Das Gebäude.

Man hat schon früher eingesehen, daß das Geschäftshaus einer der ersten Faktoren der Repräsentation ist, und wenn diese Einsicht auch nie völlig geschwunden war, so ist sie doch gerade in der neuesten Zeit in die weitesten Kreise gedrungen. Wenn ein Warenhaus ein Geschäftshaus baut, wie es z. B. Wertheim in Berlin oder Tietz in Düsseldorf besitzt, so ist schon dieser Bau an und für sich eine wirksame Propaganda, die dem Volke auffällt und imponiert.
So ist die vornehmste und manchmal unentbehrlichste Reklame heute wieder Aufgabe des Architekten. Das Geschäftshaus soll nicht nur vollkommen den Bedürfnissen des Betriebes entsprechen; es soll auch ein Zeuge sein der Macht einer Firma und noch viel mehr des soliden Geistes, des weitschauenden Strebens und des Geschmackes, des weltmännischen Sinnes ihrer Leiter. Nicht marktschreierisch auffallen ist die Aufgabe, die der Architekt zu lösen hat, sondern angenehm auffallen durch Größe und Eleganz, durch Proportion und Rhythmus, durch edles und edel zusammengestimmtes Material, durch schöne, vom Großen bis ins Kleinste logisch ausgedachte Arbeit.
Der Kaufmann, der ein Geschäftshaus kauft oder einen Laden mietet, wird natürlich einen solchen bevorzugen, der an einer möglichst verkehrsreichen Straße liegt. Dies wird schon eine gute Reklame für ihn sein.
In einer Hauptverkehrsstraße sind Lokale natürlich teuer und auch nicht immer zu haben. Kann man ein solches nicht erhalten und muß man ein Lokal in einer Nebenstraße wählen, so wende man die Ersparnis an Miete für verstärkte Reklame auf.
Nicht jedes Geschäftslokal muß prächtig und luxuriös aussehen. Das Publikum würde vielleicht deshalb fernbleiben, weil es sich sagt, es müsse dort die Kosten des Gebäudes mitbezahlen. Das ist ja auch tatsächlich der Fall, aber während dies z. B. bei einer Bank oder einem Geschäft mit Luxusartikeln nicht oder nur wenig in Betracht kommt, würde es bei einfachen Verbrauchsartikeln sehr stark in die Wagschale fallen.
Früher war in den Geschäftsräumen unten der Laden, oben die Wohnung. Jetzt wird der untere Teil meist nur aus Eisen und Glas gebaut, und darüber ruhen in erdrückender Schwere die oberen Stockwerke, die teils als Lager oder Bureaus, teils zu Wohnungen benutzt werden. Praktisch sind diese Ladenlokale gewiß, aber die Häuser als Ganzes machen keinen schönen Eindruck. Überall macht sich die Ausnutzung der Front durch das Schaufenster bis zum letzten erlaubten Maß geltend, und man könnte manchmal für die Standfestigkeit hoher Häuser fürchten, wenn man sieht, auf wie schmalen, leicht konstruierten Trägern der wuchtige obere Bau ruht; man könnte meinen, diese vielen Stockwerke wären nur auf die mächtigen Spiegelscheiben aufgelagert, da die schmalen eisernen Träger meist durch hellpolierten Marmor und nicht selten auch durch Spiegel umkleidet sind.
Geschäftsläden sollen keinen falschen und keinen überflüssigen künstlerischen Schmuck aufweisen. Sie sollen sich vielmehr durch vornehme Einfachheit und Zweckmäßigkeit auszeichnen. Es ist erstaunlich, wie Eigenartiges jetzt in den Innenräumen moderner Geschäftshäuser geleistet wird. Viele Ladenlokale sind in förmliche Salons, in geschmackvolle Empfangsräume umgewandelt worden, die ihre eigentliche Bestimmung erst offenbaren, wenn man durch Verkäuferin oder Verkäufer daran erinnert wird.
Jedes offene Ladengeschäft muß den Namen und Vornamen des Inhabers oder der Inhaber an einer deutlich sichtbaren Stelle (z. B. am Schaufenster oder am Eingang) aufweisen.
Noch im 17. Jahrhundert riefen Krämer in London laut auf der Straße aus, womit sie handelten. Sie liefen vor ihrer Tür auf und ab und schrien: ,,Was wünschen Sie, meine Herren? Was suchen Sie, meine Damen?“ Dann zählten sie ihre Waren zu verlockenden Preisen auf, und hatten sie sich heiser geschrien, so mußten die Lehrburschen heraus und ihre Stelle einnehmen.
Dieses Verfahren des Ausrufens hat sich bekanntlich bis zum heutigen Tage auf den Messen und Märkten erhalten. In den Läden aber sind inzwischen an Stelle des Ausrufers das Firmenschild, das Schaufenster und die Anschläge getreten. Dazu kommen die Inserate, Zirkulare usw., die ja gewissermaßen auch ein Ausrufen, ein Anreden des Publikums bedeuten.
Abgesehen von der Einrichtung des Lagers, der Anstellung des Personals und anderen Fragen, die nicht in den nahmen dieses Werkes gehören, wird der Geschäftsmann seinem Firmenschild und seinem Schaufenster besondere Beachtung schenken müssen. Dies sind nämlich zwei wichtige Reklamemittel.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Kaufmännische Propaganda.