Am Ganges

Ganz oben von der Höhe blickte er über die bunte Masse hin, hier oben war der Lärm gleichsam stärker und sammelte sich wie ein gewaltiges Konzert in einem Brummen und Summen, und zu seinen Füßen war all das Treibende, Gleitende, Strömende, Wogende, die gelbe Flussmasse, die sich dem Meere zuwälzte.

Khadia hob die Stirn, unwillkürlich schob er die Brust vor. War er jetzt nicht lange genug an diesem einförmigen gelbem Fluss gewesen — hörte er nicht fern, ganz fern und tief in seinem innersten Ich einen Ruf? Was es war oder wer es war, wusste er nicht, aber er hatte doch eine Ahnung: warteten die roten Blumen noch auf ihn?


Am gleichen Tage ging Khadia zu einem der weißhaarigen Priester und bat ihn um ein Pfund Sterling. Der Priester wandte den Kopf und sah Khadia verwundert an. Jetzt kannte er ihn ein volles Jahr, hatte in der ganzen Zeit in Khadia einen entsagenden Jüngling gesehen — was sollte dies nun heißen? Der Starrsinn in dem Priester wuchs. Aber als Khadia ihn ruhig fragte, ob er ihm denn das Geld nicht wenigstens leihen wolle, wurde der Alte erst recht unwillig, und wie ein leberkranker Schullehrer schlug er es Khadia rundweg ab, ihm zu helfen.

Und das war vonnöten. Khadia wurde hitzig. Das Blut ging mit ihm durch, er beschimpfte den Priester und machte sich auf den Weg in die Stadt.

Er war plötzlich wieder Mensch geworden, es war, als sehe er jetzt alles mit neuen Augen an: Zu dumm, dass er auch keine Kleider hatte. Wie sollte er nur hier wegkommen! Was war zu tun? Wenn wenigstens Willy Wood da wäre, um ihm zu helfen, dachte er, aber Willy, der war ja weit drüben in China.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Indien