Professor Ludwig Traube

Professor Ludwig Traube

Die grundlegenden Untersuchungen in der inneren Medizin verdanken wir dem berühmten Kliniker der Berliner Charité Ludwig Traube. Er wurde als Sohn des Weinhändlers Wilhelm Traube 1818 zu Ratibor (Ob. -Schi.) geboren, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und studierte nach bestandenem Abiturientenexamen in Breslau Medizin. Besonders interessierten ihn hier die Vorlesungen des Physiologen Purkinje, aber nebenbei widmete er sich noch philosophischen Studien, die er schon als Gymnasiast betrieben hatte. 1837 — 1840 war er Student der Berliner Universität, wo ihn Johannes Müller zu seinen Schülern zählte; hier trieb er besonders Pflanzenphysiologie und beschäftigte sich viel mit Mikroskopie und den Werken über französische Medizin. 1840 promovierte er zum Doktor der Medizin und machte kurz darauf eine Studienreise nach Wien, um bei Skoda und Rokitansky physikalische Untersuchungsstudien und pathologisch-anatomische Diagnostik zu treiben. Nach neunmonatlichem Aufenthalte kehrte er nach Berlin zurück, machte sein Staatsexamen und ließ sich als Arzt nieder. Sein wissenschaftliches Interesse war aber stärker als der Eifer, sich praktisch-medizinisch zu betätigen, und so benutzte er die Gelegenheit, als Assistent von Berliner Armenärzten an dem großen Material der Kranken seine Studien und Beobachtungen zu machen. Seine in Wien gesammelten Erfahrungen kamen ihm hierbei sehr gut zu statten, und als er auf Bitten vieler Freunde seine Perkussions- und Auskultationskurse einführte, erfreuten sich diese bald sehr großen Zuspruchs bei Ärzten und Studierenden. Aber schon nach kurzer Zeit musste er diese Tätigkeit aufgeben, da bei der Armendirektion Beschwerden über zu große Belästigungen durch das Perkutieren und Auskultieren eingegangen waren. Traube wandte sich nun den Experimenten mit Tieren zu und beobachtete speziell krankhafte Vorgänge in den Organen. Das Resultat dieser Studien war die Aufsehen erregende Arbeit: „Die Ursachen und Beschaffenheit derjenigen Veränderungen, welche das Lungenparenchym nach Durchschneidung der nervi vagi erleidet“, womit er der Medizin neue Wege zeigte. Die experimentelle Pathologie, heute ein nicht zu entbehrender Zweig der Medizin, war hiermit begründet, und bald erschienen seine „Beiträge zur experimentellen Pathologie“ (unter Mitarbeit Virchows), in der verschiedene andere gleichwertige Arbeiten und eine „geradezu epochemachende" Vorrede (wie Leyden sagt) erschienen.


1848 erhielt Traube als erster Jude die Erlaubnis, sich an der Berliner medizinischen Fakultät als Privatdozent zu habilitieren, und seine Beliebtheit als Lehrer sowie seine rege Forscherarbeit ließen ihn bald zum Assistenten an der Charité, zum Chef der für ihn eingerichteten propädeutischen Klinik und zum ersten Zivillehrer an den militärärztlichen Bildungsanstalten aufrücken. 1872 wurde er endlich ordentlicher Professor, nachdem die Ernennung zum Geheimen Medizinalrat schon 1866 erfolgt war. Noch vier Jahre lehrte er mit häufigen durch Krankheit verursachten Unterbrechungen. 1876 starb er in Berlin. Die Zahl seiner Schüler ist Legion, einer seiner bedeutendsten war Leyden, sein späterer Nachfolger in Berlin.

Die wissenschaftliche Bedeutung Traubes in ihrem ganzen Umfange zu schildern, ist auf diesem knappen Raum unmöglich. Uns interessiert hier besonders seine Forschertätigkeit, die durch verschiedene Arbeiten gekennzeichnet ist. Die einen sind seine erwähnten, berühmt gewordenen Forschungen in der experimentellen Pathologie, sowie die daran anknüpfenden Abhandlungen über Fieber, welche den Grund zur wissenschaftlichen Thermometrie legten, Wirkung der Digitalis auf den nervus vagus (und damit auf das Herz) und über den Zusammenhang zwischen Herz- und Nierenerkrankungen. Den andern Teil seiner Lebensarbeit bilden die vielen Publikationen klinisch-kasuistischen Inhalts, die in den Berliner Charité-Annalen und in anderen Zeitschriften erschienen sind. Dass seine Tätigkeit als Lehrer fruchtbringend war, ersieht man aus der großen Zahl von Schülern, die aus seiner Schule hervorgegangen sind, und aus der Tatsache, dass die von ihm eingeführten Untersuchungsmethoden, vor allem die Perkussion und Auskultation noch heute anerkannt sind und weiter gelehrt werden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Juden als Erfinder und Entdecker