Rausses kurze Wirksamkeit und sein plötzlicher Tod

Ich besuchte im vorigen Jahre, Ende Juli, Herrn Francke in Lehsen zum Zweck einer Kur wegen meines zwanzigjährigen Leidens an asthmatischen Krämpfen. Als ich meinen Namen nannte, fragte Herr Francke mich nach meinen Verwandten und begrüßte mich darauf als Vetter. Freudig bewegt durch die tröstenden Worte über das Gelingen der Kur einesteils und andernteils über das freundliche, teilnehmende Entgegenkommen des Herrn Francke verließ ich Lehsen, um mit dem 1. Oktober meine Kur in der Lehsener Anstalt zu beginnen. Herr Francke nahm sich meiner sehr wohl an; auch war er so freundlich mir die Zahlung für Kost und Aufenthalt gänzlich zu erlassen. Er tat das lediglich aus Freundschaft für mich und meine ihm freilich noch unbekannte Mutter. Die neuen Lehren ergriffen mich mit Enthusiasmus und Herrn Francke ward ich aufs herzlichste zugetan; ja ich schwärmte für ihn und seine Prinzipien. Herr Francke mochte in mir einen treuen Anhänger und Schüler erkennen denn nach vierwöchentlicher Kur eröffnete er mir den Antrag, im nächsten Frühjahr mit ihm nach Alexandersbad zu gehen. Meiner bisherigen Laufbahn als Pharmazeut ohnehin untreu geworden ging ich mit Freuden auf diesen Vorschlag ein. Nach neunwöchentlicher Kur verließ ich Lehsen am 5. Dezember und begab mich nach Ludwigslust, meinem Geburtsorte. Hier ward mir Gelegenheit, mehre Patienten des Herrn Francke zu besuchen, wegen welcher ich in steter Korrespondenz mit ihm verblieb. Wiewohl als Abtrünniger ihres giftmörderischen Handwerks von den dortigen Medizinern vielfach persönlich angefeindet, duldete ich dies doch gern. Auch Herrn Franckes Lehren tasteten sie an, ja, als sie mir gegenüber vergebens daran rüttelten, sogar seinen Charakter. Ich fühlte mich gedrungen, aus der stillen Verborgenheit meines Wirkens hervorzutreten, und öffentlich, wo sich nur immer die Gelegenheit bot, in Gesellschaften und an andern geeigneten Orten trat ich für meinen Wohltäter, meinen Lebensretter in die Schranken. Das Gericht schritt ein und wies mich wegen Überschreitung meiner Befugnisse, die nämlich in nichts bestanden, aus meinem Geburtsorte. Alles, was ich zur Rückgängigmachung dieses Beschlusses versuchte, war vergebens. Ich schrieb an Herrn Francke und dieser stellte mir den Antrag, die Funktionen seines bisherigen Sekretärs und Gehilfsarztes zu übernehmen. Als solcher ward ich bald Herrn Franckes Freund, — ja, ich darf es wohl sagen, — sein vertrautester, dem er vor der trennenden Sterbestunde des Herzens tiefstes Wissen, der Seele geheimstes Anliegen, dem er sein eigen Ich vertraute, und unter dessen Händen er nur so gar früh verschied! — Über seine letzten Lebenswochen, Tage und Stunden in Folgendem:

Wie oben bereits bemerkt, beabsichtigte Herr Francke im nächsten Frühjahr 1848 nach Alexandersbad zu gehen. Als ich am 1. Februar mein Engagement in Lehsen antrat, stand er mit der Aktiengesellschaft dieser Wasserheilanstalt in Unterhandlung. Wie er aber bei allen wichtigeren Geschäften sehr bedenklich zu Werke ging, so ganz besonders hier. Ja, 24 Stunden nach Abschluss des Kaufs durch seinen Mandatarius gelangte an diesem ein Schreiben von ihm, worin er sich entschlossen erklärte, das Gut nicht zu kaufen.


