – wir sahen die Bürger von Athen selbst den Reichsherold auslachen, der am Tag der Thronbesteigung des Königs Otto sie in den Straßen ihrer Stadt mit „Hellenen“ anredete, um ihnen das Ereignis zu verkünden. Ohne Geld oder Aussicht auf Gewinn liegt dem Neugriechen Nichts, ja ganz und gar nichts an seinem Stammbaum und das mit mehr Grund und Recht, als er manchmal wieder glauben will.

Es mag sein, dass man im Tzakonerlande . . . und . . . noch manchmal statt . . . und . . . spricht – denn in der Tat wir hörten dort, manches altgriechische Wort – aber dass im Taleinschnitt von Leonidi oder am Hauptgebirgsknoten - Tzakoniens, am Malewô (Parnon), nicht rüstige Albanesen, Wlachen mit echten Moraiten (Graecoslaven) vermischt den Kern der Bevölkerung bilden, das kann uns. Niemand überreden, derweilen wir in Prastos, Castagnitza und Platano selbst lange Zeit Standquartier hielten, um in Exkursionen das pflanzenreiche Gebirge zu erforschen, dessen, Bewohner uns gastfreundlich aufnahmen wie wir denn überall mit der albanesischen Bevölkerung recht wohl zufrieden sein konnten, falls es einem die Wildheit zu überwinden gelungen war. Ja in der Tat, die heutigen Hellenen am Welucho oder Wardussi, am Trinkalagebirge oder am Malevo sind sehr geringe Civilisés der modernen Europa! Wer jemals einen Turmfalken oder länger schon jagenden Marder zu zähmen versucht hat, wird sich kein schlechtes Bild von den Manieren dieser Hochgebirgshirten entwerfen können. Wenn sie nun aber kein hellenisches Blut haben oder wild und ungezähmt sind, so sind sie deshalb, doch nicht die schlimmsten Bewohner des neuhellenischen Staates! Umgekehrt! wir sagen sie seien die besten gerade, die Männer mit Mut und Kraft begabt, flüchtig wohl leicht in ihre Gebirge, aber doch nicht gleich Hukepack fort nach Smyrna, Triest und Odessa fliehen sie, wenn es zum Schlagen kommt oder drängen sich mit unverschämtester Frechheit an die Barrieren der anstellenden Behörden oder an das Palais wenn es ans Staatseinrichten geht.

Freilich auch gibt es ungebührlich lange Schattenseiten für den vorherrschenden Volksstamm der Nordprovinzen, der Männer von Albaniens Gebirgsland, denen jetzt das Geschick die Herrschaft über das südlichere Land, über Moraiten und was noch als caput mortuum von den Stürmen der Zeit dort blieb, in die Hand gab.

Raub, unersättlicher Blutdurst und grausamste Verstümmlung des Besiegten, jeder Grad affenschänderischer Un- und Notzucht, Verrat, Brandschatzung und Meuchelmord, das sind sehr gewöhnliche Artikel in den Panegyriken der Volkshelden, sind alljährliche, oft alltägliche Erscheinungen, und gehören zu den fast privilegierten Auszeichnungen ihrer großen Männer.

Wäre nun dieses Räubervolk zu solcher Entartung gekommen ohne osmanische Barbarei und byzantinisch-griechisches Miasma, das niemals getötet ward, und heute noch als zersetzendes Ferment auf alle nationale Entfaltung des Volkskernes wirkt? Welche Schändlichkeit hätten die byzantiner Griechen, der Hellenenrest, Ihnen hier nicht erst meisterhaft vorgemacht, hätten Phanariotenhäuptlinge nicht in praxi geübt, und üben sie noch, hätten die Reste von Inselgriechen nicht als Piraten gezeigt und die tückischen Mörder und Diebe in den engen Zugängen zu den Städten dem Kakobunioten vordemonstriert? Es mag sein, dass die menschliche Natur nicht viel Wegweisens bedarf, um auf die rosigen Fahrgeleise der Schlechtigkeit zu geraten, aber nach einem Vormann fährt sich’s besser, und der albanesisch – wlachische Teil der Bevölkerung Neugriechenlands beträgt nicht bloß 2/3 der Gesamtzahl überhaupt und das ist ein Glück noch – sondern er ist noch der eigentlich produzierende Teil des Landes. Ackerbauer und Hirten, wie die rüstigsten Seefahrer, Grobwollzeugweber und Seidenzüchter auf Andros und in Elis sind sie fast ausschließlich. Im Herbst, Winter und Frühling fleißig hinter dem Pflug und der Herde, im Sommer ein Raubzug mit flinken jungen Burschen und alten Schnapphänen – gleichviel dann ob’s über Türken oder Christen, über Dörfer diesseits oder jenseits des Welucho und Othrys, über Landsleute oder Gräken hergeht – ein lustiger Raubzug ist althergebrachter Brauch und gehört dort zum Jungburschenleben!

