Abschnitt. 1

Reklame-Kunst
Bringt Kunden-Gunst!

Der Absatz von Waren hängt von den Bedürfnissen, den Mitteln und der Meinung der Käufer ab. Es genügt durchaus nicht, daß ein Kaufmann solche Waren beschafft, die Aussicht auf Absatz haben, er muß es auch verstehen, Kunden zu gewinnen und festzuhalten. Dies ist der Zweck der kaufmännischen Propaganda oder Rek1ame.


Die Reklame ist heute ein unentbehrliches Mittel im Erwerbsleben. Sie dient dazu, die Aufmerksamkeit des Publikums auf eine Ware oder eine Bezugsquelle zu lenken, und in vielen Fällen trägt sie mehr als jedes andere Mittel dazu bei, der Ware einen Absatz zu verschaffen.
Unter Reklame versteht man eine öffentliche Anpreisung von Gegenständen des geschäftlichen Verkehrs, sowie im allgemeinen von Leistungen irgendwelcher Art, besonders in Zeitungen und Zeitschriften, dann aber auch in Broschüren, auf Anschlägen und Firmenschildern, durch Ausrufer, Plakatträger usw. Die Reklame wird allgemein auch definiert als ,,die Anwendung künstlicher Mittel, um die Aufmerksamkeit der großen Menge auf etwas hinzulenken.“ R. Exner bezeichnet sie als den ,,Inbegriff aller der Mittel, deren sich jede Institution öffentlicher oder privater Natur bedient, um für ihre Zwecke Interesse zu erregen.“
Man hat unser Jahrhundert das Zeitalter der Reklame genannt. In dem ungeheuer gesteigerten, bis ins Endlose vervielfältigten und verzweigten Geschäftsleben unserer Zeit spielt die Reklame ja auch eine Rolle, von deren Bedeutung viele sich keinen Begriff machen können, und die man im allgemeinen eher unter- als überschätzt. Soviel ist sicher, daß die Reklame der Wegweiser in dem Geschäftslabyrinth der Neuzeit ist, indem sie Käufer und Verkäufer zusammenführt. Damit ist freilich nur dieser eine Zweck erreicht; daß sie beide zusammenbleiben, ist von der gegenseitigen Verständigung, von der gegenseitigen Zufriedenheit abhängig. Das belebende Element bleibt aber immer die Reklame, die für den Kaufmann, der sein Geschäft zu gewinnbringender Größe bringen und erhalten will, dasselbe ist, wie in der Landwirtschaft die zweckentsprechende Düngung in Verbindung mit fleißiger Bearbeitung des Bodens. Die Vorzüge eines Geschäfts können noch so groß sein, sie bleiben ohne die Reklame gewissermaßen ein Licht unter dem Scheffel, während sie durch die Reklame rasch der Menge bekannt werden.
Es gibt vielerlei Mittel zur Propaganda und Reklame: Anzeigen, Prospekte, Außenplakate, Innenplakate, Preislisten, Kataloge, Broschüren, Firmenzeichen und -Namen auf den Erzeugnissen. Lichteffekte, Ausstellungen, Reisende, Vorträge, Rabatte, Garantie- und Zahlungsbegünstigungen, Probelieferungen usw. Sie alle bilden einen Teil jener bewegenden Kraft, die für Handel, Industrie und Gewerbe unentbehrlich ist.
Es gibt offene und versteckte Reklame, bezahlte und unbezahlte, und es ist für den Laien und selbst den Fachmann oft schwer, zu entscheiden, ob es sich um die eine oder andere handelt.
Nicht zu unterschätzen ist die freiwillige Reklame seitens des Publikums. Wenn eine Ware, ein Buch, ein Lokal von Mund zu Mund empfohlen wird, so kann man sicher sein, daß diese Reklame sich als wirksam erweist.
Die Vermehrung der Verkehrsmittel, mannigfache Erleichterungen in der Benutzung derselben, die wachsende Ausbreitung des Zeitungswesens, die Entwicklung der polygraphischen Gewerbe haben mit andern Umständen zusammengewirkt, um die Verbreitung geschäftlicher Ankündigungen zu erleichtern und damit deren Bedeutung für das Verkehrsleben zu erhöhen.
Jede Reklame hat den Zweck, in dem Publikum die Überzeugung zu wecken, daß das Empfohlene gut, brauchbar, gediegen, preiswert, wertvoll ist, und daß etwas Minderwertiges nicht so angeboten werden könnte. Freilich — auch für Schundware wird oft genug pompöse Reklame gemacht. Daher rührt das Mißtrauen, das man vielfach der Reklame entgegenbringt. Dieses Mißtrauen kann der solide Kaufmann nur dadurch zerstören, daß er in seinen Reklamen stets maßvoll und geschmackvoll bleibt, der Wahrheit die Ehre gibt und seine Kundschaft reell bedient, denn die Reklame allein vermag ein Geschäft auf die Dauer nicht hoch zu halten; Treue und Glauben sind die notwendige Unterlage.
Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Reklame besteht darin, daß sie den rascheren Absatz vermittelt, ein Haupthebel der Konkurrenz ist, den Abschluß der Geschäfte wie auf einem öffentlichen Markt geschehen läßt und daher zur Herstellung einer wohltätigen Gleichförmigkeit der Preise dient. Eine schädliche Einwirkung auf den geschäftlichen Verkehr gewinnt aber die Reklame, wenn sie in einer auf Täuschung des Publikums berechneten Form angewendet und zu schwindelhaften und unmoralischen Zwecken mißbraucht wird.*)



*) Das ausführlichste und gründlichste Werk über das Wesen und die volkswirtschaftliche Bedeutung der Reklame ist das von Dr. Victor Mataja: Die Reklame. Eine Untersuchung über Ankündigungswesen und Werbetätigkeit im Geschäftsleben (Leipzig, Duncker & Himblot, 1910). Es verfolgt allerdings nicht, wie das vorliegende Lehrbuch, einen praktischen Zweck, sondern bietet das Ergebnis einer wissenschaftlichen Untersuchung, kann aber eben deshalb dem gebildeten Kaufmann zum weiteren Studium empfohlen werden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kaufmännische Propaganda.