Zweck des Buches.

Ich wollte, als mir ein gütiges Geschick im Sommer 1904 die Reise nach Island ermöglichte, nicht nur als Tourist die an Naturschönheiten reiche Insel durchstreifen, sondern das Land, dessen Geschichte und Kultur ich als Liebhaber die kärglich bemessene freie Zeit widme, die mir mein mit Arbeit gesegneter Beruf lässt, mit eigenen Augen sehen und vor allem den Schauplatz einiger Sagas kennen lernen, die mir persönlich besonders wert waren. Denn die lebendige Anschauung ist durch keine Bücher zu ersetzen. Dazu kommt, dass der weitaus größte Teil meiner Reise, die Durchquerung der Südküste und des Ostlandes von einem Deutschen noch nicht unternommen, wenigstens noch nicht beschrieben ist. Ich habe mich bemüht, weder nach der einen, noch nach der andern Seite hin zu übertreiben, gegenüber den vielen Übertreibungen, die andere Touristen begangen haben. Eine gewisse Abwechslung hoffe ich durch die Verteilung des Stoffes erreicht zu haben. Im Rahmen einer Reisebeschreibung suche ich meine Leser über das Wichtigste zu unterhalten und durch die Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart sie über Land und Leute aufzuklären. Darum sollen die Aufzeichnungen auch den Charakter des Selbsterlebten und Selbstgeschauten behalten. Der Laie, der das Buch als Erholungslektüre zur Hand nimmt, der Tourist, der nach diesem Muster sich vielleicht eine Reise nach dem Touristenlande der Zukunft zurecht legt, soll seine Lust an den einfachen Reise- und Naturbeschreibungen, an den kleinen Leiden und Freuden, Enttäuschungen und Überraschungen, dem beständigen Wechsel der Szenerie und Situationen, der Umgebung, der Menschen finden. Gerade bei den einzelnen Personen, die ich kennen gelernt habe, verweile ich länger, ohne, wie ich hoffe, indiskret geworden zu sein, weil ich meine, dass man sich nach dem Einzelnen ein Bild von der Gesamtbevölkerung machen kann. Wer mehr als bloße Unterhaltung wünscht, wer eine Darstellung der Geschichte und Kultur verlangt, wird nach den eingefügten Belehrungen über Fragen literargeschichtlicher, politisch- und kulturgeschichtlicher, sowie volkskundlicher Art und vor allem nach den zusammenfassenden, eingeschobenen Kapiteln greifen. Besonderen Wert habe ich darauf gelegt, ein anschauliches Bild von der Besiedelung der Insel und der Einführung des Christentums zu geben; setzt man die einzelnen zerstreuten Stellen zusammen, so wird man, wie ich hoffe, eine zusammenhängende Übersicht erhalten. Ich habe mich ferner bemüht, als ,,reisender Geograph", auch abseits meines Studiengebietes wenn auch nicht eigene Forschungen anzustellen, so doch mir Klarheit zu verschaffen über die wichtigsten Erscheinungen der isländischen Natur. Denn, wie Zugmayer richtig bemerkt: der Reisende in Island tritt, sei er auch nicht wissenschaftlich vorgebildet, einer solchen Fülle von Neuartigem und Anregendem gegenüber, dass er ganz von selbst dazu veranlasst wird, die Erscheinungen zu beobachten und womöglich zu ergründen. Da ich dabei Dinge berühren musste, in denen ich mich durchaus als Laie weiß, habe ich mich, unter Zugrundelegung eigner Beobachtungen, an anerkannte Größen gehalten, eben, wie Mogk es fordert, an Bruun und vor allem an Thoroddsen. Dabei ist es mir nicht darauf angekommen, Einzelheiten zu beleuchten, sondern die Verhältnisse von einem allgemeinen Gesichtspunkte zu betrachten. Der Abschnitt über Islands Natur ist im wesentlichen eine Übersetzung, Verarbeitung und Überarbeitung der zahlreichen Aufsätze Thoroddsens in isländischer, dänischer und schwedischer Sprache.