Maschinistenfrau Baerwald, Gendarm Pfau, Kaufmann Hermann Adameit


Maschinistenfrau Baerwald: Kurz ehe der Schuss gefallen sei, habe sie vor dem Fenster des Rosengartschen Wohnzimmers einen Schatten gesehen. — Maschinist Baerwald: Seine Frau habe ihm erzählt, daß sie einen Schuss gehört und einen Schatten gesehen habe. Er könne aber nicht sagen, ob seine Frau ihm mitgeteilt, sie habe den Schatten vor oder nach dem Schuss gesehen. Der junge August Rosengart habe ihm einmal erzählt: Sein Onkel habe gesagt, wenn er zu befehlen hätte, dann wüsste er schon, wen er verhaften würde. Er glaube, August Rosengart habe den Onkel Kapinsky, den Mann der Schwester des ermordeten Rosengart, dabei genannt. — Schuhmacher Wiese: Als der Schuss fiel, habe er bereits im Bett gelegen. Die Amanda Eggert habe ihm erzählt, sie habe nach dem Schuss drei Gestalten am Speicher gesehen. — Der Vorsitzende bemerkte dem Zeugen, dass er bei seiner ersten Vernehmung gesagt habe, die Eggert habe ihm erzählt, sie habe zwei Gestalten stehen sehen. — Zeuge: Er könne sich heute nicht mehr genau erinnern. — Amanda Eggert: Der Zeuge müsse sich irren, sie habe diesem erzählt, daß sie zwei Stimmen gehört habe. — Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Ich stelle fest, dass der Zeuge Wiese ausdrücklich bei seiner ersten Vernehmung gesagt hat: Die Eggert habe nicht sprechen gehört, aber zwei Gestalten am Speicher stehen sehen. — Wiese gab dies als richtig zu. — Amanda Eggert blieb bei ihrer Bekundung, daß sie nur Stimmengeflüster gehört habe. — Auf Befragen des Verteidigers, Justizrats Dr. Sello, gab die Zeugin als richtig zu, daß Rosengart mehrfach Drohbriefe erhalten habe. In einem dieser Drohbriefe seien beide Eheleute mit dem Tode bedroht worden.

Gendarm Pfau: Am Abend des 19. März sei er von dem jungen Rosengart und einem Rosengarischen Knecht von dem Morde benachrichtigt worden. Er sei sofort mit beiden nach Zögershof geritten. Auf dem Hofe sei er dem Inspektor Rieß und dem Ziegelmeister begegnet. Er sei sofort ins Wohnzimmer getreten und habe viele Personen vernommen, es vermochte ihm aber niemand über die Ursache des Mordes etwas mitzuteilen. Die Eggert habe ihm gesagt, sie habe kurz vor dem Schuss auf dem Hofe Stimmen gehört, sie glaube auch, eine Gestalt gesehen zu haben, letzteres wisse sie aber nicht genau. Er habe sofort Fußspuren gesucht, aber solche nicht finden können. Außerhalb des Gehöfts habe er allerdings nicht nach Fußspuren gesucht. Auch als an den darauffolgenden Tagen der Oberwachtmeister, der Erste Staatsanwalt und der Untersuchungsrichter in Zögershof waren, sei außerhalb des Gehöfts nicht nach Fußspuren gesucht worden. Nachdem jedoch die Fußspuren auf dem Weizenfelde entdeckt waren, habe er sie gemessen; sie haben genau mit den Stiefeln des Rieß übereingestimmt. Er sei einmal kurz nach dem Morde nach Zögershof gerufen und von Frau Rosengart ersucht worden, den Arbeiter Holz mit Gewalt vom Gute zu entfernen, da dieser, trotzdem er entlassen war, seine Wohnung nicht räumen wollte. Weshalb Holz entlassen worden sei, wisse er (Zeuge) nicht — Am Tage nach dem Morde sei der Schwager des Ermordeten, Kapinsky, mit seinem Sohne in einem geschlossenen Wagen auf das Gut Zögershof gefahren. Kapinsky sagte: Ich kenne schon die zwei, die den Mord begangen haben. — Vors.: Wen mag Kapinsky damit gemeint haben? — Zeuge: Ich war der Ansicht, daß Rieß und Frau Rosengart gemeint waren.