Er hatte dazu besonders aus den gerade um diese Zeit beginnenden politischen Bewegungen Anlass genommen, von denen er einerseits für das Bestehen der in Rede stehenden Anstalt fürchtete, für die er auf der andern Seite aber auch so sehr begeistert war, dass er sich ernstlich mit dem Gedanken beschäftigte, sich an der großen Sache der Zeit, an dem heiligen Werke der Freiheit durch Wort und Schrift zu beteiligen und zu dem Ende in die Schweiz oder nach Paris zu ziehen. Überhaupt war Herr Francke seinem politischen Standpunkte nach Kosmopolitiker und früher von mehreren Universitäten demagogischer Umtriebe halber relegiert. Alexandersbad, Wasserheilkunde, seine bereits im ersten Teile fertige Hydrotherapie, Alles wollte er dem größern höhern Tatendrange des starken Geistes opfern. Aber all' diese großen schönen Entschlüsse waren nur in einem Auflodern seines reichbewegten, tat- und werk- und geistkräftigen Lebens, ach, im letzten Aufflackern der alten Kraft geboren.

Das Gut war also gekauft und das Schicksal rief ihn nach Alexandersbad, um ihn hier sein tatenreiches Leben enden zu lassen. Ich bin leider nicht im Stande, Ihnen über das Entstehen seiner Krankheit und deren erstes Stadium Näheres zu berichten. Nur unzusammenhängende Einzelheiten weiß ich darüber aus Herrn Franckes eignem Munde. Doch war er über sein ihn seit 10 ½ Jahr plagendes Erbrechen falscher Meinung. Er hielt dasselbe für ein kritisches in Folge seiner Wasserkur auf dem Gräfenberg. Wie es damit zusammenhängt, vermag ich nicht anzugeben, doch vermute ich, dass es mit seiner durch die Wasserkur befestigten Gesundheit, seinem aus der Magenkrisis*) kerngesund hervorgegangenen Magen und dadurch hervorgerufenem Appetit, den Herr Francke mitunter wohl nur zu sehr befriedigte, obgleich das ohne organischen Fehler sicher nicht geschadet hätte — die Überhand nahm. Ich muss den Bericht über die Sektion nach seinem Tode gleich hierher setzen: Der Pylorus (die untere Magenöffnung, der Pförtner) war fast um zwei Dritteile verengert, obwohl sonst gesund wie der Magen selbst. Überdies fand sich eine bedeutende Verhärtung des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) in seinem ganzen Umfange vor. Diese Verhärtung nun in Verbindung mit der so abnormen Verengung des Pylorus hatten wohl das chronische Erbrechen, dieses aber den übermäßigen Appetit zur Folge. Die Verengerung des Pylorus halte ich für angeboren, möchte aber die Verhärtung des Pankreas der entsetzlich vielen Medizin, besonders Opium und Calomel, womit Herr Francke vom zartesten Kindesalter bis zum sechzehnten Jahre fast unausgesetzt von seinen Ärzten gefüttert ist, zuschreiben. Doch wäre es vielleicht auch möglich, dass diese Verhärtung eine Folge des gelben Fiebers ist, das Herr Francke sich aus Nord-Amerika herholte und das ein langes chronisches Siechtum zur Folge hatte.

*) Eine Magenkrisis in Folge einer Wasserkur tritt stets mit Erbreche, wiewohl kritischem auf.

Ehe ich zu ihm kam war er mit Ausarbeitung einer Abhandlung über Unterleibskrankheiten im Allgemeinen und die Cholera insbesondere beschäftigt, wozu er öffentlich aufgefordert war. Den Winter über hatte er an der in der dritten Auflage seiner Miscellen angekündigten „Anleitung zur Ausübung.“ ausgearbeitet. So lange ich bei ihm war ruhten alle schriftstellerischen Arbeiten aus Grund seines größeren Unwohlseins, das besonders Mitte März bedenklich ward.

„Ich habe schon oben erwähnt, dass die Heilanstalt Alexandersbad eigentlich gegen Herrn Franckes letzte Entschließung angekauft war. Jetzt war die Sache freilich nicht zu ändern; aber er fügte sich nur mit Widerwillen darin. Zudem hatte er im Laufe des Winters einen Antrag aus Nord-Amerika erhalten, die ärztliche Direktion einer Wasserheilanstalt in den Catskill mountains zu übernehmen und ein gleicher war ihm von dem Besitzer einer solchen Anstalt in der Schweiz zugegangen. Die Vorwürfe, die er sich über die Nichtannahme dieser Offerten machte, erhöhte seine Aversion gegen Alexandersbad, wovon ihm die ahnenden Gedanken vielleicht die traurige Wahrheit seiner Zukunft vorherverkündeten. Endlich am 18. April reisten wir ab und kamen am fünften Tage unserer Reise, am 22. April in Alexandersbad an. Auf der Reise, wo ich kaum eine Minute von seiner Seite wich, lernte ich so recht die ganze Größe und Tiefe seines Leidens erkennen.

