Vorwort.

Als ich auf Wunsch der Herausgeber der Taschenbibliothek „Übers Meer“ die Bearbeitung des Kanada-Bandes unternahm, da fühlte ich mich vor eine schwere Aufgabe gestellt, die nicht so leicht zu bezwingen war, denn ich sollte auf etwa 100 Seiten alles das Sagen, was für den Auswanderer nach Kanada sowohl, als auch für denjenigen, der das Land nur zu seiner Orientierung kennen zu lernen wünscht - von Interesse sein könnte. Es war dies eine schwere Arbeit. In wieweit es mir gelungen ist bei diesem knapp bemessenen Raume „Allen“ zu genügen muss ich meinen freundlichen Lesern zur Entscheidung überlasse.

Über die Vereinigten Staaten von Nordamerika ist in den letzten Jahrzehnten so vieles geschrieben worden, dass Kanada, das Land „über“ denselben stets dabei zu kurz kam. Die Reisenden und Schriftsteller, die jenseits des Meeres ihren „trip“ machten, schienen dann auch nie Zeit noch Gelegenheit zu finden - Kanada zu besuchen, gewöhnlich war Buffalo oder Chicago die nördliche Grenze ihrer Reise. Und doch hätte es sich für eine gewandtere Feder als die meinige wohl schon verlohnt, auch dieses britischen Koloniallandes in Nordamerika zu gedenken. Die ganze deutsche Literatur bis auf die neuste Zeit weist aber nur wenige Werke auf, die sich auch eingehender mit Kanada beschäftigen, - meistenteils finden wir nur ein Städtebild von Toronto oder Montreal etc. vor.


Im folgenden nun ein anschauliches, kurz gefasstes Bild vom „Leben und Treiben“ in Kanada zu geben, war der Grundgedanke, der mich bei Abfassung dieser Arbeit beseelte. Ich habe manches Jahr dort gelebt, habe Land und Leute in den verschiedensten Stellungen kennen gelernt und was ich nicht wusste, das ist mir von befreundeter Seite mitgeteilt worden, oder habe ich den Berichten der deutschen Delegierten über ihre Reise nach Kanada und den “Reports“ der kanadischen Ministerien entnommen.

Manches - ich weiß es - ist ungesagt geblieben, aber der mir zu Gebote stehende Raum bedingte dies. Hätte ich mit der Feder meinen Gedanken folgen wollen, es wäre zum mindesten ein „Doppelband“ entstanden und ein solcher musste vermieden werden.

Ungeschminkt wage ich ein neues, prächtiges erst im Ausblühen begriffenes Land, das vielleicht wie kein zweites auf dem Erdenrunde zur Ansiedelung von deutschen geeignet ist, den Lesern hiermit vorzuführen und angesichts der stets zunehmenden Auswanderung, der sich von Jahr zu Jahr verschlechternden deutschen Landwirtschaft übergebe ich diesen Band der Öffentlichkeit. Möge er dem Auswanderer nach Kanada ein Wegweiser werden, dem Leser im allgemeinen aber das Land, wie es ist, und die berechtigten Erwartungen, die sich daran knüpfen, vor Augen halten.

Berlin, Oktober 1882.

Robert S. Arndt