I. A. Juden in der medizinischen Forschung
Albu, Isidor, Dr., San.-Rat, Prof., geb. 1840 zu Berlin, Leibarzt des Schah' von Persien, hervorragender Hygieniker und Medizinalstatistiker, Gründer von Okularien in Berlin und anderen Städten Deutschlands, schrieb u. a. auch einen hygienisch-topographischen Atlas.
Aub, Joseph, Prof., geb. 1846, promovierte in Erlangen, arbeitete unter Liebreich und Gräfe in Berlin und wurde Assistent von Knapp in Wien. Später ließ er sich in Cincinnati als Augenarzt nieder, wo er auch Professor für Ophtalmologie an der medizinischen Fakultät wurde. Er war einer der ersten Ärzte, die den Elektromagneten zum Entfernen von Fremdkörpern aus dem Auge verwendeten.
Auerbach, Leopold, geb. 1828 zu Breslau, studierte in Breslau, Leipzig und Berlin, woselbst er 1849 zum Dr. med. promovierte, war praktischer Arzt in Breslau und machte daneben unter Purkinje histologische und neuropathologische Studien. Als Professor für Histologie und Biologie an der Breslauer Universität machte er wichtige Entdeckungen auf dem Gebiete der Zellenteilung und Zellenstruktur. Er starb 1897 in Breslau.
Baer, Adolf, Geh.-Rat, geb. 1834 in einem Städtchen der Provinz Posen, studierte in Wien, Prag und Berlin, war praktischer Arzt in Naugard (Pommern), kam 1872 als dirigierender Arzt an die Strafanstalt Plötzensee und wurde 1879 Arzt im Gesundheitsamt. Er beschäftigte sich besonders mit den Beziehungen zwischen Trunksucht und Verbrechen und stellte den Zusammenhang zwischen Alkohol und Verbrechen fest.
Baginski, Adolf, Prof., geb. 1843 zu Ratibor, Direktor des Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Krankenhauses zu Berlin, seit 1892 Professor an der Universität, Autorität auf dem Gebiete der Kinderkrankheiten, lieferte auf Veranlassung des Sultans Abdul Hamid die Pläne zu einem den modernen hygienischen Anforderungen entsprechenden Kinderkrankenhaus für Stambul.
v. Bamberger, Heinrich, geb. 1822 zu Zwo (narka (bei Prag), Professor der Medizin an der Wiener Universität, bedeutender Kliniker, der besonders als Nierenspezialist viel Neues auf dem Gebiete der Pathologie und Therapie entdeckt hat.
Berger, Emil de, geb. 1855 zu Wien, studierte daselbst, war Dozent an der Grazer Universität und 1890 — 96 Professor der Ophtalmologie in Paris. Erfand 1882 ein Ophtalmoskop mit einer automatischen Vorrichtung, erhielt 1888 den „Prix Montyon'' und 1892 den „Prix Reimont".
Berger, Oskar, Prof., geb. 1844 zu Münsterberg, studierte in Berlin, Breslau und Wien, wurde 1869 Spezialist für Elektrotherapie und 1873 Privatdozent an der Breslauer Universität. Er machte eingehende Studien auf dem Gebiete der Neuralgie und ihrer Behandlung, stellte die Beziehungen zwischen Neuralgie und Tabes einerseits und Syphilis und Tabes andererseits fest und beschäftigte sich auch viel mit dem Hypnotismus. Er starb als Chefarzt des Breslauer Hospitals 1885 in Salzbrunn.
Besredka, Dr., Mitarbeiter von Professor Metschnikoff (der selbst Sohn einer jüdischen Mutter ist) am Institut Pasteur zu Paris bei der Entdeckung eines neuen Serums gegen typhöses Fieber.
Blumenthal, Ferdinand, entdeckte 1898, dass die Glykolyse, die Zuckerspaltung der Organe, als enzymatischer Vorgang aufzufassen ist, d. h. auf dem Vorhandensein von Fermenten oder Enzymen beruht. (Fermente sind Ausscheidungen lebender Zellen, welche die Fähigkeit haben, komplizierte Stoffe zu spalten und sie, meist unter Wasseraufnahme, in einfachere Stoffe überzuführen.)
Boas, J., Prof., Berlin, geb. 1858 zu Exin, studierte in Berlin, Halle und Leipzig, wo er 1880 zum Dr. med. promovierte, ließ sich 1882 als praktischer Arzt in Berlin nieder und spezialisierte sich dann für Magen-Darmkrankheiten. Gründete das erste Hospital für Unterleibskranke in Deutschland, ferner eine Armenapotheke; ist gegenwärtig einer der hervorragendsten Magenärzte.
Brieger, Ludwig, Prof., Berlin, geb. 1849 zu Glatz, seit 1887 Universitätsprofessor zu Berlin, brachte u. a. den Nachweis, dass die schädliche Wirkung der Bakterien auf die Toxine und Toxalbumine, auf die von ihnen selbst erzeugten basischen und eiweißähnlichen Giftsubstanzen, zurückzuführen ist.
Cohnheim, Julius, geb. 1839 zu Demmin, studierte in Würzburg, Marburg, Greifswald und Berlin, war bis 1868 Assistent von Virchow, dann Professor in Kiel, 1872 — 1876 in Breslau und bis zu seinem Tode 1884 Professor der allgemeinen Pathologie und Direktor des pathologischen Instituts zu Leipzig. Entdeckte, dass ohne Blutgefäße keine Entzündung möglich sei, da jede Entzündung durch die Auswanderung der weißen Blutkörperchen aus dem Gefäßsystem entstehe. Er begründete auch die Gefriermethode zur Untersuchung frischer Objekte.
Ehrlich, Paul, Exzellenz, Geh. Rat. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Eulenburg, Albert, geb. 1840 zu Berlin als Sohn von Moritz Michael Eulenburg, Professor an der Berliner Universität, berühmter Nervenspezialist, führte verschiedene neue Behandlungsmethoden ein, z. B. die hypodermatische Injektion und die hydroelektrischen Bäder.
