Auerbach, Berthold (1812-1882) eigentlich Moses Baruch Auerbach

noch ein jüngerer Mann, gehört schon jetzt mit Recht zu den geschätztesten und beliebtesten Schriftstellern Deutschlands, sowohl durch philosophischen Geist und wissenschaftlichere Leistungen, als durch ein volksschriftstellerisches Talent und durch die schöne Kraft, Frische und auf Verstand und Herz mächtig wirkende Darstellungsgabe, Eigenschaften, die er besonders in seinen Dorfgeschichten und Volkskalendern so glücklich bewährt.

Auerbach ist zu Storchstetten im württembergischen Schwarzwalde, den 28. Februar 1812 geboren. In dem kleinen Orte besuchte er Anfangs die christliche Schule, alsbald aber die jüdische, nachdem daselbst eine solche errichtet worden war. Hier lehrte und lehrt noch mit dem segensreichsten Erfolge der tüchtige Schulmann Leonhard Frankforter; dieser würdige Pädagoge ist es auch, der auf Auerbachs Jugendbildung den wohltätigten Einfluss ausgeübt, dessen Talent entwickelte, und diesem die wahre Richtung gab. Dazu bestimmt, jüdischer Theologe zu werden, suchte der Knabe schon früh sich mit dem Talmud zu befreunden; zu dem Rabbiner an der Talmudschule in Hechingen wurde er in dem Alter von 13 Jahren in Pension gegeben. Nachdem er hier zwei Jahre dem Studium obgelegen, setzte er dieses an der Karlsruher Talmudschule fort, und zwar drei Jahre hindurch. Während dessen kultivierte er auch die lateinische Sprache und besuchte nebenbei das dortige Gymnasium, wobei er die Gelegenheit benützte, sich auch in Etwas die griechische Sprache eigen zu machen. 1830 im Frühjahre begab er sich nach Stuttgart, und studierte durch 2 Jahre in den obern Klassen des Gymnasiums. Hierauf widmete er sich auf der Universität zu Tübingen anfänglich dem Studium der Rechtsgelehrsamkeit, bald aber jenem der Philosophie. Von Ostern 1833 an hörte er an der Münchener Universität Schelling, ging aber bald, politischer Unannehmlichkeiten halber, nach Stuttgart zurück, wo selbst er die Winterzeit zubrachte. Zu Ostern 1834 bezog er, seine Studien zu beschließen, die Universität Heidelberg bis zum Sommer des nächsten Jahres. Jene politische Untersuchung hatte für Auerbach die Folge, dass er zu einer zweimonatlichen Haft auf der Festung Hohenasperg verurteilt wurde. Nachdem er 1838 sich nach Frankfurt a. M., 1840 nach Bonn begeben, zog er im Herbste des letztern Jahres nach Mainz. Stets literarisch tätig wie überall, verweilte er hier dritthalb Jahre. Nach mehreren, seit dem Herbste 1843 Statt gehabten Reisen, unter Anderem auch nach Berlin, brachte er den Sommer 1845 in Leipzig zu, verweilte auch zu Dresden, und schien sich nun überhaupt Sachsen zu dauernderem Aufenthalte erkoren zu haben. Im Spätherbste 1846 besuchte er Breslau, woselbst einer seiner edlen Geistesverwandten, der gelehrte und gewandte Schriftsteller Herr David Honigmann (Doktor beider Rechte etc.) lebt und wirkt. Öffentlichen Nachrichten zur Folge vermählte sich Auerbach daselbst mit der Tochter des reichen dortigen Lottokollekteurs Schreiber.


Berthold Auerbachs Schriften sind: Galerie der ausgezeichnetsten Israeliten, Stuttgart 1834–36; das 4. und 5. Heft von ihm und N. Frankfurter. – Das Judentum und die neueste Literatur; kritischer Versuch; ebenda 1836. – Spinoza, ein historischer Roman, 2 Teile, ebenda 1837. – Dichter und Kaufmann, ein Lebensgemälde, 2 Bände, ebenda 1840. – Spinozas sämtliche Werke. Aus dem Lateinischen neu übersetzt, mit einer Biographie, 3 Bände, ebenda 1840. – Der gebildete Bürger. Buch für den Mittelstand, Karlsruhe 1843. – Schwarzwälder Dorfgeschichten, 2 Teile, Mannheim 1843; zweite Auflage derselben, 2 Teile, ebenda 1845; deren dritte Auflage, ebenda 1846. – Der Gevattersmann; Kalender für den Stadt- und Landbürger für 1845, Karlsruhe; für 1846, ebenda; für 1847, ebenda. – Eine Erzählung: „Die Frau Professorin,“ im Taschenbuche Urania für 1847. – Schrift und Volk; Grundzüge der volkstümlichen Literatur etc. Leipz. 1847.
D. P.