Friedenthal, Marcus Beer (1781-1859)

Bankier in Breslau, wurde zu Groß-Glogau im Juni 1781 geboren. Seine mäßig wohlhabenden Eltern ließen ihn, so wie seine übrigen Geschwister mit besonderer Sorgfalt unterrichten, überdies wurden sie durch die Verbindung des Vaters mit den Buchhändlern Glogaus frühzeitig mit der neuesten Literatur vertraut. Zum Rabbinats-Kandidaten bestimmt, besuchte Friedenthal auch verschiedene Pensions-Anstalten, in denen jedoch seinem Geiste eine noch jetzt vorwaltende mystische Richtung gegeben ward. Besondere Aufmerksamkeit widmete ihm der berühmte Rabbiner Samoscz, der ein Jahrzehend hindurch sein Lehrer war und ihm dereinst in einer der größten Städte Deutschlands als Rabbiner wieder zu sehen hoffte. Dem damaligen Gebrauche gemäß veranlassten seine Eltern schon in seinem 15. Jahre seine Verheiratung, wobei sie ihr Augenmerk dahin gerichtet hatten, dass er in die Handlung seines Schwiegervaters als Compagnon eintrete und seine Studien fortsetze, um zum Rabbiner heranreifen zu können. Widrige Umstände verhinderten die Compagnieschaft, weshalb die Eltern, zur Förderung seiner Studien ihm wöchentliche Geldunterstützungen gewährten. Diese blieben jedoch, nach dem drei Jahre darauf erfolgten Tode seiner Mutter aus, da dem Vater noch die Erziehung zweier Söhne oblag. So dem Schicksale Preis gegeben, mit äußerst geringen Geldmitteln versehen, und ohne die geringste Einsicht im Handelsgeschäfte, übernahm er eine Unter-Collecte in der preußischen Lotterie.