Eulenburg, Moritz Michael, Dr., brachte als erster in Deutschland die Massage und Heilgymnastik zu wissenschaftlicher Geltung. Er starb 1887.
Fleischel von Marxow, Ernst, geb. 1846 zu Wien, studierte in Leipzig und Wien, promovierte 1870 zum Dr. med. und wurde im folgenden Jahre Prosektor am anatomischen Institut, 1873 Privatdozent und 1880 Professor, Erfinder verschiedener physiologischer Instrumente, wie z. B. des „Kapillar-Elektrometers“ und des „Hämometers", eines Apparates zum Zählen der roten Blutkörperchen.
Fränkel, Albert, Berlin. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Friedländer, Michael, geb. 1769 zu Königsberg, studierte in Berlin, Halle und Göttingen Medizin, war Arzt in Berlin und führte als solcher den Schutzpockenimpfstoff in Berlin ein. Später ging er nach Paris, wo er 1824 starb.
Gärtner, Gustav, Prof., geb. 1855 zu Pardubitz (Böhmen), studierte in Wien, promovierte 1879 zum Dr. med., war 1882 Assistent von Stricker und 1886 — 1890 Privatdozent für experimentelle Pathologie. Seit 1890 beschäftigte er sich besonders mit den Beziehungen der Elektrizität zur Medizin und machte verschiedene Erfindungen auf diesem Gebiete; z. B. das „elektrische Zweizellen-Bad“, den „Tonometer“ zur Messung des Blutdrucks, den „Ergostat", den „Rheostat" usw. (Vorrichtungen, die dazu dienen, in einen Schließungskreis Widerstände von bekannter Größe nach Belieben ein- oder auszuschalten, ohne den Strom zu unterbrechen.)
Gluge, Gottlieb, Pathologe und Physiologe, geb. 1812 zu Brakel (Westfalen), beobachtete als erster mit Hilfe des Mikroskops krankhafte Vorgänge im menschlichen Körper, erkannte das Wesen der Influenza, die er in einer von der Berliner medizinischen Fakultät preisgekrönten Arbeit beschrieb. — Gluge lebte 60 Jahre in Brüssel, wo er als Universitätsprofessor und Leibarzt der Königin 1898 starb.
Heidenhain, Lothar, geb. 1860 zu Breslau als Sohn des Physiologen Rudolf Heidenhain, studierte in Breslau, Freiburg und Halle, promovierte 1886 und war bis 1890 Assistent von Küster in Berlin, 1890 — 1897 Professor der Chirurgie in Greifswald und seit 1897 Direktor des städtischen Krankenhauses in Worms. 1899 machte er zum ersten Male den Versuch, die lokale Ausbreitung eines Krebses mikroskopisch zu verfolgen und danach die Grenzen für die Operation festzusetzen.
Heidenhain, Martin, Anatom, geb. 1864 zu Breslau, Bruder des Vorigen, stellte Untersuchungen über die feineren Vorgänge bei der Zellenvermehrung, besonders der Riesenzellen des Rückenmarks, an und erfand 1895 die Eisenhämatoxilinfärbung der tierischen Gewebe.
Heidenhain, Rudolf, geb. 1834 zu Marienwerder, Prof. der Physiologie und Histologie in Breslau, wo er bis zu seinem Tode (1897) wirkte. — Wichtig sind seine Studien über die Absonderungsvorgänge, die nach seiner Ansicht auf celluläre Vorgänge zurückzuführen sind, wobei er jedoch die Bedeutung der Nerven und Gefäße nicht bestritt. Ebenso seine Neuerungen in der Muskel- und Nervenphysiologie, besonders über mechanische Leistung, Stoffumsatz und Wärmeentwicklung bei Muskelarbeit. Diese Forschungen führten später zur Konstruktion des Tetanomotors.
Henle, Jacob Friedrich Gustav. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Hirschberg, Julius, Geh. Rat, geb. 1843 zu Potsdam, studierte in Berlin und promovierte 1866, dann Assistent von Gräfe, seit 186Q in Berlin als Spezialist für Augenkrankheiten. Verfasser zahlreicher Schriften und Erfinder eines Elektromagneten zur Entfernung von Eisensplittern aus dem Augapfel.
Jacobsohn, Ludwig (Lewin.) — Siehe Ersten Abschnitt, I. A.
Jacobsohn, Paul[/b], Dr., geb. 1868 zu Berlin, studierte in Berlin und Freiburg, promovierte 1871, seit 18Q8 Herausgeber der „Deutschen Krankenpflege-Zeitung'', Sein Spezialgebiet ist die Krankenpflege und hierfür hat er verschiedene Erfindungen gemacht, wie z. B. eine besondere „Tragbahre“ zum Fortschaffen von Patienten und eine neue Wage.
Israel, James, geb. 1848 zu Berlin, studierte daselbst bis 1870, promovierte 1870 und ist seit 1880 dirigierender Arzt des jüdischen Krankenhauses zu Berlin. — Bedeutender Nierenspezialist, der verschiedene Entdeckungen und neue Beobachtungen auf seinem Spezialgebiete, besonders bei der operativen Behandlung, veröffentlicht hat.
Kempner-Rabinowitsch, Lydia, Dr. (getauft). Bakteriologin. Mitarbeiterin von Robert Koch. Seit 1912 Professor am bakteriologischen Institut in Berlin.
Klemperer, Georg, geb. 1865 zu Landsberg a. W. als Sohn des späteren Predigers der Berliner Reformgemeinde, getauft, außerordentlicher Professor für innere Krankheiten, Direktor des städtischen Krankenhauses Moabit und des Instituts für Krebsforschung der Königlichen Charité in Berlin, schrieb u. a. über „Gicht und harnsaure Nierensteine".
