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Aber angeführt hat er mich doch. Ein Jahr später trug er doch einen goldnen Fingerring. Aber es war ein ganz glatter, und damit war ich denn auch zufrieden. –

Von meinem Zweiten will ich nur wenig Wörter machen. Er kann selbst schreiben. Er hat einen harten Kopf zum Lernen. Dafür hat ihn der liebe Gott mit Knochen versorgt, daß er damit sein ganzes Leben auskommt. Er wächst und wächst, und wo mehr er wächst, wo größer wird er. Dabei ladet er mächtig breit aus in den Schultern, und seine Beine sind von solcher Art: wenn er ein paarmal ausholt, dann ist er den Acker lang. Es ist man gut, daß wir neu gebaut haben. In kleine Stuben paßt er nicht rein. Aber wo er hinkommt, da wird alles fröhlich, denn siehe, sein inwendiger Mensch ist auch fröhlich. Das hat er nun mal so an sich. Die Wirtschaft versteht er aus dem Grunde. Da hat er einen offenen Kopf. Da steckt er mich schon in den Sack. Ja, den haben wir auch gut gereest. –


Wieschen und Berti sind heut beim Backen, und darum ist ein schlechter Umgang mit ihnen. Beim Waschen ist das auch so. Ich gehe durch die Küche. Ich sage bloß so im Vorbeigehen: Wieschen, sage ich, wir müssen wieder bauen. Die Küche muß zehn Fuß mehr haben. Woso? sagt sie und kuckt mich ganz verstutzt an, und Berti knöpft ihre Jacke zu und kuckt auch. Ja, sage ich, weil sie zu kurz ist für das Brot. Mit dem Kopf steckt es im Ofen und mit dem Hintern verkühlt es sich auf dem Hof. Das ist auch nicht gesund für das Brot. Da hat sie sehr gescholten, und Berti hat ihr dabei geholfen, und nun schilt sie wieder, weil ich ihr sage, daß ich dir das schreiben will. Dazu ruft Berti aus der Küche rein: Ein gräsiger Vater, nicht, Mutter? Ich muß ihn mal wieder am Bart zupfen; er wird schon wieder zu übermütig. – Lieber Freund, ich kann dir mitteilen, das ist eine ganz andere Nation, die, wo links knöpft.

Der Ofen ist neu und aus gerolltem Stahl. Da kann man Brot in dreißig Minuten drin backen und zugleich kochen. Er hat sechs Kochlöcher, und unter dem Backofen ist noch Platz zum Obsttrocknen, wenn man was hat. Dies Jahr haben wir nichts. Er hat 68 Dollars gekostet ohne meine Arbeit gerechnet. Die großen runden Backöfen aus Backstein mit Lehm drüber, wie Köhns einen hatten hinten im Garten unter den Pflaumenbäumen, die gibt es hier nicht. Ich muß noch oft an den alten Köhn denken. Wenn das Brot rein war in den Ofen, dann saß der Alte noch immer gern auf dem Stein vor dem Ofen und hatte die Hände gefolgt. Es war, als ob er bete, daß ihm das Brot gut geriet. Es ist ihm auch nie mißraten. Das war noch ein Nachbar von der Sorte, die Luther in der vierten Bitte meint. Ja well.
Lieber Freund, im letzten Mond hat die Feder sich verpustet. Aber nun kann es wieder losgehen. Schreiben tue ich ganz gern. Im Winter macht es mir auch viel Spaß.

Jetzt sind wir ganz gut in der Wehr, das muß wahr sein. Aber der Anfang dauerte viele Jahre. Ich wollte meine Füße unter meinen eigenen Tisch stecken. Dazu war ich rübergekommen. Die Füße hatte ich dazu. Der Tisch fehlte. Wo er stehen sollte, das fehlte auch. Aber meine Knechtschaft sollte ein Ende haben. Wieschen dachte wie ich. So haben wir erst einen kleinen Platz gerennt, um das Land auszukundschaften und inwendig zu besehen. Dann wieder anderswo. Das dauerte im ganzen fünf Jahre. Da kannte ich das Land. Da griff ich zu. Aber mit Vorsicht, und für den Anfang war es man eine kleine Farm. Nicht zu trocken und nicht zu naß. Mitten im Busch und meilenweit vom nächsten Nachbarn. Das Land war auch noch billig zu haben.