Gleich am ersten Tage nach unserer Ankunft sprach er mit mir zum ersten Male von seinem etwaigen Tode und händigte mir zugleich 100 Thaler zu meiner Rückreise so wie ein Schreiben an seine Nichte ein, worin er über seinen Nachlass verfügte. Wenngleich er mir beides binnen Kurzem wieder abnahm, auch seine neuliche Äußerung jetzt eitle Furcht nannte, so muss ein inneres Gefühl ihn doch oft und stark an sein nahendes Ende gemahnt haben. Eine schreckliche Unruhe peinigte ihn in den ersten Tagen unsers Hierseins; doch ließ diese nach als sich bald nachher sein Gesundheitszustand etwas besserte. Häufig ging er ins Freie, nach der Luisenburg, in Tal und Wald, und an die silbernen Bäche, deren herrliches Quellwasser ihn labte. Doch war dieses Wohlbefinden nicht von langer Dauer. Der Kurgäste wurden viele, aber er beschränkte sich auf die allernotwendigsten Krankenbesuche, die er in der Mittagsstunde machte, schloss sich sonst auf sein Zimmer ab und fast nur ich hatte Zutritt.

Die innere Unruhe trieb ihn von einem Logis zum andern: hier war's ihm zu geräuschvoll, dort bald zu sonnig, bald zu dunkel. Seiner Verdrossenheit, seinem Missmut gegenüber bedurfte ich, seine einzige Umgebung, gar vieler Geduld; manch' hartes Wort musste ich ertragen, doch bat er's gewöhnlich bald nachher mir wieder ab. — Oft habe ich ihn angestaunt, den klaren, durchdringenden Geist in ihm, und bewundert, wie er sich mit Jedem und zu jeder Zeit in politische, gelehrte und andere Diskussionen einließ, vor lauter Langweiligkeit lustige Korrespondenzen mit der größten Gutmütigkeit beantwortete! Jetzt war das zum Teil gar sehr anders geworden. Besuche nahm er entweder gar nicht oder doch nur durch meine Person an, seinen Briefwechsel führte ich und bei den Kurgästen brach er seine Gegenwart am Mittags- und Abendtische möglichst ab. Ungefähr vier Wochen vor seinem Tode übergab er mir aufs neue ein Schreiben an eine Nichte, seine Materialien zur „Anleitung zur Ausübung etc.“ und seine Geldpapiere musste ich ordnen und mit Notizen versehen. Er redete häufiger von seinem Tode und fürchtete ihn von einem Aderbruche bei dem starken Erbrechen in der erwarteten Brechkrisis.