Kronecker, Hugo, Bern, geb. 1839 zu Liegnitz, Schüler von Helmholtz und Wundt, Assistent von Traube, 1885 Abteilungsvorsteher am physiologischen Institut zu Bern. Beobachtete verschiedene Neuerscheinungen in der Physiologie, speziell bei der Reizbarkeit und Leistungsfähigkeit des Herzens. Stellte die Grundgesetze der Reflexbewegung fest, fand ein Koordinationszentrum für den Schlag der Herzkammern und regte eine neue Behandlung der Physiologie des Geruches an.
Lewin, Georg Richard, geb. 1820 zu Sondershausen, gest. 1896 zu Berlin, seit 1863 Direktor der Abteilung für Hautkrankheiten an der Charité, seit 1868 Professor für Dermatologie und Syphilis an der Berliner Universität. Er führte bei der Behandlung der Kehlkopfkrankheiten die Inhalation zerstäubter Flüssigkeiten und für die Syphilis die subkutane Injektion von Quecksilberchlorid ein.
Liebreich, Richard, geb. 1830 zu Königsberg (Preußen), ein Bruder des Chemikers, Augenarzt und Lehrer der Augenheilkunde in London, konstruierte einen Augenspiegel, der weite Verbreitung fand. Er schrieb mehrere Werke, z. B. über Schiel- und Staroperation und gab den ersten „Atlas der Ophtalmoskopie“ heraus.
Lebert (ursprünglich Levy), Hermann, geb. 1813 zu Breslau, studierte Medizin, promovierte 1834 in Zürich und unternahm dann Studienreisen nach der Schweiz, Frankreich usw., 1853 Professor in Zürich, 1859 in Breslau, seit 1874 bis zu seinem 1878 erfolgten Tode in Bex (franz. Schweiz). Seine Forschungen ergaben viel Neues auf dem Gebiete der Skrophulose, Tuberkulose und des Krebses; u. a. entdeckte er auch den anatomischen Zusammenhang zwischen Hirnabszessen und Ohrenentzündungen.
Lombroso, Cesare, geb. 1836 zu Verona, gest. 1910 zu Turin, Direktor der Irrenanstalt in Pesaro, dann Professor der gerichtlichen Medizin und Psychiatrie in Turin. Er stellte die Behauptung auf, dass alle Verbrechen pathologisch erklärt werden müssten, dass man die Ursachen der Verbrechen in der körperlichen Beschaffenheit des Verbrechers, erworben durch Vererbung, suchen müsse, dass zwischen Genie und Irrsinn ein innerer Zusammenhang bestehe, negiert den freien Willen und die kriminelle Verantwortlichkeit.
Marmorek, Alexander, Dr., geb. 1865 in Mielnica (Galizien), ursprünglich Chirurg und Gynäkologe, wandte sich dann der Biologie, speziell der Bakteriologie zu. Er ging von Wien nach Paris in das Institut Pasteur, erfand nach einem Jahre ein Mittel gegen Blutvergiftung (Marmoreksches Anti-Streptococen-Serum).
Mendel, Emanuel, Prof., geb. 1839 zu Bunzlau, gest. 1907 zu Berlin, bedeutender Psychiater, studierte in Breslau, Berlin und Wien, übernahm nach seiner Promotion zum Doktor die Leitung einer Irrenanstalt in Pankow und wurde 1884 Professor an der Universität zu Berlin und Direktor der Nervenklinik. — (1877—1881 Reichstagsmitglied.)
Mendelsohn, B., Bakteriologe, stellte 1879 (gemeinsam mit Ferd. Cohn-Breslau) fest, dass bei Einwirkung von Elektrizität auf Bakterien zwar die Keime selbst nicht getötet werden, dass aber der Nährboden für weitere Züchtung untauglich werde.
Michael, Isaak (Hamburg), geb. 1848 zu Hamburg, gest. 1897 ebendaselbst, Laryngolog. Er promovierte 1872 zu Würzburg, war praktischer Arzt in Hamburg. Erfinder des „Psychrophos", eines Beleuchtungsapparates mit kaltem Licht für Chirurgie und innere Medizin (1881). — Näheres : Darmstädter, Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften,
Moos, Salomon, geb. 1830 zu Zurandegg (Baden), gest. 1895 zu Heidelberg. Universitätsprofessor für Ohrenheilkunde zu Heidelberg, bedeutend auf dem Gebiet der pathologischen Histologie des Labyrinths. Er wies nach, dass verschiedene Infektionskrankheiten und kombinierte Gehörsund Gleichgewichtsstörungen auf die Einwanderung von Mikroorganismen in das Labyrinth zurückzuführen sind.
Munk, Hermann, Berlin, geb. 1839 zu Posen, Schüler von Virchow, Traube und Johann Müller, trat mit 23 Jahren in den Lehrkörper der Berliner Universität. 1897 ordentlicher Professor, Leiter des physiologischen Laboratoriums der tierärztlichen Hochschule zu Berlin. Veröffentlichte zahlreiche Arbeiten über allgemeine und spezielle Nervenphysiologie und besonders seine wichtigen Entdeckungen über die Funktionen der Großhirnrinde und die Schilddrüse.
Neißer, Albert, Prof. — Siehe Ersten Abschnitt I, A.
Remak, Robert, geb. 1815 zu Posen, gest. 1869 zu Kissingen, Neurologe, Professor an der Berliner Universität, berühmt durch die Einführung des konstanten Stromes in die Behandlung der Nervenkrankheiten und die zentrale Anwendung des Stromes auf erkrankte Organe des Gehirns und Rückenmarks. Er schrieb auch mehrere Arbeiten über den Bau der Nerven. Er entdeckte den Achsenzylinder und die Remakschen Nervenfasern. Auch stellte er neue Theorien über die Entwicklung der Drüsen auf (1851). (Siehe Darmstädter, Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften.)
Rosenheim, Theodor, geb. 1860 in Bromberg. Arzt, Professor in Berlin, verbesserte die Speiseröhren. Untersuchung und ist eigentlicher Begründer der „Oesophagoskopie^', d. h. der Untersuchung der Speiseröhre mit Hilfe des Spiegels.
