Ludwigslust, Donnerstag den 29. August 1811

An Karl

— Am vorigen Freitag um 8 Uhr reiste ich mit unsrer Prinzess nach Schwerin. Ich habe diese Stadt nur einmal im Winter gesehen und bin von ihren Umgebungen und der schönen Gegend ganz bezaubert. Bis jetzt nahm ich mit dem hiesigen Park vorlieb, und glaubte, dass die Gegenden im Lande alle ziemlich kahl, sandigt und wüst wären. Aber nun muss ich es bedauern, dass Prinzess nicht lieber den Sommer in der Residenz zubringt, was aber unter jetzigen Zeiten und bei der starken Einquartierung des französischen Militärs unmöglich ist. Das Wetter war warm, aber doch schön und die Morgen- und Abendpromenaden am See und in der Gegend vom Schloss bei Mondschein unvergleichlich. Freitags Mittag 12 Uhr stiegen wir vor dem allerliebsten Haus des Erbprinzen ab. Dieses Haus hat an sich etwas Erheiterndes, und vollends die Lage mit dem alten Schloss, das sich nun hinter schönen Linden etwas verbirgt, ist vortrefflich. Den Nachmittag fuhren wir nach einem kleinen Landgut, 2 Stunden von der Stadt, das Wandern heißt. Es gehört dem Herzog, ist aber von einer Frau von Dorn auf etliche Jahre gepachtet, wie das hier Sitte ist. Wir kamen erstlich an ein recht artiges Landhaus vom Erbprinzen, Friedrichsthal. Hier stiegen wir aus und kamen durch einen hübschen kleinen Garten in ein angenehmes Gehölz mit Tal und Hügel, das uns auf das lebhafteste an den Weg jenseits der Ilm in Tiefurt erinnerte. Gerade auch solche Anhöhen, die gegen Krumsdorf zuführen. Wir glaubten der seligen Göchhausen zu begegnen, und als wir endlich bei dem Monument des Prinzen Leopold von Braunschweig herauszukommen gedachten, so öffnet sich an dessen Statt ein sehr großer, klarer See, wie der Dutzendteich bei Nürnberg. Zwei Schiffer mit einem Kahn präsentieren sich. Wir steigen ein, und nachdem wir eine kleine Tour machen, so entdecken wir vor einem artigen Wald auf einer schönen Bank am Ufer des Sees drei zierlich gekleidete Damen, die Wirtin des Hauses und ihre Gesellschaft, welche die jungen Herrschaften ehrerbietig und freundlich empfingen. Frau von Dorn ist nicht allein reich, sondern ist eine von den ausgezeichnet feinen Frauen. Prinzess und ich fanden in ihren Manieren und selbst im Äußerlichen viel Ähnliches mit Elise Gore, nur ist jene älter, fetter und blond. Ein ähnlicher Weg im Gehölz wie der bei Friedrichsthal führte in einem zierlichen und mit Geschmack angelegten Garten zu dem sehr heitern und freundlichen Wohnhaus, wo wir mit Tee und Kuchen bewirtet wurden. Dann suchten wir im Garten viele schöne Plätze auf mit den schönsten und abwechselnden Aussichten, wo zuletzt an einer der schönsten Stellen sich ein mit Blumen, Milch und Früchten ausgeschmückter Tisch befand, auch ungarischer Wein von einer Güte, wie ich ihn noch nie gekostet habe. Das war kein schlechter Abend, wie Du Dir denken kannst; auch streifte meine Seele oft nach der Gegend der entfernten teuren Freunde und holte sie herbei. Die Rückkehr auf dem See bei untergehender Sonne war wunderschön. Am folgenden Abend wurde auf einem ähnlichen Landgut des Herrn von Rantzau ein Besuch gemacht. Dieses Gut ist etwas kleiner, hat aber dafür noch freiere und romantischere Aussichten, und gefiel wegen seinem ossianischen, etwas melancholischen Charakter der Prinzess noch besser. Diese beiden Tage haben einen sehr angenehmen und bleibenden Eindruck auf mich gemacht. — Sonntag Mittag 3 Uhr kamen wir von Schwerin wieder hier an. Nicht ohne Bedauern verließ ich die Gegend, die durch schöne Mannigfaltigkeit so angenehm ist, doch freute ich mich, Boschen wieder zu sehen, deren sich aber doch die Freunde und Nachbarn unterdessen angenommen haben. Sie ist auch seitdem mit einer großen Menge schöner doberaner Seesteine erfreut worden, worüber sie sehr glücklich ist. Noch glücklicher, wenn sie sie Dir alle zuschicken könnte, und wehe dem Reisenden, der jemals hierher und nach Weimar zu gehen gedenkt! ihm werden schwere Lasten aufgebürdet werden. Der Erbprinz selbst will eine ganze Kiste für Dich zurecht machen.