Das erste, was wir taten, das war, wir bauten uns ein Blockhaus. Holz war genug da. Ich habe die Bäume ausgesucht und runtergenommen. Ich habe sie grob zugehauen. An die vier Ecken des Hauses stellte ich vier mächtige Baumstämme; die konnten schon einen Sturm aushalten. Die andern legte ich quer. Da waren die vier Wände fertig. Die Ritzen machte ich mit Lehm dicht. Etwas Kalk kam auch noch drüber; draußen auch. Das sah besser aus und hielt sich auch besser.

Dann noch einen kleinen Stall für sich. Oben ein kleiner Bodenraum, unten ein kleiner Keller ausgeschachtet. Das Haus hatte zwei Räume: einen zum Wohnen, das war zugleich auch die Küche. Einen zum Schlafen, darin standen zwei Betten. Einen Schrank machte ich selbst. Aber er hatte die Gewohnheit an sich, daß er nicht zugehen wollte. Erst wenn ich ihm einen mit dem Knie vor den Bauch gab, dann parierte er. Dann quiekte er wie ein Ferkel. Von dem Quieken hat er nicht abgelassen, solange er lebte. Tisch und Stühle glückten mir auch. Ich gab jedem aber auch soviel Beine, wie ihm zukamen. Bloß daß sie ein bißchen wackelig standen, was eigentlich nicht sein soll. Die beiden Fenster waren auch man klein, aber jedes hatte doch zwei Scheiben. In der Ecke stand ein kleiner eiserner Ofen. Der war im Sommer ganz gut, aber im Winter hat er immer still vor sich hingestunken. Na, allen Menschen kann man es nicht recht machen. Kachelöfen kennt man hier nicht. Hier hat alle Welt eiserne Öfen.

Als das Haus fertig war, da war ich froh, denn der Anfang war da, und es war meist eigene Arbeit. Die Nachbarn haben mir bloß beim Aufschlagen geholfen. Ein Blockhaus zu bauen dauert nicht lange. Die Hauptsache ist die Vorarbeit. Das Aufschlagen selbst dauert oft nur einen Tag oder zwei. – So freute ich mich. Aber Wieschen fand ich mennigmal, daß sie in der Ecke oder draußen stand und ihre Hantierung mit dem Schürzenzipfel hatte. Und als ich mit freundlichen Wörtern in sie eindrang, weißt du, was sie da sagte? Da sagte sie: Wenn unsere Wohnstube man so schön wäre wie der Schweinestall in eurem neuen Haus. – Hoho, dachte ich, so geht das nicht. Die mußt du ein bißchen aufmuntern, Jürnjakob Swehn, daß sie einen andern Glauben kriegt. Sonst sitzt ihr gleich von Anfang an im Dreck, und das Unvergnügtsein zieht mit euch rein ins neue Haus, und dann hilft dir kein Mensch und kein Gott. Wenn erst die Kinder kommen, dann gibt sich das von selbst. Aber bis dahin mußt du wahrschauen, daß sie ihren Schürzenzipfel nicht so oft braucht.

So hab ich sie bei der Hand genommen und bin mit ihr ums Haus rumgegangen und dann hinein, als wenn sie das alles zum ersten Male sah, und ich mußte ihr alles nun zeigen und ausdeuten: Nu kuck mal bloß, Wieschen, wo fein das läßt. Und lauter gesundes Holz. Das hat der liebe Gott hier extra für uns wachsen lassen, und wir haben es nicht gewußt, bis wir herkamen. Und die Bäume haben es auch nicht gewußt, und der Präsident auch nicht und kein Mensch, bloß der liebe Gott. So hat Abraham mit Sarah auch im Blockhaus gewohnt, und Josef, der Zimmermann, der hat akkrat solche Häuser gebaut, und besseres Holz hat er sein Lebtag nicht gehabt.

Und nun bekuck dir bloß mal die vier Stämme in den Ecken! Da ist Verlaß drauf, und sie zeigen genau nach den vier Winden, die wir in der Schule gelernt haben. Nu kuck mal um den da rum – ne, so mößt du kieken! – Denn hast du grad die Flucht nach dem Bänkenberg, und dahinter liegt unser Dorf, und wenn du dahin kuckst, dann kannst du ruhig die Hände folgen. Und hier über den Berg rüber, da wohnt der Präsident über das Land, und wenn du dahin kuckst, dann kannst du ruhig einen Knicks machen. Das kostet nichts.

Und nun erst die Fenster. Zwei Stück! Noah hatte man eins in seiner Arche. Zu dem da guckt die Sonne morgens rein und sagt: Guten Morgen! Nu man fix an die Arbeit! Ich bin schon raus aus den Posen. Aber zu dem andern kuckt sie abends rein und sagt: Nu holt man up un gaht man tau Bedd! Morgen is ok noch en Dag. Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer