Kant und Swedenborg

Grenzfragen des Nerven- und Seelenlebens
Autor: Hoffmann, Richard Adolf Prof. (1872-1948) deutscher Theologe und Publizist, Erscheinungsjahr: 1909
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Kant, Swedenborg, Geisteroffenbarung, Hellsehen, Metaphysik, Geisterseher, Traumdeuter, Unsterblichkeit der Seele, Visionen, Doppelleben, Geisterwelt, Geisterreich, Geistergeschichten, Geistererscheinungen, Leben nach dem Tod
„Ein Vorbericht, der sehr wenig für die Ausführung verspricht“.

Den folgenden Blättern liegt eine Tischrede zugrunde, welche der Verfasser am 185. Geburtstage Kants, den 22. April dieses Jahres, als sogenannter Bohnenkönig bei dem Festmahl der Gesellschaft der Freunde des großen Philosophen zu Königsberg i. Pr. gehalten hat. Diese Gesellschaft, die vor wenigen Jahren die Feier ihres hundertjährigen Bestehens begehen konnte, hat sich ursprünglich aus den Tischgenossen Kants zusammengesetzt, die zum erstenmal in dem Jahre nach dem Tode des Philosophen, am 22. April 1805 zu festlichem Erinnerungsmahle zusammentrat, „auf dass sein Wert als Mensch und Freund nimmermehr vergessen werde“. Diese Vereinigung hat sich durch immer neue Mitglieder aus den verschiedensten Gesellschaftskreisen — den geselligen Gepflogenheiten Kants entsprechend — rekrutiert und alljährlich die Feier jenes Gedächtnismahles begangen. Seit 1814 führt, einer Anregung Bessels zufolge, ein Bohnenkönig das Präsidium bei der Tafel, welcher am Schlusse des Festmahles des vergangenen Jahres kreiert worden ist. Am Schlusse jedes Essens wird eine Torte herumgereicht, in die eine Bohne eingebacken ist. Wer das Stück mit der Bohne erhält, wird Bohnenkönig des nächsten Jahres. Er hat dann entweder selbst die Tischrede zu halten, die ihren Stoff dem Leben oder den Schriften Kants entnehmen muss, oder ein anderes Mitglied der Gesellschaft mit dieser Aufgabe zu betrauen. Nach Schluss der Rede wird ein stilles Glas getrunken, den Manen Kants zu Ehren. Besondere Verdienste um die Gesellschaft hat sich der Philosoph Rosenkranz erworben, der nicht weniger als 14 Mal als Tischredner fungierte.




Die Persönlichkeit Emanuel von Swedenborgs (geb. 1688, gest. 1772) ist dem großen Publikum der Gebildeten verhältnismäßig wenig bekannt. Man weiß wohl von der Sekte der Swedenborgianer, die von ihm als ihrem geistigen Vater ihren Namen tragen, man weiß, dass er vorgab, mit den Geistern der Abgeschiedenen in andauerndem Verkehre zu stehen, man weiß auch vielleicht, dass ein anderer Emanuel, unser königsberger Philosoph, eine Streitschrift gegen ihn und seine angeblichen Geisteroffenbarungen geschrieben hat, die den Titel führt: „Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik.“ Im einzelnen ist man aber über die Schicksale und die Geistesart des großen Schweden nur recht wenig unterrichtet. Und doch war er einer der vielseitigsten und literarisch produktivsten Gelehrten aller Zeiten, ein Mann, der bei seiner Nation in höchstem Ansehen stand, auch als er ein Geisterseher wurde und religiöse Ideen vertrat, denen nur verhältnismäßig wenige beipflichteten. Gehen wir zunächst etwas näher auf seinen Lebensgang ein *), bevor wir Kants Kontroverse mit ihm unsere Aufmerksamkeit zuwenden.

*) Von seinen Biographen nenne ich die Franzosen Matter und Ballet, von denen ersterer 1868, letzterer 1899 über ihn geschrieben, sowie den Engländer Wilkinson, dessen gründlicher „biographischer Entwurf“ über Swedenborg in zweiter Auflage 1886 erschienen ist. Recht reichhaltig ist auch W. Köhlers Artikel über ihn in der dritten Auflage der von Hauck herausgegebenen Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Band 19

Emanuel Swedenborg (1688-1772)

Emanuel Swedenborg (1688-1772)

Immanuel Kant (1724-1804) deutscher Philosoph im Zeitalter der Aufklärung

Immanuel Kant (1724-1804) deutscher Philosoph im Zeitalter der Aufklärung