Die Aufmachung der Waren und die Markenartikel.

Die Fabrikanten bemühen sich mit Recht, ihren Artikeln eine Original-Aufmachung zu verleihen.

Eine gefällige Kartonnage, eine aparte Flasche, ein stilvolles Etikett, ein charakteristischer Name dienen in hohem Grade dazu, sie bekannt und beliebt zu machen.


Packungen können, wenn sie originell und geschmackvoll sind, zwar nicht den Wert der Ware an sich, wohl aber den Wert als Marktware erhöhen, insofern sie günstig auf das Publikum einwirkt und sich seinem Gedächtnis einprägt, so daß Verwechselungen mit Konkurrenzwaren vermieden werden. Die Verpackung kann auch als Marke, als Warenzeichen dienen.

Das Gesetz spricht demjenigen das Recht der Führung und Verwendung einer Marke zu, der sie zuerst zur Anwendung brachte und als sein Eigentum eintragen ließ. Es verbietet Unbefugten die Benutzung der registrierten Marke und setzt Strafe auf die Übertretung dieses Gebots; es gestattet dem Berechtigten, die unter falscher Flagge segelnde Ware überall da wegnehmen zu lassen, wo er sie findet.

Die eingeführte gute Marke ist damit für den Industriellen, für den Kaufmann fast noch wertvoller geworden, als die Ware selbst. Sie bedeutet für ihn die Sicherung seines Absatzgebiets, die Sicherung der Früchte seiner propagandistischen Arbeit. Das beweist nichts so sehr, als die Nachahmungsversuche, denen eine gute, eingeführte Marke ausgesetzt ist.

Die Marke einer Ware ist nicht nur das für sie eingetragene Handelszeichen, die ganze Packung wird zur Marke, an der, der Konsument das gewünschte Produkt viel leichter erkennt, als an dem der Packung aufgeprägten Siegel, und darum geht der Markenschutz nicht nur darauf aus, das gewählte besondere Zeichen zum Gegenstand des Schutzes zu machen, sondern das ganze Etikett, die ganze einer Ware als Packung gegebene Hülle.

Diese Etiketten, diese Packungen sind Erzeugnisse der graphischen Industrie und tragen daher deren zeitlichen Charakter. Dieser Charakter ist jedoch kein einheitlicher, sondern läßt etwa drei Richtungen hervortreten: die der lithographischen Kitscharbeit, die der Luxuspapierausstattung und die der modernen künstlerischen Graphik. Die ersten beiden stehen zueinander in dem Verhältnis des armen zum reichen Verwandten. Die letztere ist das Eindringen der Kunst in das Handwerk. Sie ist natürlich diejenige, der die Zukunft gehört, weil sie dem modernen Auge die Befriedigung zu gewähren vermag, die ihr die Steifheit des zeichnenden Lithographen und die Süßlichkeit der chromographischen Farbendrucke nicht mehr geben können.*)

Es ist dankbar zu begrüßen, daß gerade in neuerer Zeit tüchtige Künstler sich bemüht haben, der Industrie geschmackvolle Packungen zu entwerfen. Wie auf andern Gebieten des Kunstgewerbes gab es auch hier anfänglich ein Suchen um die Form. Klar zeigen das z. B. die älteren und die neuesten Entwürfe van de Veldes für Buntpapiere. Dort das weiße Papier, auf dem die blauroten sezessionistischen Linienornamente eine phantasievolle Schrift umrahmen und so Eindrücke übermitteln, die eine gewisse Unruhe hervorrufen. Hier das schwarze Papier, auf dem die kleinen grauen Ornamente ganz zurücktreten, während die blauen kräftigen Typen sich ungezwungen einfügen, so daß im Ganzen eine wohltuende Ruhe liegt, die das Auge fesselt.

Während E. R. Weiß bei seinen Packungen lediglich im Schwarz-Weiß arbeitet, stellen die Wiener Werkstätten das farbige Ornament in ihren Dienst, indem sie in die komplementärfarbenen Rahmen die dekorative Zierschrift stellen. Unter Wiener Einfluß steht die Barmer Kunstgewerbeschule. Ihre Farbkästen, deren Buntpapiere sämtliche Regenbogenfarben enthalten, bringen diese in ornamentalen Linienzügen so geschickt verteilt, daß ein durchaus harmonischer Gesamteindruck entsteht.

Wer die Läden und die Schaufenster mustert, wird auf den ersten Blick diejenigen Packungen erkennen, die dem geläuterten Geschmack der Neuzeit entsprechen.