Zugleich trat er damals zu dem Konsistorialrate Bail in nähere wissenschaftliche Beziehung, in deren Folge er viele Zeit seinen Studien zu opfern pflegte. Bald darauf traten auch günstige Erfolge in seinen Geschäften ein, welche während des unglücklichen Krieges einen nicht minder glücklichen Fortgang hatten, indem er zu dieser Zeit Geldwechsler, Produkten- und Spezereihändler war. Nach dem Ableben seiner, in Folge der Kriegsdrangsale schon längere Zeit, kranken Frau (1812) flüchtete er mit seinen drei kleinen Kindern unter mancherlei Mühseligkeiten nach Breslau. Die isolierte Stellung in dieser verhängnisvollen Zeit, die Anstrengungen in seinen Geschäften und Studien brachten damals neben körperlicher Abspannung eine melancholische Verstimmung in ihm hervor, welche er durch Verfolgung mancher Kommunalzwecke zu mildern suchte. Ein Teil der Glogauer Judengemeinde, deren Vorsteher er 1811 geworden, war ebenfalls nach Breslau geflüchtet; mit ihr der verstorbene Ober-Landes-Rabbiner Abraham Tiktin und viele der dortigen israelitischen Armen. Deshalb bildete F. zu Breslau, in Verbindung mit J. D. Meier und Beer Guhrauer, eine Kommission zur Unterstützung derselben und später, als der Aufruf des Königs zu den Waffen erfolgte, begründete er mit B. A. Fränkl einen Verein, um die aus Glogau geflüchteten jungen Israeliten als Freiwillige zu bekleiden und zu armieren wozu er aus eigenen Mitteln große Summen beisteuerte. Obgleich seit langer Zeit kränklich, hatte er doch niemals seine wissenschaftlichen Bestrebungen unterbrochen. Er ließ damals (1816) zwei Sendschreiben an die israelitischen Theologen ergehen, in deren einem er die mosaische Religion als eine Uroffenbarung der Menschheit betrachtete und die Theokratie als eine Anstalt zur Erhaltung der reinen Idee des einigen Gottes und des Glaubens an eine juridisch-moralische Weltordnung, um jeden Portikularismus daraus zu verbannen. In dem zweiten machte er darauf aufmerksam, wie der Mosaismus jede Leibeigenschaft und Sklaverei verbanne und die Würde der Könige als Repräsentanten der Staaten und Communitäten anerkenne. Hierdurch, so wie durch anderweitig ausgesprochene Ideen, wurde eben so sehr die Vater-, Bruder- und Mitbruder-Liebe unter den Juden von ihm anzuregen versucht, als er überhaupt die universelle Tendenz des Judentums allgemeiner zu verbreiten strebte. Im Jahre 1816 reiste er mit seinem frühern Compagnon nach Berlin und machte dort die Bekanntschaft des trefflichen Jacobsohn, des Philosophen ben David und des Schöngeistes David Friedländer, so wie später des Dichters Büschenthal. Dieselben wurden ihm werte Freunde, deren Briefe er als teure Andenken aufbewahrt, wie er auch Jacobsohn den 1. Teil seines Werkes Ikare Emune widmete, an welchem ben David nur die darin vorkommenden neuen Kantischen Ausdrücke tadelte, in der Meinung, das größere Publikum würde das Buch unverstanden hinlegen müssen. Nach Wiederherstellung seiner, längere Zeit unterbrochenen Gesundheit (1820) unternahm er es, dem Winke Laz. ben Davids folgend, die Dogmen der israelitischen Religion von neuem aus einem universellen Gesichtspunkt darzustellen, und gab das Werk: Jessod Hadath heraus, welches jeden Partikularismus verscheuchte, den Mosaismus und dessen Theocratie als Vorbild und seine Lehre als Institutionen der Menschheit betrachtete. In dem nächsten Jahre folgte die Fortsetzung, und nach Vollendung des 7. Bandes beschloss dasselbe ein Teil mit Thesen. Seine schriftstellerische Laufbahn fand demzufolge bei seinen Glaubensgenossen in Italien, Frankreich, Holland, Deutschland, Polen und in der Türkei Anerkennung, und von christlichen Gelehrten ist sie ihm nahmentlich von Dereser und Scheibel zu Teil geworden. In anderer Weise war er von 1823 bis 1833 als einer der Vorsteher der Breslauer israelitischen Gemeinde tätig, welche ihm, und namentlich Laz. Kroh, die Ordnung eines Familien-Verbandes verdankt. Nach seinem, durch einen Zwiespalt herbeigeführten Ausscheiden, brachte er, 2 Jahre darauf wieder eingetreten, die Errichtung einer Elementarschule, besonders für religiösen Unterricht der Jugend in Anregung, in Folge dessen er einen Aufruf an seine Mitkollegen in 25 Exemplaren drucken ließ. Der Unterricht kam zu Stande, doch zog er sich bald darauf nach neuen Zerwürfnissen aus dem Obervorsteher-Kollegium für immer zurück. Ferner war er seit 1823 beinahe ein Jahrzehend Mitglied des Repräsentanten-Vorstandes der Breslauer israelitischen Waisenanstalt, von 1825 an durch 9 Jahre Cassier der Gesellschaft der Brüder, deren Tendenz stets dahin ging, durch tüchtige Mitglieder Verbesserungen im israel. Gemeinwesen zu bewirken. Er war der Erste, der bei dieser die von Ober-Landesrabbiner Tiktin und Abraham Heinersdorf angeregte Idee zur Erbauung eines geeigneten Gotteshauses (dessen Dekorierung zur Zeit der Pfingsten er später einführte) angemessen beleuchtete und unterstützte, welche dann durch L. Kroh's Tätigkeit und seine Bemühungen in Ausführung kam. Überdies nahm er sich des der Auflösung nahen Vereins zur Unterstützung der Leidtragenden kräftig an, und suchte mit dessen bisherigem Zwecke auch die Bekleidung der Armen zu verbinden. Neben diesem Vereine, der später den Namen „Henselsche Stiftung“ annahm und gegenwärtig an 400 Mitglieder zählt, errichtete er auch einen bereits aus fast 100 Mitgliedern bestehenden Verein zur Speisung armer Breslauer und fremder Israeliten an Sonnabenden und Festtagen, dessen Statuten unter seiner Leitung von Samoje angefertigt wurden, indes er selbst an den Statuten zur Verheiratung armer Bräute Mitarbeiter war. Bei allen diesen Vereinen suchte er, wie dies auch eine deutschen Schriften dartun, stets eine Verständigung in den Ansichten des Zeitgeistes zu vermitteln, berücksichtigend, wie nur das, was dem Vorstande zugänglich, im Gemüte Eingang finde.


Schriften: Dogmen des Glaubens: Ikare Emuna. Breslau bei Sulzbach. 1818. 3 Bde. 8. (Mit dem Motto: „Jeder Mensch hat sein Idol; jedes Volk seinen Götzen; die Menschheit hat nur Einen Gott.“) Die Basis des Glaubens: Jeffod Hadath. Breslau bei Sulzbach. Band 1 – 4. 1821. Bd. 5–6. 1822. Bd. 7. 1823. 4. – Rede und Berichterstattung, gehalten am 1. Februar 1829 zur Zeit der Generalversammlung der Mitglieder der Gesellschaft der Brüder, nebst einigen Auszügen aus einigen früheren Reden, gehalten im Januar 1827 c. Breslau. 8 S. gr. 4. – Gebet und Rede zur Jubelfeier des Brüderbundes, den 27. Dezember 1829. Breslau 1829. 20 S.4. – Dr. Henschelsche Stiftung. An die Mitglieder des Vereines zur Bekleidung armer Israeliten in Breslau. 1836.7 S. gr. 4. – Worte an die Mitglieder des Vereines zur Bekleidung armer Israeliten. (Dr. Henschelsche Stiftung) in Breslau. 1838. 4 S. gr. 4.

