Die Juden in Polen
Wir haben die Juden noch nicht in Berührung gesehen mit den slawischen Stammen. Unter diesen wird ihre Geschichte erst später interessant. In Russland wenigstens findet man, mit Ausnahme einiger wenigen Orte, im Mittelalter nur sehr wenig Individuen dieses uralten Volkes *). Nach Böhmen, Mähren und Polen sollen sie aus Frankreich und Italien gekommen sein. In Prag waren sie schon vor dem Ende des 10. Jahrhunderts. Boleslaus II. hat ihnen, kurz nach der öffentlichen Einführung des Evangeliums in diesem Lande, eine Synagoge zu bauen erlaubt, zum Lohn für ihre Teilnahme an dem Kampfe gegen die heidnischen Einwohner desselben.
*) Warum sich die Fürsten Bagration noch heut zu Tage in ihren Titeln Nachkommen Davids nennen, darüber später.
In Polen, wo sie früh schon in großer Anzahl wohnten, haben sie sich gleichfalls in verschiedener Hinsicht charakteristisch von Andern unterschieden. Unter ihren Glaubensgenossen in andern Ländern stehen sie in dem Ruf eines außerordentlichen Scharfsinnes, eines Scharfsinns, den sie oft des Nachts zum Studium der Bibel, des Talmud und der Cabbala anwandten, während sie ihn des Tags in allerlei Ränken, oft Betrügereien im Handel bewiesen, den sie noch mehr und wieder in anderer Weise als sonstwo in ihre Hände bekamen.
Der polnisch-jüdische Stamm zeichnet sich sowohl beim männlichen als weiblichen Geschlechte hier und da auch durch Schönheit aus, ein Vorzug, der teils ihrer Abstammung eigentümlich, teils ihnen mit der übrigen Bevölkerung dieses merkwürdigen Landes gemeinsam ist. Früher genossen sie bedeutender Vorrechte und Freiheiten. Vieles hatten sie dem Herzoge Boleslas V. zu danken (1264), dessen Urenkel, Kasimir der Große, ihnen (1341) noch größere Gunst erwies, aus Liebe, wie man sagt, zu einer schönen Jüdin Namens Ester. Synagogen, jüdische Akademien und rabbinische Schulen sind in Polen stets zahlreich gewesen. Noch lange hatten die jüdischen Synagogen daselbst eigene Rechtspflege, sowohl in Zivil- als Kriminal-Sachen. Verfolgungen und Vertreibungen hatten sie selten zu erdulden, außer bei den Einfällen der Tartaren und Moscowiten. Unter ihre Vorrechte in Polen gehört auch eines, das dem westgotischen Gesetz in Spanien nachgebildet scheint, nämlich dass sie, wenn sie das Christentum annahmen und sich im Krieg auszeichneten, in den Adel aufgenommen wurden; es stammen deshalb auch viele adelige Geschlechter in Polen von Juden. Aber auch nicht getaufte Juden genossen an einigen Orten dieses Landes oft Vorrechte, die sonst ausschließlich der Adel besaß, z. B. das Tragen eines Degens und andere mehr. Was aber die Juden in Polen noch besonders auszeichnet, ist das, dass einige von ihnen zur Sekte der Karaiten gehören. Diese Sekte scheint, weil sie den Talmud verwirft und deshalb dem Christentum weniger entfremdet ist, sowie weil sie in ihren Schriften Jesu als Lehrer große Achtung erweist, mehr begünstigt worden zu sein als die rabbinischen oder pharisäischen Juden dieses Landes. Es wird behauptet, dass die Karotten aus der Tartarei dorthin gekommen seien und dass König Stephan im Jahr 1578 ein wichtiges Edikt zu ihren Gunsten ausgefertigt habe. Neuere Berichte jedoch lassen uns glauben, dass die Berühmtheit der Karaiten wohl eben so sehr von ihrer Feindschaft gegen den Talmud, als von einem höheren Grad von Bildung oder sonstiger Auszeichnung herrühre.
*) Warum sich die Fürsten Bagration noch heut zu Tage in ihren Titeln Nachkommen Davids nennen, darüber später.
In Polen, wo sie früh schon in großer Anzahl wohnten, haben sie sich gleichfalls in verschiedener Hinsicht charakteristisch von Andern unterschieden. Unter ihren Glaubensgenossen in andern Ländern stehen sie in dem Ruf eines außerordentlichen Scharfsinnes, eines Scharfsinns, den sie oft des Nachts zum Studium der Bibel, des Talmud und der Cabbala anwandten, während sie ihn des Tags in allerlei Ränken, oft Betrügereien im Handel bewiesen, den sie noch mehr und wieder in anderer Weise als sonstwo in ihre Hände bekamen.
Der polnisch-jüdische Stamm zeichnet sich sowohl beim männlichen als weiblichen Geschlechte hier und da auch durch Schönheit aus, ein Vorzug, der teils ihrer Abstammung eigentümlich, teils ihnen mit der übrigen Bevölkerung dieses merkwürdigen Landes gemeinsam ist. Früher genossen sie bedeutender Vorrechte und Freiheiten. Vieles hatten sie dem Herzoge Boleslas V. zu danken (1264), dessen Urenkel, Kasimir der Große, ihnen (1341) noch größere Gunst erwies, aus Liebe, wie man sagt, zu einer schönen Jüdin Namens Ester. Synagogen, jüdische Akademien und rabbinische Schulen sind in Polen stets zahlreich gewesen. Noch lange hatten die jüdischen Synagogen daselbst eigene Rechtspflege, sowohl in Zivil- als Kriminal-Sachen. Verfolgungen und Vertreibungen hatten sie selten zu erdulden, außer bei den Einfällen der Tartaren und Moscowiten. Unter ihre Vorrechte in Polen gehört auch eines, das dem westgotischen Gesetz in Spanien nachgebildet scheint, nämlich dass sie, wenn sie das Christentum annahmen und sich im Krieg auszeichneten, in den Adel aufgenommen wurden; es stammen deshalb auch viele adelige Geschlechter in Polen von Juden. Aber auch nicht getaufte Juden genossen an einigen Orten dieses Landes oft Vorrechte, die sonst ausschließlich der Adel besaß, z. B. das Tragen eines Degens und andere mehr. Was aber die Juden in Polen noch besonders auszeichnet, ist das, dass einige von ihnen zur Sekte der Karaiten gehören. Diese Sekte scheint, weil sie den Talmud verwirft und deshalb dem Christentum weniger entfremdet ist, sowie weil sie in ihren Schriften Jesu als Lehrer große Achtung erweist, mehr begünstigt worden zu sein als die rabbinischen oder pharisäischen Juden dieses Landes. Es wird behauptet, dass die Karotten aus der Tartarei dorthin gekommen seien und dass König Stephan im Jahr 1578 ein wichtiges Edikt zu ihren Gunsten ausgefertigt habe. Neuere Berichte jedoch lassen uns glauben, dass die Berühmtheit der Karaiten wohl eben so sehr von ihrer Feindschaft gegen den Talmud, als von einem höheren Grad von Bildung oder sonstiger Auszeichnung herrühre.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Israel und die Völker