Auf Antrag des Ersten Staatsanwalts wurde ein anonymer Brief verlesen. In diesem hieß es: „Vor etwa zwei Jahren hat Frau Rosengart einmal zu einem Kutscher gesagt: Es kommt mir auf ein paar hundert Taler nicht an, wenn der Kutscher mit dem Kerl so fährt, daß er das Genick bricht.“ Frau Hoffmann (Pillau), die Schwester der Angeklagten, werde bekunden müssen: Frau Rosengart habe einmal in Königsberg einen jungen Mann eingeladen, mit ihr nach Zögershof zu kommen, und bemerkt: Mein Mann ist verreist. Frau Hoffmann habe darauf versetzt: Wenn dein Mann nicht zu Hause ist, dann bist du aus Rand und Band. — Der Täter kann nur ein Bekannter gewesen sein, sonst hätten die Hunde angeschlagen.“

Am vierten Verhandlungstage bekundete das Dienstmädchen Eggert: Die Kutschersfrau Busch und Frau Ziegran klopften stets ans Fenster, wenn sie zu Frau Rosengart kamen. Das sei auch vielfach noch nach dem Tode des Rosengart geschehen. — Busch und Ziegran, nochmals vernommen, bestätigten diese Bekundung. Sie seien zu Frau Rosengart gekommen, um diese um Lebensmittel zu bitten. — Vors.: Das geschah auch noch vielfach nach dem Tode des Rosengart? — Die Zeugen bejahten das. — Auf die Frage des Vorsitzenden: Weshalb sie alsdann niemals der Frau Rosengart von ihren so sehr wichtigen Wahrnehmungen Mitteilung gemacht haben, zumal doch naturgemäß sehr viel über den Mord gesprochen worden sei, antworteten beide Zeuginnen übereinstimmend: Sie hätten das nicht für wichtig genug gehalten.

Unter allgemeiner Spannung betrat darauf Kaufmann Hermann Adameit (Königsberg), als Zeuge den Sitzungssaal. Dieser, ein hübscher, großer Mann, mit blondem Vollbart und Brille, gab an: Ich bin 35 Jahre alt, evangelischer Konfession. Ich bin der leibliche Bruder der Angeklagten, werde aber Zeugnis ablegen. Am Spätabend des 19. März 1897 wurde ich benachrichtigt, daß mein Schwager, der Rittergutsbesitzer Rosengart in Zögershof, erschossen worden sei. Ich fuhr eiligst nach Zögershof und fand dort in dem Wohnzimmer, wo das Verbrechen passiert war, viele Leute versammelt. Von dem Täter war zunächst keine Spur vorhanden. Ich blieb vorläufig in Zögershof. Einige Tage nach dem Morde wurde Inspektor Rieß wegen Verdachts der Täterschaft verhaftet. Etwa acht Tage später fiel mir meine Schwester plötzlich um den Hals, begann zu weinen und sagte:

„Lieber Bruder, du bist der einzige, dem ich mich anvertrauen kann. Ich will dir gestehen, mein Mann hat mich in der letzten Zeit furchtbar geschlagen und beschimpft, so daß ich es nicht mehr aushalten konnte. Rieß hat ihn erschossen. Das Gewehr, mit dem er geschossen hat, ist im Speicher versteckt gewesen.“

Ich fragte, wo ist das Gewehr? Meine Schwester wusste mir nicht darauf zu antworten, meinte aber, daß das Gewehr nicht in der Wohnung des Rieß in Emsthof sein werde. Ich untersuchte zunächst den Speicher, konnte aber nichts finden. Ich ging alsdann mit meiner Schwester nach Ernsthof. Dort fanden wir in der Rießschen Wohnung ein Gewehr, aber keine Kugeln. Meine Schwester nahm das Gewehr und verbarg es unter ihre Kleider.

