Lockartikel.

Unreelle Geschäfte pflegen viel mit ,,Lockartikeln“ zu arbeiten. Hierunter versteht man Artikel, die billiger als andere, oft sogar unter dem Einkaufspreis ins Schaufenster gestellt und die auch tatsächlich abgegeben werden, um den Käufern die Meinung beizubringen, in dem betreffenden Laden sei alles billiger als sonstwo. Bei manchen Leuten mag das schon verfangen, aber redlich ist das Verfahren nicht, und die Leute finden auch den Kniff sehr bald heraus. Dann aber ist natürlich der Glaube an die Reellität des Geschäftes erschüttert. Übrigens entschied das Berliner Schöffengericht in einer gegen einen dortigen Kaufmann angestrengten Klagesache: „Die Waren müssen zu den im Schaufenster verzeichneten Preisen und zwar auf Verlangen der Kunden in jeder nachweislich vorhandenen Menge verkauft werden.“ Dieses Urteil zeigt deutlich die nachdrückliche Einwirkung des Gesetzes wider den unlauteren Wettbewerb auf unser Erwerbsleben. Während früher fast alle in solchen und ähnlichen Fällen von getäuschten Käufern angestrengten Klagen zugunsten des Verkäufers ausfielen, haben diese jetzt einen viel schwereren Stand, da die Gerichte Ausreden, wie z. B., die Sachen könnten nicht aus dem Schaufenster entfernt werden, sie seien nur in geringer Menge vorhanden oder dürften zu solchen Preisen nur an die Stammkundschaft abgegeben werden, als ,,beweislose Einwendungen“ behandeln.

Die Inhaber von Warenhäusern und von Ramschgeschäften, die das Publikum vielfach durch Unterschreiten der von dem Fabrikanten einer Ware festgesetzten Detailpreise anzulocken suchen, wählen hierzu meist solche Artikel, die von einer bekannten Fabrik herrühren und deren normaler Preis allgemein bekannt ist. Nur diese eignen sich als Lockartikel, nicht aber Waren, die in vielen Fabriken hergestellt werden. Gegen diese Unterbietung im Detailhandel (Schleuderverkauf) läßt sich gesetzlich nichts erreichen. Nur wenn der Fabrikant sich von seinen Abnehmern einen Revers ausstellen läßt, daß sie die bezogenen Waren nicht unter einem gewissen Preis verkaufen, kann er sich - aber auch dann nur ungenügend - gegen Preisdruck schützen.*) Übrigens sollte der einsichtige Käufer sich sagen, daß, wenn er in einem Geschäft einzelne Artikel unter Preis erhält, er andere desto teurer bezahlen muss.


Betreffs der Lockartikel nimmt die Begründung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb an, daß eine unrichtige Angabe im Sinne des § 3 des Gesetzes darin zu erblicken sei, wenn der Verkäufer sich weigert, den angepriesenen oder zur Schau gestellten Gegenstand zu dem angezeigten Preise abzugeben. Auch darin liege schon ein Verstoß gegen das Gesetz, wenn nur einzelne der ausgestellten Waren zu besonders billigen Preisen ausgezeichnet werden, andere aber keine Preisnotierung tragen, und hierdurch das Publikum in den irrigen Glauben versetzt werde, daß die ausgestellten Waren durchweg zu entsprechend niedrigen Preisen verkauft werden.



*) Dies tun z. B. die Verleger. Als die Warenhäuser anfingen, auch Bücher zu vertreiben und zwar unter den von den Verlegern festgesetzten Ladenpreisen, wurde ihnen der direkte Bezug von den Verlegern abgesperrt oder doch erheblich erschwert. Die meisten Warenhäuser haben dann die Verkaufsordnung des Börsenvereins für den deutschen Buchhandel zwar anerkannt, aber sich hauptsächlich auf den Absatz von im Preise herabgesetzten Büchern (Restpartien, Ramschware) und von speziell für Warenhäuser hergestellten Büchern verlegt. Letztere sind durchweg minderwertige Erzeugnisse, die durch ihren Umfang und ihr Äußeres den Schein der Billigkeit erwecken.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kaufmännische Propaganda.