Beschreibung einer Hofanlage

So primitiv und geradezu ärmlich der Eindruck ist, den ein Alt-Jamunder Haus mit seiner vom Rauch tief schwarz gefärbten Diele auf den Besucher machen muss, so wenig würde es stimmen, den Bewohner des Hauses, den Jamunder Bauer mit seiner Familie, für einen in der Kultur zurückgebliebenen, in ärmlichen Verhältnissen lebenden oder gar unsauberen Gast zu halten. Im Gegenteil, man wird in Pommern nicht viele Gegenden finden, wo die Bevölkerung einen gleich behäbigen Wohlstand hat, wo dieselbe einen gleich hohen Geschmack und Kunstsinn entwickelt und wo alles gleich sauber zugeht.

Schon darin zeigt sich der Reichtum der Jamunder, dass sie, deren Ort als Kämmereidorf von Köslin dem Magistrate der Stadt Spanndienst zu leisten verpflichtet war, sich dieser Pflicht nicht selbst unterzogen, sondern einen Knecht als Ersatzmann stellten. Jeder Bauer hielt zu dem Zwecke neben seinem Hausknecht einen sogenannten Hofknecht; und dieser Brauch hatte sich so tief eingewurzelt, dass die Jamunder Hofknechte, so zu sagen, eine eigene Innung bildeten, die ihre bestimmten Satzungen und Gebräuche hatte. So durfte z. B. nie ein Hofknecht an dem andern vorbeifahren, wenn sie denselben Weg hatten. Am wichtigsten war die Aufnahme eines neuen Mitgliedes, das „Inhêsen“. Herr Kaiser, derzeit Pastor in Jamund, beschreibt diesen Brauch auf Grund der Mitteilung eines älteren Gemeindemitgliedes folgendermaßen *):


„Ward ein Hausknecht Hofknecht, so musste er eingeheest — inhêst — werden. Bei dieser Feierlichkeit gab der Jungknecht eine Vierteltonne Bier. Die Hofknechte hatten einen Vorsteher, den sie sich wählten, den Altknecht — de Üllst. Dieser setzte sich an den Tisch, der einzuheesende Jungknecht nahm neben ihm Platz, vor ihnen stand eine Kanne Bier; ein gutes Quart musste die Kanne enthalten. Nun „machte“ der Altknecht eine Rede. Er fragte den Jungknecht, ob er, wenn er nun ihr Mitknecht würde, auch alle Verpflichtungen, die ein Hofknecht gegen den andern hätte, übernehmen wollte. „Wist du uck dînen Brauder, so wît as hei raupe kann, un so wît, als sîn Stimm reikt, wenn ji bûten sünd, helpen?“ Hatte der Jungknecht das mit Ja beantwortet, so gab ihm „de Üllst“ die Hand, ergriff die Kanne, sagte: „Prost, Brauder!“ und trank. Darauf der Jungknecht: „Sei gôd, Brauder!“ und trank auch. So tranken sie dreimal, jedesmal den Handschlag und das „Prost, Brauder!“ und „Sei gôd, Brauder!“ wiederholend. Gewöhnlich hatten sie die Kanne schon bei dem ersten Trunk geleert; in derselben durfte nichts bleiben. Nach dem dritten Trunk ward die Kanne umgekehrt auf den Tisch gestellt. Blieb davon ein Ring auf dem Tisch, dann mussten sie das Bierfass, das auf dem „Struedk“ (hölzerner Schemel mit drei Füßen) lag, füllen.“ —
001 Jamunder Bauernhof (Durchfahrt und Scheune)_

001 Jamunder Bauernhof (Durchfahrt und Scheune)_

001 Jamunder Bauernhof (Durchfahrt und Scheune)

001 Jamunder Bauernhof (Durchfahrt und Scheune)

002 Jamunder Bauernhof (Quergebäude und Haupthaus)_

002 Jamunder Bauernhof (Quergebäude und Haupthaus)_

002 Jamunder Bauernhof (Quergebäude und Haupthaus)

002 Jamunder Bauernhof (Quergebäude und Haupthaus)

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