Rosenthal, Isidor, geb. 1836 zu Labischin (Bromberg), Professor der Physiologie und Gesundheitslehre an der Universität zu Erlangen, bedeutend auf dem Gebiete der Nervenphysiologie. Direktor des physiologischen Instituts, 1872 ordentlicher Professor. Brachte verschiedene Neuerungen für die Beziehungen der Atembewegungen zu dem Nervus vagus und schrieb viele physiologische Arbeiten.
Sachs, Albert, Dr., geb. 1804, zu Berlin, gest. 1836 ebendaselbst, Chirurg, bekämpfte mit Erfolg die Cholera-Epidemie. Erfinder des Ophthalmophantoms, eines zerlegbaren Augenmodells.
Salkowski, Ernst Leopold, geb. 1844 zu Königsberg, wurde 1874 Professor an der Berliner Universität, erkannte die antiseptische Wirkung des Chloroforms, brachte den Nachweis des Peptons im Harn, entdeckte, dass das in der Magermilch vorhandene Casein vom Darmkanal resorbiert wird und gab Veranlassung zur Herstellung der verschiedenen Caseinpräparate. Durch die Auffindung von Phytosterin in den Pflanzenfetten, schuf er eine neue Methode zur Entdeckung bei Fälschungen von Tierfetten mit Pflanzenfetten.
Samuel, Mar, geb. 165 zu Nehardea (Babylonien), gest. 257, berühmter Amora (Talmudlehrer) und Astronom, Leiter der bekannten Talmud-Hochschule zu Nehardea, Verfasser einer Kreislauf-Berechnung, die dem heutigen jüdischen Kalender zugrunde gelegt ist. — Besonders berühmt war er als Arzt. Als solcher erkannte er schon damals den schädlichen Einfluss der verdorbenen Luft (Vorläufer der modernen Bakteriologie), der Unreinlichkeit und der Störung der gewohnten Lebensweise. Er erkannte auch den Wert der Hydrotherapeutik, heilte mit Bädern und Waschungen und benutzte schon den „Schnäpper", ein heut noch benutztes Instrument zum Aderlassen. — Als Zoologe entdeckte er eine ganze Anzahl Tierkrankheiten, die im Talmud überliefert werden. (Cholin 42 b, ibid 43 b, 52 a.)
Schwitzer, S., Dr., Neuhäusl, wandte zuerst das Nikotin als Heilmittel gegen Diphtheritis an.
Senator, Hermann, geb. 1834 zu Gnesen, gest. 1911 zu Berlin, studierte 1853—1857 in Berlin (Joh. Müller), 1858 approbiert, 1868 Privatdozent für innere Medizin, 1875 außerordentlicher Professor, seit 1881 dirigierender Arzt an der Charité, Leiter der Universitätspoliklinik und der medizinischen Klinik an der Charité. — Er stellte eingehende Untersuchungen über die Behandlung fieberhafter Prozesse, über Diabetes mellitus und insipidus, und besonders über die Erkrankungen der Nieren u. a. an. — Senator zog sich 1910 von seinem Posten in der Charité zurück und starb 1911.
Stilling, Benedikt. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Störk, Karl, Prof., geb. 1832 zu Ofen, gest. 189Q zu Wien, studierte in Prag und Wien, wo er 1858 zum Dr. med. promovierte und war dann Assistent am allgemeinen Krankenhaus zu Wien. Als Assistent von Professor Türk zeigte er die Möglichkeit, mit Hilfe des Laryngoskops Heilmittel in den Schlund und den Larynx einzuführen. — Er erfand verschiedene Instrumente für die Behandlung der Halskrankheiten. 1864 wurde er Privatdozent an der Wiener Universität, 1875 Professor und 1891 Leiter der laryngologischen Klinik. Er schrieb zahlreiche Werke.
Stricker, Salomon. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Traube, Ludwig. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Valentin, Gustav Gabriel, geb. 1810 zu Breslau, gest. 1883 zu Bonn, wurde 1836 Professor an der Universität Bern und erhielt für seine Schrift: „Historiae evolutionis systematis muscularis prolusio'' den großen Preis für Experimentalphysiologie der Akademie der Wissenschaften zu Paris. Entdeckte mit seinem Lehrer Purkinje die sogenannte Flimmerbewegung, 1844 die diastatische Wirkung des Bauchspeichels bei der Verdauung der Kohlenhydrate und brachte viel Neues auf dem Gebiete der Muskel- und Nervenphysiologie.
Waldenburg, Louis, konstruierte 1875 einen transportablen pneumatischen Apparat und gibt die physiologischen und physikalischen Grundlagen für die pneumatisch-therapeutischen Methoden.
Wassermann, August von, Professor. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Winternitz, Wilhelm, geb. 1835 zu Josefstadt (Böhmen), Professor der Hydrotherapie an der Universität zu Wien, wissenschaftlicher Begründer der Hydrotherapie.
Wolff, Julius, Orthopäde, geb. 1836 zu Märkisch-Friedland, gest. 1902 zu Berlin, genannt der „Knochen-Wolff", wegen seiner grundlegenden Arbeiten über die Transformationen der Knochen (1870).
Zabludowski, Isidor, Prof., Berlin, geb. 1851 zu Bialystock (Russland), gest. 1906 zu Berlin, Russischer Stabsarzt, führte die Massage als Hilfskraft in die medizinische Wissenschaft ein.
Zuckerkandl, Emil, geb. 1849 zu Raab, gest. 1910 zu Wien, ordentlicher Professor und 1910 Dekan der medizinischen Fakultät an der Universität zu Wien, stellte eingehende Untersuchungen auf den verschiedensten Gebieten der Anatomie an und beobachtete neue Erscheinungen bei den Herzbeutelnerven und dem auricularis vagi.
Zuntz, Nathan, geb. 1847 zu Bonn, Professor der Tierphysiologie und Vorstand des tierphysiologischen Institutes an der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, erbrachte 1877 den Beweis, dass die Größe der Oxydation im tierischen Organismus von der Menge und Zufuhr der Nährstoffe unabhängig ist, und konstruierte einen Apparat, der den Gaswechsel in der Lunge misst.