Rohproduktion und Industrie ist meist, erstere fast durchaus, in Händen der Wlachen und Albanesen, der Handel zum geringen Teil mehr nur Reederei, der größere Teil aber gehört den geübteren Griechenresten, den Bewohnern der Städte, zumal an der Küste, den vielgewandten Durchtriebenen des bürokratischen Regierungsteiles.

Autochthonengesetz und Rumeliotenherrschaft zusammen hätten wohl der ganzen neugriechischen Herrschaftsgeschichte eine neue Farbe und gründlichere Stütze geben können, wenn Schkypetaren ein höheres Nationalgefühl hätten oder jenes oben genannte Miasma nicht bereits allzuzerstörend gewirkt hätte. Doch wir geraten zu weit! Nur das noch sei uns Vergönnt, zu bemerken, dass die Familien von etwa 65.000 Landbebauern und 27.000 Hirten fast ohne Ausnahme Albanesen und Wlachen sind, dass Ackerbau so vorzugsweise ihr Gewerbe ist, dass der eigentliche Grieche es ihnen mit dem Begriff der Verachtung für eigentümlich zugewiesen hält und . . . und Bauer gleichbedeutend sind. Darum eben auch liegt der Volkskern in ihnen.

So gewiss es nun aber unleugbar ist, dass am Euphrat und Tigris keine Babylonier und Assyrier mehr wohnen, am Araxes keine Parsen, am Nil keine Ägypter, am Ilissus keine Verwandte des Perikles mehr – und wäre es selbst ihr Blut noch, so ist es doch am entschiedensten nicht das, was wir als Merkmahle der Alten erkennen und was sie uns achten machte, so gewiss in allen diesen Ländern nun herabgekommenes Volk ohne moralische Kraft und physisches Zusammenwirken wohnt, eben so gewiss hat diese Erscheinung ihre materiellen Ursachen, mögen sie in ausgebrauchten Ländern, ausgesaugtem Boden, gestörtem Klima, zerstörter Natur oder zersetzter Rasse liegen, immerhin gehen sie unseren Schilderungen von Altersänderung der Vegetation und des Klima zur Seite und haben vielfache Beziehung zu ihnen. Zweifelsohne wird diese ein würdigerer Mann auffinden, wir gehen zuerst an die fragmentarische Lösung unserer Aufgabe.

Wenn im Verlaufe der Abhandlungen nur einzelne Pflanzenarten und am Schluss einige Familien zum Nachweis von Veränderungen in historischer Zeit angeführt worden sind, eine größere Ausdehnung solcher Spezialitäten aber nicht gegeben wurde, so möge man glauben, dass dies für keineswegs unmöglich wohl aber für unpassend der Form unserer Schrift nach gehalten wurde, zumal noch in Frage steht, wie das botanische Publikum unsere Ansichten aufnehmen wird.

Dass wir den Ausdruck „Klima“ (physikalisches) – gebraucht statt äußere und physikalische Pflanzenbedingungen u. dgl. mag durch die vorwaltend landwirtschaftliche Richtung, in der unsre Studien sich bewegen, entschuldigt werden, die Landwirtschaftslehre aber bedient sich regelmäßig jenes Ausdruckes.
                  Schleißheim im November 1846.

001 Pfifferling, Cantharellus cibarius. Essbar

001 Pfifferling, Cantharellus cibarius. Essbar

Dahlia Jupiter 1863

Dahlia Jupiter 1863

Schwarze Muskat-Traube von Hamburg, 1861

Schwarze Muskat-Traube von Hamburg, 1861

Eine Strandddistel

Eine Strandddistel

Apfel

Apfel

Bellardis Brombeere

Bellardis Brombeere

Birne

Birne

Deutscher Straußfarn

Deutscher Straußfarn

Edel-, Weiß- oder Silbertanne

Edel-, Weiß- oder Silbertanne

Feigenkaktus

Feigenkaktus

Gemeine Erdbeere

Gemeine Erdbeere

Gemeine Gerste

Gemeine Gerste

Gemeine Lärche

Gemeine Lärche

Gemeine Rosskastanie

Gemeine Rosskastanie

Gemeiner Ölbaum

Gemeiner Ölbaum

Gemeiner Mais

Gemeiner Mais

Gemeiner Rippenfarn

Gemeiner Rippenfarn

Gemeiner Wacholder

Gemeiner Wacholder

Granate

Granate

Grannenweizen, Englischer Weizen, Wunderweizen

Grannenweizen, Englischer Weizen, Wunderweizen

Hartweizen, Polnischer Weizen, Spelz

Hartweizen, Polnischer Weizen, Spelz

Heidelbeere, Preißenbeere

Heidelbeere, Preißenbeere

Kiefer, Föhre

Kiefer, Föhre

Kolbenweizen

Kolbenweizen

Haustiere, Küken

Haustiere, Küken

Mandelbaum

Mandelbaum

Pfirsich

Pfirsich

Quitte

Quitte

Sanddorn

Sanddorn

Saubohne

Saubohne

Sauerkirsche

Sauerkirsche

Schlehdorn

Schlehdorn