KAUFUNGEN. Kr. Cassel-Land.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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KAUFUNGEN. Kr. Cassel-Land.

Ehem. Nonnen-Klst.-K. Gegr. 1017 von Kunigunde, der Gemahlin Heinrichs II. auf einem Königshof. Gew. 1025. Unter den sprom. und spgot. Veränderungen hat sich vom Stiftungsbau so viel erhalten, daß die Rekonstruktion, wo nicht in allen, so doch in mehreren Hauptpunkten gesichert ist. Die frühe Entstehungszeit macht den Bau besonders interessant. Die Abmessungen bedeutend: ganze innere L. 56 (eventuell 60 m). Gr. lateinisches Kreuz. Wenn die Kreuzarme nicht das volle Maß der Vierung haben, so ist das wohl nur Ungenauigkeit. Beabsichtigt dagegen ist die unterquadr. Gestalt des Chorhauses (innen 8,8 m br., 7 m tief). Genau dieselben Maße kehren wieder im Gr. des WTurmes. Ob der Hauptchor eine Apsis hatte, ist ungewiß; höher die Nebenapsis am nördl. Kreuzarme. Die sehr hohe Öffnung bezeichnend für Anlagen aus 1.H. 11. Jh. (Limburg, Hersfeld u. a. m.). Eine Krypta hat sicher gefehlt. Die Zahl der Arkaden des Lhs. läßt sich durch die z. T. erhaltenen Fenster auf 7 bestimmen. Die Stützen waren Pfll. Durch die jüngste Untersuchung (Holtmeyer) ist wahrscheinlich gemacht, daß die Sschiffe, obgleich sie nicht breit sind (genau 1/2 des Msch.) an jedem Ende mit einer Doppelarkade schlossen (vgl. S. Michael in Hildesheim). Sehr interessant wäre es, wenn es sich bestätigte, daß auch das Msch. vom Qsch. durch niedrige Arkaden (4), der Lettnereinrichtung jüngerer Zeiten vergleichbar, abgesondert war. In der Einrichtung des WBaus ist durch z. T. schon in rom. Zeit eingetretene Veränderungen mehreres unklar geworden. Das Erdgeschoß stand durch 3 Arkaden mit dem Msch. in Verbindung. Nach ihrer Zusetzung wurde die Eingangstür der Wwand überflüssig und ebenfalls geschlossen. 2 weitere Türen in der N- und SWand scheinen auf Nebenräume in der [pg 208] westl. Verlängerung der Sschiffe geführt zu haben, mit denen sie durch die oben erwähnten Doppelarkaden kommunizierten. Besser gesichert ist Gestalt und Bestimmung des 2. Turmgeschosses: es enthielt die Nonnenempore und öffnete sich gegen die K. in 3 hohen Arkaden. Dann noch 2 weitere Turmgeschosse, das letzte mit offenen Klangarkaden. Im Ganzen erinnert der WBau sehr an westfälische und niederrheinische Anlagen dieser Zeit, von denen es sich immerhin durch die westl. Eingangstür unterscheidet. Rätselhaft ist der verhältnismäßig große 6seitige Nebenturm der NSeite; er steht mit dem übrigen Bau in keinem zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang. Holtmeyer erklärt ihn für älter als die K. und vermutet in ihm einen Überrest (Bergfried?) der Königspfalz. — Technische Ausführung von größter Einfachheit: Bruchstein mit Verputz und Quaderecken, die Portale rechtwinklige Einschnitte, sogar ohne Maueranschlag für die Türflügel. — Die Umwandlung des Lhs. in Hallenkirche im 13. Jh. kam nicht zur Vollendung; mit der Marburger Schule kein Zusammenhang, eher mit Westfalen. Am Chor wiederholte Änderungen: im 12., im 13., im 15. Jh. — Reste der Ausstattung unerheblich. 2 spgot. Holzreliefs mit Heinrich und Kunigunde könnten zum Chorgestühl gehört haben. Grabsteine meist sehr beschädigt, gut der der Äbtissin Anna v. d. Borch 1521. — Stiftsgebäude. Zu modernen Zwecken verbaut. Von Interesse nur die Frage, ob in ihnen Reste von der Pfalz Heinrichs II. stecken. Das Inventar bejaht sie. 1. An der SOEcke der ehemaligen Klausur stößt eine Kap. mit 1/2 Apsis, sicher rom., vielleicht noch etwas älter als die Klst.-K. (in den Quellen von einer S. Georgs-Kap. die Rede). 2. In der jetzigen »Renterei« am WFlügel des Kreuzgangs stecken die rom. Mauern eines quadr. Raumes mit quadr. Unterteilung; etwa eine Doppelkapelle. Auf Grund dieser Reste von Holtmeyer im Inventar eine interessante Idealrestauration der ganzen Pfalzanlage.