Aub, Joseph, Prof., geb. 1846, promovierte in Erlangen, arbeitete unter Liebreich und Gräfe in Berlin und wurde Assistent von Knapp in Wien. Später ließ er sich in Cincinnati als Augenarzt nieder, wo er auch Professor für Ophtalmologie an der medizinischen Fakultät wurde. Er war einer der ersten Ärzte, die den Elektromagneten zum Entfernen von Fremdkörpern aus dem Auge verwendeten.
Auerbach, Leopold, geb. 1828 zu Breslau, studierte in Breslau, Leipzig und Berlin, woselbst er 1849 zum Dr. med. promovierte, war praktischer Arzt in Breslau und machte daneben unter Purkinje histologische und neuropathologische Studien. Als Professor für Histologie und Biologie an der Breslauer Universität machte er wichtige Entdeckungen auf dem Gebiete der Zellenteilung und Zellenstruktur. Er starb 1897 in Breslau.
Baer, Adolf, Geh.-Rat, geb. 1834 in einem Städtchen der Provinz Posen, studierte in Wien, Prag und Berlin, war praktischer Arzt in Naugard (Pommern), kam 1872 als dirigierender Arzt an die Strafanstalt Plötzensee und wurde 1879 Arzt im Gesundheitsamt. Er beschäftigte sich besonders mit den Beziehungen zwischen Trunksucht und Verbrechen und stellte den Zusammenhang zwischen Alkohol und Verbrechen fest.
Baginski, Adolf, Prof., geb. 1843 zu Ratibor, Direktor des Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Krankenhauses zu Berlin, seit 1892 Professor an der Universität, Autorität auf dem Gebiete der Kinderkrankheiten, lieferte auf Veranlassung des Sultans Abdul Hamid die Pläne zu einem den modernen hygienischen Anforderungen entsprechenden Kinderkrankenhaus für Stambul.
v. Bamberger, Heinrich, geb. 1822 zu Zwo (narka (bei Prag), Professor der Medizin an der Wiener Universität, bedeutender Kliniker, der besonders als Nierenspezialist viel Neues auf dem Gebiete der Pathologie und Therapie entdeckt hat.
Berger, Emil de, geb. 1855 zu Wien, studierte daselbst, war Dozent an der Grazer Universität und 1890 — 96 Professor der Ophtalmologie in Paris. Erfand 1882 ein Ophtalmoskop mit einer automatischen Vorrichtung, erhielt 1888 den „Prix Montyon'' und 1892 den „Prix Reimont".
Berger, Oskar, Prof., geb. 1844 zu Münsterberg, studierte in Berlin, Breslau und Wien, wurde 1869 Spezialist für Elektrotherapie und 1873 Privatdozent an der Breslauer Universität. Er machte eingehende Studien auf dem Gebiete der Neuralgie und ihrer Behandlung, stellte die Beziehungen zwischen Neuralgie und Tabes einerseits und Syphilis und Tabes andererseits fest und beschäftigte sich auch viel mit dem Hypnotismus. Er starb als Chefarzt des Breslauer Hospitals 1885 in Salzbrunn.
Besredka, Dr., Mitarbeiter von Professor Metschnikoff (der selbst Sohn einer jüdischen Mutter ist) am Institut Pasteur zu Paris bei der Entdeckung eines neuen Serums gegen typhöses Fieber.
Blumenthal, Ferdinand, entdeckte 1898, dass die Glykolyse, die Zuckerspaltung der Organe, als enzymatischer Vorgang aufzufassen ist, d. h. auf dem Vorhandensein von Fermenten oder Enzymen beruht. (Fermente sind Ausscheidungen lebender Zellen, welche die Fähigkeit haben, komplizierte Stoffe zu spalten und sie, meist unter Wasseraufnahme, in einfachere Stoffe überzuführen.)
Boas, J., Prof., Berlin, geb. 1858 zu Exin, studierte in Berlin, Halle und Leipzig, wo er 1880 zum Dr. med. promovierte, ließ sich 1882 als praktischer Arzt in Berlin nieder und spezialisierte sich dann für Magen-Darmkrankheiten. Gründete das erste Hospital für Unterleibskranke in Deutschland, ferner eine Armenapotheke; ist gegenwärtig einer der hervorragendsten Magenärzte.
Brieger, Ludwig, Prof., Berlin, geb. 1849 zu Glatz, seit 1887 Universitätsprofessor zu Berlin, brachte u. a. den Nachweis, dass die schädliche Wirkung der Bakterien auf die Toxine und Toxalbumine, auf die von ihnen selbst erzeugten basischen und eiweißähnlichen Giftsubstanzen, zurückzuführen ist.
Cohnheim, Julius, geb. 1839 zu Demmin, studierte in Würzburg, Marburg, Greifswald und Berlin, war bis 1868 Assistent von Virchow, dann Professor in Kiel, 1872 — 1876 in Breslau und bis zu seinem Tode 1884 Professor der allgemeinen Pathologie und Direktor des pathologischen Instituts zu Leipzig. Entdeckte, dass ohne Blutgefäße keine Entzündung möglich sei, da jede Entzündung durch die Auswanderung der weißen Blutkörperchen aus dem Gefäßsystem entstehe. Er begründete auch die Gefriermethode zur Untersuchung frischer Objekte.
Ehrlich, Paul, Exzellenz, Geh. Rat. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Eulenburg, Albert, geb. 1840 zu Berlin als Sohn von Moritz Michael Eulenburg, Professor an der Berliner Universität, berühmter Nervenspezialist, führte verschiedene neue Behandlungsmethoden ein, z. B. die hypodermatische Injektion und die hydroelektrischen Bäder.
Eulenburg, Moritz Michael, Dr., brachte als erster in Deutschland die Massage und Heilgymnastik zu wissenschaftlicher Geltung. Er starb 1887.