Mit dem vierten Juli trat ein neuer, höherer Grad seines Leidens ein. Matt und erloschen war der Blick des Auges, das Gesicht rot angelaufen und geschwollen, so dass ich jetzt allerdings weniger den Zoo durch Aderbruch befürchtete, sondern vielmehr in Folge des starken Erbrechens Congestion nach dem Kopfe und dadurch Gehirnentzündung, die bei seiner herkulischen Körperkonstitution freilich Alles befürchten ließ. — Außer einigen Malen des Abends erschien er jetzt bei Tisch nicht mehr. Bedenklichere Fälle ausgenommen übertrug er mir ausschließlich die ärztliche Leitung. — So Besorgnis erregend sein Zustand aber auch war, so erwartete doch Niemand eine so plötzliche Auflösung seines Ungeheuern Körpers. — Am achten Juli früh ließ er mich rufen. Auf den Fall, dass er sterben sollte, schrieb er mir mein Zeugnis, diktierte mir die Adressen seiner Geschwister, denen ich seinen Tod anzeigen sollte; auch sollte ich zum Advokaten, um mich wegen der Kosten etc. einer Testamentsaufsetzung zu erkundigen. Der folgende Tag, ein Sonntag, verging ziemlich ruhig, doch in der Nacht auf den Montag kam er zu mir und klagte seine grenzenlose Unruhe. Schon seit Mitte Juni verlangte er häufig und nach vieler Säure, besonders Pflaumenbrühe: ein Beweis, dass ein immer entzündlicherer Zustand vorhanden sein musste. Auch jetzt begehrte er Kühlendes. Schon um 4 1/2 Uhr war er wieder bei mir. Er sah sehr angegriffen, ja verwüstet aus. Vor Schmerz und innerer Unruhe hatte er nicht schlafen können und hatte die Nacht gehend zugebracht. Um 9 1/2 Uhr schickte er mich zum Advokaten, den ich auf 2 Uhr Nachmittags bestellen sollte. 12 3/4 Uhr kehrte ich zurück. Es war schon ein Erpresser mit einem Handschreiben Franckes mir nach zum Advokaten gesandt, um seine Ankunft zu beschleunigen. Ich stürzte hinauf zu ihm. Schon von außen hörte ich sein schreckliches Stöhnen und Jammern und fand ihn in Gesellschaft des Herrn B., eines werten Freundes des Herrn Francke und eines Badedieners, jauchzend und weinend wie ein Kind. Er wähnte sich in der Krisis, und hatte diesen Moment den Herrn B., einen frühern Mediziner, sehen lassen wollen. Er entließ jetzt die beiden andern Gegenwärtigen, 'nahm mich bei der Hand, führte mich zu seinem Schreibtisch, reichte mir ein Blatt und wies auf eine geladene Pistole. Das Blatt enthielt die Worte: „An meine Kurgäste! Obgleich ich die Gewissheit habe, dass mein Erbrechen von alter Median und nicht von chronischer Entzündung herrührt und heilbar ist: so ist mir doch die Geduld zerrissen diese Qual noch länger zu ertragen, und ich werde mich auf dem Wege nach der Luisenburg erschießen (dies Wort war sehr unleserlich geschrieben) und bitte meine lieben Kurgäste, mir zu verzeihen. Wenn dieselben länger bleiben, so wird Herr Hahn gewiss gern die Behandlung leiten. Ihr ergebenster H. Francke. Alexandersbad den 10. Juli 1847“ (ob die 7 ohne Absicht niedergeschrieben war?) Er ließ mich dann den Advokaten wieder abbestellen; es sei nun überflüssig, die Krisis überstanden und er daran, zu genesen. Aber dies Besserbefinden währte nicht langes Das Erbrechen hörte nach und nach ganz auf, während die innere Angst ohne akuten Schmerz sich mehrte. Er begehrte mehr als je nach Kühlung und bot, vielleicht gerade mit dem anscheinend so starken Körper in seinem Schmerz einen herzzerreißenden Anblick. Er sing selbst an, über das Wesen seines Zustandes in Zweifel zu geraten. Könnte ich doch, rief er aus, in mein Inneres, in meine Eingeweide sehen, da wüsst' ich, was ich zu tun hätte.“ Er übergab mir die geladene Pistole, forderte sie aber bald zurück, wiewohl vergebens. Dann brach er in Klagen gegen seine Mutter aus, das sie den Medizinern blind gefolgt sei, derentwegen er jetzt so qualvoll zu Tode gemartert werde. Er sprach sein Bedauern aus, so vielen Stoff vergebens zum Untergange mit ihm gesammelt zu haben, und schwor, falls er genese, die Medianer seine ganze Rache, den ganzen Fluch einer ihrem Gifte verkauften Menschheit fühlen zu lassen. In den folgenden Tagen schwanden seine Kräfte immer mehr, auch die geistigen, namentlich das Gedächtnis). Sein Herz blieb stark, weil es immer groß und edel gewesen war. Es war wirklich rührend, die warmen Ergüsse desselben in den herzlichsten Wünschen für eine ganze Menschheit mit dem so verzweiflungsvoll klingenden Tone des sich selbst bewussten Unvermögens anzuhören.