Ferner war M. B. Fr. Mitarbeiter an: Statuten für die israelitische Gemeinde zu Breslau. Breslau 1826. 32 S. 4. (Der Nachtrag dazu vom 21. Sept. 1826. 4 S. ist fast ganz von ihm.) – Statuten der israelitischen Waisen-Verpflege-Anstalt zu Breslau. 2. verb. und verm. Auflage. Breslau 1828. 30 S. 4. (Die Einleitung bis S. 8 ist von ihm allein.) Synagoge-Ordnung der Gesellschaft der Brüder zu Breslau. Daselbst 1829. 37 S. 8. (Die Anmerkungen sind von ihm.) – Statuten des zu Breslau im Jahre 1829 gestifteten Vereins zur Ausstattung hiesiger unbemittelter Israeliten-Mädchen. Breslau 1830. 20 S., 4. – Statuten für die Verwaltung des Vereins für Beköstigung der hiesigen und fremden armen Israeliten an Sonnabend und Festtagen. Breslau 1837. (Darin ist auch die Anrede an die Mitglieder. S. 4–6. Anmerkungen von ihm.) Ebenso ist er Verfasser des Anhangs zu den Statuten für die Gesellschaft der Brüder zu Breslau, gestiftet im Jahre 1780. Breslau 1827. 8. (S. 69–84, sowie des Mottos vor diesem und den Statuten der israelitischen Kranken-Verpflegesanstalt und Beerdigungs-Gesellschaft zu Breslau. (2. Aufl. Breslau 1835. 4) – Die hebräisch und deutschen: „Dank- und Lobgesänge zu der am 18. Juni 1826 Statt findenden hundertjährigen Stiftungs-Jubelfeier der Kranken-Verpflege- und Beerdigungs-Gesellschaft der israelitischen Gemeinde zu Breslau.“ (Breslau 1826. 41 S. 8) sind größtenteils auch von ihm.

Vorreden schrieb Friedenthal zu: Testament des Michael Salomon Freyhan (dessen Nachlasssache er verwaltete. (Breslau 1827. 4. – Statuten der Gesellschaft zur Unterstützung armer Leidtragender und zur Armenbekleidung. Breslau 1833. 8. Die Legitimität nach dem alten Testamente. Breslau 1839.

Übersetzungen seiner hebräischen Schriften erschienen: Gebet zum hundertjährigen Stiftungsfeste von M. B. F. aus dem Hebräischen frei übersetzt von F. N. Friedenthal. Breslau 1826. 10. und 8. S. 8) Der Titel auch hebräisch) – Das Geheimnis der Erwählung. Eine Abhandlung über Beruf und Legitimität, mit Anmerkungen. Ins Deutsche übertragen unter Aufsicht des Verfassers von B. S. und S. W. F. Breslau 1827. 49 S. 8. – (Die Vorrede ist von Scheibel). – Die Männer Gottes, oder biblische Charakteristik. Aus dem hebräischen Werke Jessod Hadath des Herrn M. B. Fr. Ins Deutsche über tragen von R. J. Fürstenthal, und zum Druck befördert durch M. Heinemann. Berlin, 1835. 27 S. 8) früher schon mit hebräischen Lettern, Breslau in 4) – Apologie der Männer Gottes, und die Würde der Frauen. Zwei Abhandlungen ins Deutsche übertragen aus dem Werke des M. B. Fr. Breslau 1836. 59 S. 8. (Abhandlungen ins Deutsche übertragen, aus dem Werke des M. B. Fr. Breslau 1836. 59 S. 8. (Abhandlung 1. überjetzt von R. J. Fürstenthal, Abhandlung 2. S. 39–56, von Miro). – Deduktion des Eigentumrechtes. Anthropolog. Untersuchung nach biblischen Ansichten. Übersetzt von B. Schlesinger (aus Collin 1838). – Berlin 1838. 80 S. 8. (In Folge der polemischen Artikel gegen diese Schrift in der Breslauer und schlesischen Zeitung und im 107. Bande der schlesischen Provinz-Blätter (März, 1838) erschien von Fr. eine Erwiderung ebendaselbst (Maiheft). Eine neue Übersetzung dieser Schrift, nach deren Inhalt F. während des Mitbesitzes von 9 Gütern zu handeln strebte, erscheint nächstens. Außerdem schrieb er in der Zeitschrift Sulamith, eine Widerlegung der von L. ben David herausgegebenen Schrift: Über chronologische Widersprüche a. d. A. Testament.“ 1820. Jessod Hadass, überjetzt von Friedenthal. 6 Bände. 1846. Die Uroffenbarung, eine Institution der Menschheit in Fortsetzungen. Breslau 1846.
Breslau, Abbildung des ehemaligen Gräflichen Hazfeldischen Hauses in Breslau

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Breslau, Bischof Nanker von Breslau, tut König Johann in den Bann 1339

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Breslau, Das Nicolai-Tor

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Breslau, Der Sand-Turm im Jahre 1730

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Breslau, Grabmal Herzog Heinrich II. in der St. Vincent Kirche

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Breslau, Kirche zum heiligen Kreuz auf der Dom-Insel

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