Fleischel von Marxow, Ernst, geb. 1846 zu Wien, studierte in Leipzig und Wien, promovierte 1870 zum Dr. med. und wurde im folgenden Jahre Prosektor am anatomischen Institut, 1873 Privatdozent und 1880 Professor, Erfinder verschiedener physiologischer Instrumente, wie z. B. des „Kapillar-Elektrometers“ und des „Hämometers", eines Apparates zum Zählen der roten Blutkörperchen.
Fränkel, Albert, Berlin. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Friedländer, Michael, geb. 1769 zu Königsberg, studierte in Berlin, Halle und Göttingen Medizin, war Arzt in Berlin und führte als solcher den Schutzpockenimpfstoff in Berlin ein. Später ging er nach Paris, wo er 1824 starb.
Gärtner, Gustav, Prof., geb. 1855 zu Pardubitz (Böhmen), studierte in Wien, promovierte 1879 zum Dr. med., war 1882 Assistent von Stricker und 1886 — 1890 Privatdozent für experimentelle Pathologie. Seit 1890 beschäftigte er sich besonders mit den Beziehungen der Elektrizität zur Medizin und machte verschiedene Erfindungen auf diesem Gebiete; z. B. das „elektrische Zweizellen-Bad“, den „Tonometer“ zur Messung des Blutdrucks, den „Ergostat", den „Rheostat" usw. (Vorrichtungen, die dazu dienen, in einen Schließungskreis Widerstände von bekannter Größe nach Belieben ein- oder auszuschalten, ohne den Strom zu unterbrechen.)
Gluge, Gottlieb, Pathologe und Physiologe, geb. 1812 zu Brakel (Westfalen), beobachtete als erster mit Hilfe des Mikroskops krankhafte Vorgänge im menschlichen Körper, erkannte das Wesen der Influenza, die er in einer von der Berliner medizinischen Fakultät preisgekrönten Arbeit beschrieb. — Gluge lebte 60 Jahre in Brüssel, wo er als Universitätsprofessor und Leibarzt der Königin 1898 starb.
Heidenhain, Lothar, geb. 1860 zu Breslau als Sohn des Physiologen Rudolf Heidenhain, studierte in Breslau, Freiburg und Halle, promovierte 1886 und war bis 1890 Assistent von Küster in Berlin, 1890 — 1897 Professor der Chirurgie in Greifswald und seit 1897 Direktor des städtischen Krankenhauses in Worms. 1899 machte er zum ersten Male den Versuch, die lokale Ausbreitung eines Krebses mikroskopisch zu verfolgen und danach die Grenzen für die Operation festzusetzen.
Heidenhain, Martin, Anatom, geb. 1864 zu Breslau, Bruder des Vorigen, stellte Untersuchungen über die feineren Vorgänge bei der Zellenvermehrung, besonders der Riesenzellen des Rückenmarks, an und erfand 1895 die Eisenhämatoxilinfärbung der tierischen Gewebe.
Heidenhain, Rudolf, geb. 1834 zu Marienwerder, Prof. der Physiologie und Histologie in Breslau, wo er bis zu seinem Tode (1897) wirkte. — Wichtig sind seine Studien über die Absonderungsvorgänge, die nach seiner Ansicht auf celluläre Vorgänge zurückzuführen sind, wobei er jedoch die Bedeutung der Nerven und Gefäße nicht bestritt. Ebenso seine Neuerungen in der Muskel- und Nervenphysiologie, besonders über mechanische Leistung, Stoffumsatz und Wärmeentwicklung bei Muskelarbeit. Diese Forschungen führten später zur Konstruktion des Tetanomotors.
Henle, Jacob Friedrich Gustav. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Hirschberg, Julius, Geh. Rat, geb. 1843 zu Potsdam, studierte in Berlin und promovierte 1866, dann Assistent von Gräfe, seit 186Q in Berlin als Spezialist für Augenkrankheiten. Verfasser zahlreicher Schriften und Erfinder eines Elektromagneten zur Entfernung von Eisensplittern aus dem Augapfel.
Jacobsohn, Ludwig (Lewin.) — Siehe Ersten Abschnitt, I. A.
Jacobsohn, Paul[/b], Dr., geb. 1868 zu Berlin, studierte in Berlin und Freiburg, promovierte 1871, seit 18Q8 Herausgeber der „Deutschen Krankenpflege-Zeitung'', Sein Spezialgebiet ist die Krankenpflege und hierfür hat er verschiedene Erfindungen gemacht, wie z. B. eine besondere „Tragbahre“ zum Fortschaffen von Patienten und eine neue Wage.
Israel, James, geb. 1848 zu Berlin, studierte daselbst bis 1870, promovierte 1870 und ist seit 1880 dirigierender Arzt des jüdischen Krankenhauses zu Berlin. — Bedeutender Nierenspezialist, der verschiedene Entdeckungen und neue Beobachtungen auf seinem Spezialgebiete, besonders bei der operativen Behandlung, veröffentlicht hat.
Kempner-Rabinowitsch, Lydia, Dr. (getauft). Bakteriologin. Mitarbeiterin von Robert Koch. Seit 1912 Professor am bakteriologischen Institut in Berlin.
Klemperer, Georg, geb. 1865 zu Landsberg a. W. als Sohn des späteren Predigers der Berliner Reformgemeinde, getauft, außerordentlicher Professor für innere Krankheiten, Direktor des städtischen Krankenhauses Moabit und des Instituts für Krebsforschung der Königlichen Charité in Berlin, schrieb u. a. über „Gicht und harnsaure Nierensteine".
Kronecker, Hugo, Bern, geb. 1839 zu Liegnitz, Schüler von Helmholtz und Wundt, Assistent von Traube, 1885 Abteilungsvorsteher am physiologischen Institut zu Bern. Beobachtete verschiedene Neuerscheinungen in der Physiologie, speziell bei der Reizbarkeit und Leistungsfähigkeit des Herzens. Stellte die Grundgesetze der Reflexbewegung fest, fand ein Koordinationszentrum für den Schlag der Herzkammern und regte eine neue Behandlung der Physiologie des Geruches an.