Bei sogenannten Markenartikeln empfiehlt es sich, einen eigenartigen Namen zu wählen, der sich leicht dem Gedächtnis einprägt, und ebenfalls eine eigenartige Ausstattung zu erfinden, die in der Hauptsache ständig in allen Reklamen zu wiederholen ist. Besonders soll der Name in einer charakteristischen, auffälligen Schrift gezeichnet werden, die sich von allgemein üblichen Schriftarten wesentlich unterscheidet.

Während es früher üblich war, daß der Fabrikant seine Erzeugnisse mit seinem Namen versah, werden jetzt zumeist neue Wörter gebildet, wie: Javol, Wuk und dergleichen. Diese Terminologie der Reklame, wie Richard M. Meyer sie nennt, ist eine charakteristische Erscheinung unserer Zeit. Sofern es sich um sinngemäße und praktische Bezeichnungen handelt, ist nichts dagegen einzuwenden, allein unter den 1.000 derartigen Bezeichnungen dient die Mehrzahl dazu, die deutsche Sprache zu verunstalten. Lächerlich ist z. B. der Name ,,Hundolin“ für eine Flüssigkeit, die ,,gegen jede Verunreinigung durch Hunde“ wirksam sein soll, ebenso Backeroi, Petrolina, Saniplombina, Mohra, Schlanka und wie alle die Reklamenamen auf Ol, al, in, on, ose, ine, gen, fer usw lauten.

Am besten ersieht man an den Markenartikeln, wie die Reklame wesentlich dazu beitragen kann, den Absatz eines Produktes zu erweitern und die Grundlage für eine Erzeugung im großen Stil zu schaffen.

Die Markenartikel sind übrigens nicht bloß solche Waren, die an und für sich zu ihrer Abmessung und ihrem Schutze einer Verpackung bedürfen, sondern auch solche, die früher allgemein lose verkauft wurden.

Sie haben in der Regel einen festen Preis, den der Fabrikant bestimmt. Während der Detailhändler sich also mit dem ihm gewährten Rabatt begnügen muss, kann er bei andern Waren je nach dem von ihm vorgenommenen Zuschlag den Verkaufspreis selbst bestimmen.

Gelangen die Waren unmarkiert, also ohne besondere Namen und Kennzeichen in den Verkehr, so ist ihre Herkunft nur dem vermittelnden Handel bekannt, und dieser wird auch, unter Berücksichtigung des Geschmackes der Abnehmer, aber immerhin im Besitze eines weiten Spielraumes, die Auswahl der Waren treffen, die er führt, und die also dem Publilcum zur Verfügung stehen. Tragen die Waren jedoch den Stempel der Erzeugungsstätte, so sind die Verbraucher selbst in der Lage, die Unterscheidung zu machen. Das Publikum wird dann im Laden nicht mehr diese oder jene Ware überhaupt begehren, sondern Ware einer bestimmten Marke, und zwar in der Regel einer solchen, auf die es aufmerksam gemacht wurde oder die es aus irgend einem andern Grunde bevorzugt.

Die Erzeuger von Markenartikeln haben es nicht mehr mit den Händlern allein zu tun, sie müssen ihre Werbekünste an das große Publikum richten. Gelingen sie, so winkt reicher Lohn, und vor allem auch werden die Produzenten dann immer mehr vom Zwischenhandel unabhängig, weil sich dieser der vom Publikum ausgehenden Nachfrage fügen muss.

Damit ist die Bewegung aber noch nicht abgeschlossen. Hat man die Verbraucher einmal dazu gebracht, daß sie im Laden des Kaufmannes beispielsweise nicht mehr Kakao oder Waschseife schlechtweg, sondern Kakao oder Waschseife einer bestimmten Marke fordern, so vermag der kleine, gleichsam anonyme Erzeuger mit dieser Konkurrenz nicht mehr gleichen Schritt zu halten. Auch wenn er noch den Wettbewerb in bezug auf Preis und Qualität aufnehmen könnte, so wird er doch dem Ruf und der Bekanntheit der Marke leicht erliegen.

Diesen Ruf herzustellen und zu verbreiten, erfordert eine ungewöhnliche Intelligenz, die nicht jeder besitzt, und erhebliche Mittel, die nicht jeder aufs Spiel setzen mag. Deshalb ist es klar, daß die Zahl der Markenartikel nicht ins Ungemessene wachsen kann, zumal manche Fehlschläge abschreckend wirken.**)




*) M. H. Eggert: Packungen. Zeitschrift für moderne Reklame. 1. Jahrgang, 1. Heft, S. 21-25.



**) Dr. Victor Mataja: Die Reklame im Geschäftsleben. Wien, Niederösterreichischer Gewerbeverein, 1910, S. 16f.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kaufmännische Propaganda.