Vors.: Hat Ihnen Ihre Schwester gesagt, ob und inwieweit sie an dem Mord beteiligt war, ganz besonders ob sie den Mord mit Rieß vorher verabredet hatte? — Zeuge: Ich hatte gleich von Anfang an den Eindruck, daß meine Schwester den Rieß angestiftet hat. Als wir von Ernsthof nach Zögershof zurückgingen, hat sie mir auch gestanden, den Rieß angestiftet zu haben. — Vors.: Weshalb haben Sie nicht damals sofort Anzeige erstattet? — Zeuge: Ich unterließ die Anzeige, weil mir meine Schwester leid tat und ich mir sagte: Es würde ihr unter Umständen den Kopf kosten. — Vors.: Nun, was geschah weiter, erzählen Sie einmal ganz ausführlich. — Zeuge: Meine Schwester erzählte mir, daß das Gewehr von Otto Anhuth in Königberg auf dem Steindamm von Rieß für 47,75 Mark gekauft worden sei. Als wir in Zögershof ankamen, sagte ich zu meiner Schwester: Wir müssen zunächst das Gewehr vernichten. Wir brachten das Gewehr in ein im ersten Stock belegenes Zimmer und ließen einen Schraubenzieher holen, um den Kolben abzuschrauben. Wer nach dem Schraubenzieher geschickt wurde, weiß ich nicht mehr. Wir steckten den abgeschraubten Kolben schließlich ins Feuer, um ihn abzuschmelzen. Da aber die Schmelzung nicht gelang, holte meine Schwester einen Eimer Wasser, um die Glut damit zu löschen. Inzwischen war der Baumeister Worgall nach Zögershof gekommen. Des Nachmittags ließen wir den Schulwagen anspannen und fuhren mit Worgall nach Königsberg. — Vors.: In dem Wagen nahmen Sie, Ihre Schwester und Baumeister Worgall Platz? — Zeuge: Jawohl. — Vors.: Was wollten Sie in Königsberg unternehmen? — Zeuge: Wir hatten verabredet, das Gewehr in den Pregel zu werfen. Meine Schwester knöpfte sich das Gewehr unter die Kleider; um es festzuhalten, band sie es an eine Schnur und nahm sich diese um den Hals. Als wir vor meinem Hause in Königsberg angelangt waren, stieg der Baumeister aus. Ich begab mich mit meiner Schwester in meine Wohnung und ging, als es finster war, mit dem Gewehr an den Pregel; dort warf ich das Gewehr hinein.

— Vors.: Haben Sie sich die Stelle gemerkt, an der Sie das Gewehr hineingeworfen hatten? — Zeuge: Gewiss, es wurde allerdings später nachgesucht, das Gewehr wurde aber nicht gefunden. — Vors.: Und was veranlasste Sie schließlich,“ Anzeige zu machen? — Zeuge: Meine Schwester wurde trotzdem verhaftet. Kaum war sie aber wieder entlassen, da begannen die Klatschereien. Es wurde allgemein gesagt, meine Schwester sei doch die Anstifterin; sie habe mit Rieß ein Liebesverhältnis unterhalten. Meine Schwester sagte oftmals: So könne es mit ihrer Wirtschaft nicht weitergehen, sie müsse wieder heiraten.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Mit der Wirtschaft, die angeblich zurückging, waren Sie gemeint? — Zeuge: Jawohl. Meine Schwester, die fast jeden Mann küsste, der zu ihr nach Zögershof kam, unterhielt nach ihrer Entlassung ein ganz intimes Verhältnis mit dem Referendar Wolff. — Vors.: Wann begann dies Verhältnis? — Zeuge: Wolff ging schon zu Lebzeiten meines Schwagers Rosengart in Zögershof aus und ein. Ob und welcher Verkehr damals schon zwischen meiner Schwester und Wolff stattgefunden hat, weiß ich nicht. Weihnachten 1897 hat meine Schwester dem Wolff eine goldene Uhr und Kette geschenkt. Gleich darauf haben beide wie Mann und Frau zusammen gelebt, so daß das Personal und ihre eigenen Kinder daran Ärgernis nahmen und sich darüber aufhielten. Ich machte meiner Schwester Vorstellungen, sie erwiderte aber: sie könne von Wolff nicht mehr lassen, sie werde sich im Gegenteil mit ihm verloben. — Vors.: Wie alt waren die Kinder, die sich über den Verkehr Ihrer Schwester mit dem Referendar Wolff aufhielten? — Zeuge: Der älteste Sohn ist 18, der zweite 15 Jahre alt. — Vors.: Wann verlobte sich Ihre Schwester mit Wolff? — Zeuge: Im Mai 1898. — Vors.: Sie waren bemüht, die Verlobung rückgängig zu machen? — Zeuge: Allerdings. — Vors.: Welches Interesse hatten Sie, die Verlobung rückgängig zu machen? — Zeuge: Ich war der Vormund ihrer Kinder und befürchtete für diese einen großen Vermögensnachteil. Ich wusste, daß Wolff von der Wirtschaft nichts verstand und daß, wenn er Besitzer des Gutes würde, die Wirtschaft zurückgehen müsste. Ich wollte mir auch von Wolff, der sich anmaßte, mir zu kommandieren, nichts sagen lassen.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Da Ihre Schwester erklärte, daß sie die Verlobung nicht rückgängig machen werde, drohten Sie ihr, Anzeige zu machen? — Zeuge: Jawohl. — Vert.: Sie haben Ihrer Schwester mehrere Drohbriefe geschRießen? — Zeuge: Jawohl. — Auf Antrag des Verteidigers wurden diese Briefe verlesen.

