Die Schlacht am Berg Isel

Die Schlacht am Berg Isel

Wir mußten also wieder nach Salzburg zurück und schlugen einen andern Weg über Hallein und Berchtoldsgaden ein. Als wir schon im Angesichte von Innsbruck waren, begegnete uns ein Teil der Division, die von Störzig, dem Brenner und Berg Isel her in vollem Rückzug begriffen war. Die Offiziere konnten nicht genug erzählen, wie schlimm es den Bayern ergangen, wie die Tyroler in den Engpässen Felsenstücke und Bäume auf sie herabgeworfen, und Alles, was nicht ausweichen konnte, zerschmettert hatten usw. Auch hier bestanden wir mehrere Treffen. Unfern des Berges Isel war ich Zeuge eines drolligen Auftritts. Es standen da drei Schlösser, jedes ungefähr eine halbe Schussweite vom andern entfernt. Das mittlere war von einer Abteilung Bayern unter dem Kommando eines Offiziers besetzt, in den beiden andern lagen Tyroler, die ein unaufhörliches Feuer auf die Bayern gaben, welches tapfer erwidert wurde. Doch hätte der Offizier wahrscheinlich der Übermacht erliegen müssen, da von unserer Seite den Insurgenten nicht beizukommen war. Da fuhr noch zu rechter Zeit die Artillerie auf und beschoss die Tyroler mit Granaten. Bald standen die beiden Schlösser links und rechts in Flammen. Nun schlüpften die Tyroler in ihren grauen Kitteln, jeder einen Sack auf dem Rücken und den Stutz im Arm, in gekrümmter Stellung aus den brennenden Häusern, wie Mäuse hervor und liefen mit großer Hast in die Gebirge. Wie so einer hinter dem andern herausgekrappelt kam, schlugen unsere Leute jedesmal ein schallendes Gelächter auf. So verliert der Mensch mitten unter Mord und Brand in immerwährender Todesgefahr die Lachlust nicht, und macht sich einen Spaß aus dem furchtbarsten Ernst.


Tags darauf wurden alle Anstalten zum Rückzuge getroffen und derselbe Nachts um 12 Uhr in aller Stille angetreten. Doch graute schon der Tag, als wir nach Hall kamen, und wir mußten aus allen Schlupfwinkeln das Feuer der Tyroler aushalten. Glücklicherweise erreichten wir noch vor ihnen die Brücke über den Inn, welche von einem Trupp versprengter Sachsen besetzt war, die aber von der anrückenden Übermacht waren vernichtet worden, wenn wir nicht noch zu rechter Zeit eingetroffen waren. So zogen wir unter immerwährendem Kugelregen weiter und kamen nach dem Städtchen Schwatz, das schon beim ersten Feldzug eingeäschert und noch nicht aufgebaut worden war. Nur einiges Gemäuer war mit Brettern gedeckt, und die Keller, in denen noch viel Wein lag, waren unversehrt. Hier machten wir Halt und bezogen ein Lager. Generalleutnant Deroi lag in einem Bauernhause auf einer Anhöhe. Ich wurde zu größerer Vorsicht hinter dieses Haus noch höher auf dem Berge nebst 8 Mann auf Piket kommandiert. Gleich am ersten Tage unseres Hierseins begingen zu gleicher Stunde der Korporal Müller und ich, jeder an verschiedenen Orten einen vorwitzigen Streich, der uns Beiden beinahe das Leben gekostet hätte. Müller wurde nebst 6 Mann noch Schwatz kommandiert, um Wein zu fassen. In einem der Keller sah er einen schönen grünen Pelz in einer Ecke liegen. Spaßes halber zog er ihn an, und in diesem Aufzug, der zum Kasket und Korporalstock drollig genug aussehen mochte, schritt er seinem Kommando voran. Unglücklicherweise begegnete er dem Marschall Lefevre, der, von einigen Offizieren und Generalen begleitet, zu Fuß in dem Städtchen herumschlenderte. Der Marschall, in der Meinung, Müller habe, der Ordre zuwider, den Pelz geraubt, ließ ihn sogleich arretieren. Alle Beteuerungen halfen nichts. Der Marschall befahl einem Gensdarme, den Korporal zu seinem Regiments-Kommandanten, Oberst Metzen, zu bringen, mit dem Befehl, ihn auf der Stelle zu erschießen. Da aber Müller von der Kompagnie war, die dem Generalleutnant Deroi als Wache zugeteilt war, so wollte Oberst Metzen sich nicht in die Sache mischen, sondern schickte den Gensdarme mit seinem Arrestanten an Deroi. Während dies verging, war auch ich als Übertreter der Kriegsartikel strafbar geworden. Ich hatte in einer Hütte, die noch höher im Gebirge lag, als mein Piket, mehrere bewaffnete Tyroler aus- und einschleichen sehen. Dies ärgerte mich, und ich beschloß sie von dort zu delogieren. Mit 4 Mann meines Pikets kletterte ich hinauf, aber je höher ich kam, je höher stiegen die Tyroler aufwärts. Endlich musst’ ich meine Absicht aufgeben und umkehren. Unglücklicherweise aber hatte man mich vom Lager aus den Berg hinansteigen, folglich meinen Posten verlassen, sehen. Auf dem Rückweg, sah ich unten meinen Feldwebel, mir winken und drohen, und als ich wieder auf dem Piket angelangt war, befahl er mir, wahrscheinlich auf höheren Befehl, ihm augenblicklich zu folgen. Ihnen wird es schlimm gehen, sagte er, Sie haben ihren Posten verlassen, und werden gewiß erschossen. Man denke sich meinen Schrecken. Im Lager traf ich mit Korporal Müller zusammen, der mir sein Abenteuer erzählte Er war mit der Todesangst davongekommen. Generalleutnant Deroi hatte den Gensdarme mit den Worten, es sei schon gut, wieder zurückgeschickt, sich aber hernach geäußert: Warum nicht gar totschießen! Es werden jetzt brave Leute genug totgeschossen. Müller bekam einen derben Verweis und die Sache war zu Ende. Eben so erging es auch mir. Graf Kreuth, nachdem er mir die ganze Schwere meines Vergehens, unter Anführung der Kriegsartikel vorgestellt hatte, sagte, er habe mit Deroi gesprochen, der mich diesmal noch begnadige. Ich glaube aber nicht, daß der Generalleutnant von meiner Affaire das Mindeste erfahren hat.