Als er sich am Abend des 11. Juli zu Bett legte, verbat er sich die Gegenwart des Badedieners unter dem Vorgeben, derselbe möge ihn umbringen. Hierauf eingehend und um nicht zu widersprechen, sagte ich, der Badediener solle lieber gar nicht mehr hinaufkommen, ich wolle allein bei ihm bleiben und alle Handreichungen besorgen. Dies freudig bejahend, wünschte er mir, wohl zu schlafen. Ich ging hinunter zur versammelten Kurgesellschaft, und dem Herrn B. meine Besorgnisse mitteilend, bat ich ihn, sich Herrn Francke noch einmal anzusehen. Wir gingen hinauf und fanden die Tür seines Schlafzimmers verriegelt. Herr Francke fragte nach, wer da sei und was ich wolle (seine letzten Worte zu mir). Ich bat ihn, den Herrn B. nicht erwähnend, sich nicht stören zu lassen, ich käme nur, um mich nach ihm umzusehen. Um 1l Uhr ging ich mit dem Badediener hinauf und fand Herrn Francke schlafend, tief schnarchend. Der Badediener blieb im Vorzimmer; ich verfügte mich in das gegenüberliegende Zimmer. Der Badediener hatte Herrn Francke die Nacht öfter sich bewegen hören, als ob er sich im Bette wende, oder als ob er mit den Händen um sich schlage; bald darauf habe er tief geschnarcht. Ich ging um 4 1/2 Uhr hinüber und hörte gleichfalls dieses Schnarchen. Der Badediener hatte in der Nacht öfter gerufen und die Tür zu öffnen versucht, war keine Antwort doch erfolgt, und auch die Tür blieb verriegelt. Gleiches geschah, als ich vor der Tür war. Plötzlich hörten wir Lärmen, Toben und einen starken Fall. Ich befürchtete einen Schlaganfall. Wir wollten die Tür mittelst einer Axt erbrechen, doch vergebens. Wir setzten von Außen eine Leiter ans Fenster, erbrachen es und gelangten so ins Zimmer. Herr Francke lag schon wieder tief atmend. Wir wandten einige Kopfumschläge an, die seinen tiefen unruhigen Schlaf etwas beruhigten. Um 6 Uhr ging ich hinunter um Einiges anzuordnen, als der Badediener mir nachlief und ausrief: es sei bereits vorbei. Ich kam hinauf, und da lag Herr Francke mit gebrochenen Augen und nach mehreren langen gedehnten Zügen entschlief er 6 1/4 Uhr, ohne Schmerz und Bewusstsein, nach unsäglichen Leiden in den letzten seiner Lebenslage.

Am 12ten Nachmittags fand die Sektion Statt, die Herr Chirurg Rosenhauer aus Wunsiedel unter Leitung des Herrn Gerichtsarztes, Dr. Fikentscher besorgte. Dieselbe ergab die schon oben bemerkten organischen Verbildungen und diese eben hatten wohl eine Entzündung der Schleimhäute des Duodenum zur Folge, die am 10ten, Montag Mittag, in Brand überging (der Augenblick, wo Herr Francke sich so ungemein erleichtert fühlte, und den er für kritisch hielt). Der Magen war, wie auch die Leber und sämtliche Brusteingeweide kerngesund.

Herrn Franckes Nachlass ward gleich nach seinem Tode gerichtlich versiegelt. Sein Manuskript, die Anleitung zur Ausübung der Wasserheilkunst ist in meinen Händen, doch ist es leider so unvollendet, dass es nur als Manuskript Wert hat; denn wer sollte sich finden, dies so tief und klar gedachte Werk zu vollenden. Es ist nur bis zur Beschreibung der Bäder etc. gediehen. Beigelegt ist ein Anfang der Abhandlung über die Unterleibshöhlenkrankheiten, insbesondere über die Cholera, doch ist er auch hier nur bis zur Beschreibung der Bäder etc. gediehen.

Am 14. Juli, Nachmittags 2 1/2 Uhr ward seine Leiche auf dem Wunsiedler Kirchhof, von mehreren Kurgästen begleitet, zur stillen Ruhegruft bestattet.

Was Erde war, wird auch dort zu Erde stäuben, auch seine Asche wird dereinst vielleicht der Sturmwind treiben, aber Rausses Name wird — wenn auch nicht in glänzend-morschen Pantheonen — doch in den Herzen dankbarer Menschen bis in grau ferne Zeiten getragen werden, und vielleicht gilt sie ihm noch, so manche Throne des Dankes und wehmütiger Erinnerung, die ein kommendes Jahrhundert weint!
Dieses Kapitel ist Teil des Buches J. H. Rausse, der Reformator der Wasserheilkunde.