Vors.: Ehe Sie nach Zögershof kamen, besaßen Sie hier in Königsberg ein Kolonialwarengeschäft? — Zeuge: Jawohl. — Vors.: Im November 1896 haben Sie das Geschäft verkauft? — Zeuge: Jawohl. — Vors.: Weshalb taten Sie das? — Zeuge: Einmal sagte mir mein Schwager Rosengart, er würde es sehr gern sehen, wenn ich bei ihm in Stellung träte, und andererseits war ich in der Lage, das Geschäft unter sehr günstigen Bedingungen zu verkaufen. — Vors.: Sie traten aber nicht sofort bei Rosengart in Stellung, sondern fuhren zuerst nach Amerika? — Zeuge: Jawohl, ich wollte zunächst in Amerika meinen dort lebenden Bruder besuchen. — Vors.: Waren Ihre Geschwister mit dieser Reise einverstanden? — Zeuge: Jawohl, meine Schwester Johanna (die Angeklagte) gab mir sogar 1000 Mark zur Reise. — Vors.: Wie lange blieben Sie in Amerika? — Zeuge: Ich fuhr Anfang Dezember 1896 ab und kam Anfang März 1897, kurz vor dem Morde, zurück. Referendar Wolff hatte auch meine Mündel, die jungen Rosengarts, geschlagen. Die Kinder beklagten sich bei mir und sagten: Sie wollten sich von einem fremden Manne nicht schlagen lassen. Ich habe deshalb Wolff zur Rede gestellt. Andererseits befürchtete ich auch, meine Schwester könnte, wenn sie sich mit Wolff verheiratete, es ähnlich wie mit Rosengart machen, da sie zu Lebzeiten Rosengarts, als sie noch in Pillau wohnten, vielfach mit Männern sträflichen Verkehr unterhalten hat. Sie hatte z. B. mit dem Wallmeister Thießen in Pillau und dem Inspektor Grell in Zögershof Liebesverhältnisse unterhalten. Meine Schwester erklärte auf wiederholte Vorhaltungen: sie könne schon deshalb die Verlobung nicht mehr rückgängig machen, da sie den Referendar veranlasst habe, aus dem Staatsdienst auszuscheiden. Plötzlich hörte ich, meine Schwester sei mit Wolff nach Helgoland abgereist. Da ich vermutete, daß sich das Paar dort trauen lassen wolle, fuhr ich sofort nach Allenstein, um mit Napiesky, dem Schwager des ermordeten Rosengart, und dessen Frau zu beraten, was zu tun sei. — Vors.: Und was war das Ergebnis der Beratung? — Zeuge: Ich telegraphierte sofort an die zuständige Staatsanwaltschaft, das Polizeiamt und das Pfarramt nach Helgoland, da es mir zunächst darauf ankam, die Verheiratung in Helgoland zu hintertreiben.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Sie haben also nach Helgoland telegraphiert, unter Umgehung der zuständigen Staatsanwaltschaft? — Zeuge: Allerdings, ich hielt Eile für geboten. — Auf Antrag der Verteidiger wurden die Telegramme und die Strafanzeige des Zeugen an die Königsberger Staatsanwaltschaft verlesen. Es gelangte im weiteren ein Telegramm zur Verlesung, das Frau Napiesky, die Schwester des ermordeten Rosengart, an die Angeklagte nach Helgoland gerichtet hatte. Dies lautete: „Dein Bruder hat der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. Rate Dir, damit Du nicht über Dich und Deine Familie ewige Schande bringst und auf dem Schafott oder im Zuchthaus enden musst, Dich verrückt zu stellen, damit Du vorläufig in ein Irrenhaus kommst.“ Unterzeichnet war das Telegramm mit „Napiesky“. Die Angeklagte gab zu, ein solches Telegramm in Helgoland erhalten zu haben.

Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Am 15. August 1898 erhielten Sie von Ihrer Schwester, der Angeklagten, ein Schreiben, in dem sie Ihnen mitteilte, daß Sie entlassen seien und sie die Löschung der Ihnen erteilten Prokura bei dem Amtsgericht bereits beantragt habe? — Zeuge: Jawohl. — Auf Antrag des Verteidigers wurde dieser Brief verlesen. Alsdann fragte der Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein den Zeugen: Wann er nach Allenstein gefahren sei? — Zeuge: Am 19. August. — Vert.: Und wann depeschierten Sie nach Helgoland? — Zeuge: Am 21. August. Meine Schwester hat mir erzählt, sie habe den Mordplan mit Rieß im Keller besprochen. Nachdem meine Schwester in Helgoland verhaftet war, klopfte es eines Abends zwischen 10 und 11 Uhr an meinem Fenster. Auf meine Frage, wer da sei, antwortete eine Stimme: Wolff. Meine Frau und mein Dienstmädchen warnten mich, zu öffnen, da man nicht wissen könne, was der Mann im Schilde führe; es sei doch schließlich nicht ausgeschlossen, daß der Mann mich erschießen könnte. Ich fragte deshalb, ob denn die Sache so eilig sei, es könnte doch bis zum folgenden Morgen Zeit haben. Der Mann sagte mir aber: er müsse mich sofort sprechen. Ich öffnete und fragte den Referendar Wolff nach seinem Begehr. Wolff entschuldigte sich, daß er in so später Stunde mich störe. Er erzählte mir alsdann: meine Schwester sei in Helgoland von zwei Polizisten verhaftet worden. Er habe dem Transporteur 10 Mark gegeben, dieser habe ihm infolgedessen gestattet, mit meiner Schwester auf dem Schiff gemeinsam bis Altona zu fahren. Er sei meiner Schwester bis Dirschau entgegengefahren, sie sei aber mit dem Zuge, mit dem er sie erwartet habe, nicht gekommen. Wolff bat mich nun, doch sofort der Staatsanwaltschaft mitzuteilen, daß ich in Übereilung gehandelt habe und meine Anzeige unwahr sei. Wenn ich das unverzüglich mache, dann lasse sich die ganze Sache noch rückgängig machen. Wolff sprach im weiteren von einer Hypothek von 30.000 Mark, die auf meinen Namen eingetragen werden könnte. Ich solle am folgenden Tage mit ihm zu Herrn Rechtsanwalt Lichtenstein gehen und dort zu Protokoll erklären, daß meine Anzeige unwahr sei, dann würde meine Schwester sofort entlassen werden. Ich antwortete: Ich will nichts haben, ich werde aber tun, was ich kann; ich brauche ja nicht gerade zum Rechtsanwalt Lichtenstein zu gehen, ich kann auch einen anderen Rechtsanwalt um Rat fragen.

Vors.: Waren Sie nun willens, Ihre Angaben für unwahr zu erklären? — Zeuge: Nein. Johanna hat mir gestanden, daß Rieß ihren Mann erschossen hat. — Verteidiger R.-A. Dr. Lichtenstein: Wann fuhren Sie mit Ihrer Schwester und dem Baumeister Worgall von Zögershof nach Königsberg? — Zeuge: Den Tag kann ich nicht genau angeben. — Vert.: Ich werde den Nachweis erbringen, daß Worgall nur ein einziges Mal, und zwar am 7. April t897 in Zögershof war und daß an diesem Tage die Osterferien des Königsberger Gymnasiums anfingen. Herr Adameit, Sie sagten, Sie haben sich die Stelle genau gemerkt, an der Sie das Gewehr in den Pregel geworfen haben? — Zeuge: Jawohl. — Vors.: Weshalb haben Sie sich die Stelle so genau gemerkt? — Zeuge: Weil ich mir sofort sagte, die Stelle könnte für eine etwaige Wiederauffindung von Bedeutung sein. — Vert.: An welcher Stelle haben Sie das Gewehr in den Pregel geworfen? — Zeuge: Wenn man vom Schloss kommt, am zweiten Floß links. — Vert.: Haben Sie das auch dem Taucher gesagt? — Zeuge: Jawohl. — Vert.: Der Taucher hat aber nichts gefunden? — Zeuge: Nein.