Lewin, Georg Richard, geb. 1820 zu Sondershausen, gest. 1896 zu Berlin, seit 1863 Direktor der Abteilung für Hautkrankheiten an der Charité, seit 1868 Professor für Dermatologie und Syphilis an der Berliner Universität. Er führte bei der Behandlung der Kehlkopfkrankheiten die Inhalation zerstäubter Flüssigkeiten und für die Syphilis die subkutane Injektion von Quecksilberchlorid ein.
Liebreich, Richard, geb. 1830 zu Königsberg (Preußen), ein Bruder des Chemikers, Augenarzt und Lehrer der Augenheilkunde in London, konstruierte einen Augenspiegel, der weite Verbreitung fand. Er schrieb mehrere Werke, z. B. über Schiel- und Staroperation und gab den ersten „Atlas der Ophtalmoskopie“ heraus.
Lebert (ursprünglich Levy), Hermann, geb. 1813 zu Breslau, studierte Medizin, promovierte 1834 in Zürich und unternahm dann Studienreisen nach der Schweiz, Frankreich usw., 1853 Professor in Zürich, 1859 in Breslau, seit 1874 bis zu seinem 1878 erfolgten Tode in Bex (franz. Schweiz). Seine Forschungen ergaben viel Neues auf dem Gebiete der Skrophulose, Tuberkulose und des Krebses; u. a. entdeckte er auch den anatomischen Zusammenhang zwischen Hirnabszessen und Ohrenentzündungen.
Lombroso, Cesare, geb. 1836 zu Verona, gest. 1910 zu Turin, Direktor der Irrenanstalt in Pesaro, dann Professor der gerichtlichen Medizin und Psychiatrie in Turin. Er stellte die Behauptung auf, dass alle Verbrechen pathologisch erklärt werden müssten, dass man die Ursachen der Verbrechen in der körperlichen Beschaffenheit des Verbrechers, erworben durch Vererbung, suchen müsse, dass zwischen Genie und Irrsinn ein innerer Zusammenhang bestehe, negiert den freien Willen und die kriminelle Verantwortlichkeit.
Marmorek, Alexander, Dr., geb. 1865 in Mielnica (Galizien), ursprünglich Chirurg und Gynäkologe, wandte sich dann der Biologie, speziell der Bakteriologie zu. Er ging von Wien nach Paris in das Institut Pasteur, erfand nach einem Jahre ein Mittel gegen Blutvergiftung (Marmoreksches Anti-Streptococen-Serum).
Mendel, Emanuel, Prof., geb. 1839 zu Bunzlau, gest. 1907 zu Berlin, bedeutender Psychiater, studierte in Breslau, Berlin und Wien, übernahm nach seiner Promotion zum Doktor die Leitung einer Irrenanstalt in Pankow und wurde 1884 Professor an der Universität zu Berlin und Direktor der Nervenklinik. — (1877—1881 Reichstagsmitglied.)
Mendelsohn, B., Bakteriologe, stellte 1879 (gemeinsam mit Ferd. Cohn-Breslau) fest, dass bei Einwirkung von Elektrizität auf Bakterien zwar die Keime selbst nicht getötet werden, dass aber der Nährboden für weitere Züchtung untauglich werde.
Michael, Isaak (Hamburg), geb. 1848 zu Hamburg, gest. 1897 ebendaselbst, Laryngolog. Er promovierte 1872 zu Würzburg, war praktischer Arzt in Hamburg. Erfinder des „Psychrophos", eines Beleuchtungsapparates mit kaltem Licht für Chirurgie und innere Medizin (1881). — Näheres : Darmstädter, Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften,
Moos, Salomon, geb. 1830 zu Zurandegg (Baden), gest. 1895 zu Heidelberg. Universitätsprofessor für Ohrenheilkunde zu Heidelberg, bedeutend auf dem Gebiet der pathologischen Histologie des Labyrinths. Er wies nach, dass verschiedene Infektionskrankheiten und kombinierte Gehörsund Gleichgewichtsstörungen auf die Einwanderung von Mikroorganismen in das Labyrinth zurückzuführen sind.
Munk, Hermann, Berlin, geb. 1839 zu Posen, Schüler von Virchow, Traube und Johann Müller, trat mit 23 Jahren in den Lehrkörper der Berliner Universität. 1897 ordentlicher Professor, Leiter des physiologischen Laboratoriums der tierärztlichen Hochschule zu Berlin. Veröffentlichte zahlreiche Arbeiten über allgemeine und spezielle Nervenphysiologie und besonders seine wichtigen Entdeckungen über die Funktionen der Großhirnrinde und die Schilddrüse.
Neißer, Albert, Prof. — Siehe Ersten Abschnitt I, A.
Remak, Robert, geb. 1815 zu Posen, gest. 1869 zu Kissingen, Neurologe, Professor an der Berliner Universität, berühmt durch die Einführung des konstanten Stromes in die Behandlung der Nervenkrankheiten und die zentrale Anwendung des Stromes auf erkrankte Organe des Gehirns und Rückenmarks. Er schrieb auch mehrere Arbeiten über den Bau der Nerven. Er entdeckte den Achsenzylinder und die Remakschen Nervenfasern. Auch stellte er neue Theorien über die Entwicklung der Drüsen auf (1851). (Siehe Darmstädter, Handbuch zur Geschichte der Naturwissenschaften.)
Rosenheim, Theodor, geb. 1860 in Bromberg. Arzt, Professor in Berlin, verbesserte die Speiseröhren. Untersuchung und ist eigentlicher Begründer der „Oesophagoskopie^', d. h. der Untersuchung der Speiseröhre mit Hilfe des Spiegels.
Rosenthal, Isidor, geb. 1836 zu Labischin (Bromberg), Professor der Physiologie und Gesundheitslehre an der Universität zu Erlangen, bedeutend auf dem Gebiete der Nervenphysiologie. Direktor des physiologischen Instituts, 1872 ordentlicher Professor. Brachte verschiedene Neuerungen für die Beziehungen der Atembewegungen zu dem Nervus vagus und schrieb viele physiologische Arbeiten.
Sachs, Albert, Dr., geb. 1804, zu Berlin, gest. 1836 ebendaselbst, Chirurg, bekämpfte mit Erfolg die Cholera-Epidemie. Erfinder des Ophthalmophantoms, eines zerlegbaren Augenmodells.
Salkowski, Ernst Leopold, geb. 1844 zu Königsberg, wurde 1874 Professor an der Berliner Universität, erkannte die antiseptische Wirkung des Chloroforms, brachte den Nachweis des Peptons im Harn, entdeckte, dass das in der Magermilch vorhandene Casein vom Darmkanal resorbiert wird und gab Veranlassung zur Herstellung der verschiedenen Caseinpräparate. Durch die Auffindung von Phytosterin in den Pflanzenfetten, schuf er eine neue Methode zur Entdeckung bei Fälschungen von Tierfetten mit Pflanzenfetten.
Samuel, Mar, geb. 165 zu Nehardea (Babylonien), gest. 257, berühmter Amora (Talmudlehrer) und Astronom, Leiter der bekannten Talmud-Hochschule zu Nehardea, Verfasser einer Kreislauf-Berechnung, die dem heutigen jüdischen Kalender zugrunde gelegt ist. — Besonders berühmt war er als Arzt. Als solcher erkannte er schon damals den schädlichen Einfluss der verdorbenen Luft (Vorläufer der modernen Bakteriologie), der Unreinlichkeit und der Störung der gewohnten Lebensweise. Er erkannte auch den Wert der Hydrotherapeutik, heilte mit Bädern und Waschungen und benutzte schon den „Schnäpper", ein heut noch benutztes Instrument zum Aderlassen. — Als Zoologe entdeckte er eine ganze Anzahl Tierkrankheiten, die im Talmud überliefert werden. (Cholin 42 b, ibid 43 b, 52 a.)
Schwitzer, S., Dr., Neuhäusl, wandte zuerst das Nikotin als Heilmittel gegen Diphtheritis an.
Senator, Hermann, geb. 1834 zu Gnesen, gest. 1911 zu Berlin, studierte 1853—1857 in Berlin (Joh. Müller), 1858 approbiert, 1868 Privatdozent für innere Medizin, 1875 außerordentlicher Professor, seit 1881 dirigierender Arzt an der Charité, Leiter der Universitätspoliklinik und der medizinischen Klinik an der Charité. — Er stellte eingehende Untersuchungen über die Behandlung fieberhafter Prozesse, über Diabetes mellitus und insipidus, und besonders über die Erkrankungen der Nieren u. a. an. — Senator zog sich 1910 von seinem Posten in der Charité zurück und starb 1911.
Stilling, Benedikt. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Störk, Karl, Prof., geb. 1832 zu Ofen, gest. 189Q zu Wien, studierte in Prag und Wien, wo er 1858 zum Dr. med. promovierte und war dann Assistent am allgemeinen Krankenhaus zu Wien. Als Assistent von Professor Türk zeigte er die Möglichkeit, mit Hilfe des Laryngoskops Heilmittel in den Schlund und den Larynx einzuführen. — Er erfand verschiedene Instrumente für die Behandlung der Halskrankheiten. 1864 wurde er Privatdozent an der Wiener Universität, 1875 Professor und 1891 Leiter der laryngologischen Klinik. Er schrieb zahlreiche Werke.
Stricker, Salomon. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Traube, Ludwig. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Valentin, Gustav Gabriel, geb. 1810 zu Breslau, gest. 1883 zu Bonn, wurde 1836 Professor an der Universität Bern und erhielt für seine Schrift: „Historiae evolutionis systematis muscularis prolusio'' den großen Preis für Experimentalphysiologie der Akademie der Wissenschaften zu Paris. Entdeckte mit seinem Lehrer Purkinje die sogenannte Flimmerbewegung, 1844 die diastatische Wirkung des Bauchspeichels bei der Verdauung der Kohlenhydrate und brachte viel Neues auf dem Gebiete der Muskel- und Nervenphysiologie.
Waldenburg, Louis, konstruierte 1875 einen transportablen pneumatischen Apparat und gibt die physiologischen und physikalischen Grundlagen für die pneumatisch-therapeutischen Methoden.
Wassermann, August von, Professor. — Siehe Ersten Abschnitt, I, A.
Winternitz, Wilhelm, geb. 1835 zu Josefstadt (Böhmen), Professor der Hydrotherapie an der Universität zu Wien, wissenschaftlicher Begründer der Hydrotherapie.
Wolff, Julius, Orthopäde, geb. 1836 zu Märkisch-Friedland, gest. 1902 zu Berlin, genannt der „Knochen-Wolff", wegen seiner grundlegenden Arbeiten über die Transformationen der Knochen (1870).
Zabludowski, Isidor, Prof., Berlin, geb. 1851 zu Bialystock (Russland), gest. 1906 zu Berlin, Russischer Stabsarzt, führte die Massage als Hilfskraft in die medizinische Wissenschaft ein.
Zuckerkandl, Emil, geb. 1849 zu Raab, gest. 1910 zu Wien, ordentlicher Professor und 1910 Dekan der medizinischen Fakultät an der Universität zu Wien, stellte eingehende Untersuchungen auf den verschiedensten Gebieten der Anatomie an und beobachtete neue Erscheinungen bei den Herzbeutelnerven und dem auricularis vagi.
Zuntz, Nathan, geb. 1847 zu Bonn, Professor der Tierphysiologie und Vorstand des tierphysiologischen Institutes an der landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, erbrachte 1877 den Beweis, dass die Größe der Oxydation im tierischen Organismus von der Menge und Zufuhr der Nährstoffe unabhängig ist, und konstruierte einen Apparat, der den Gaswechsel in der Lunge misst.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Juden als Erfinder und Entdecker