Indien und „internationaler" Sozialismus

Es ist tatsächlich merkwürdig, dass die indische Frage vollständig von dem Holländisch-Skandinavischen Komitee ignoriert worden ist, da doch die englischen Sozialisten einstimmig (und selbst eine Anzahl englischer liberaler Imperialisten) die Gerechtigkeit und die Notwendigkeit einsehen, Indien eine selbstständige Regierung zu gewähren. Es kann nicht behauptet werden, dass sie Indien nur als eine innere Angelegenheit des britischen Reiches betrachten, da sie die Sache der Freiheit Indiens verteidigt haben und bestrebt waren, sie zu einer internationalen Frage auf verschiedenen sozialistischen Kongressen zu machen. In Amsterdam im Jahre 1904 sagte z. B. der Engländer Hobson, dass „die Millionen und abermal Millionen, die aus Indien nach England fließen, die Früchte unvergleichlicher Erpressung und Unterdrückung der Eingeborenen seien, gegen welche die Arbeiter aller Länder einen energischen Protest einlegen müssten“. Und van Kol, Vorsitzender auf diesem Kongress (und jetzt ein Mitglied ihres Holländisch-Skandinavischen Komitees) sagte unter stürmischen Applaus: „Ich erkläre hiermit, dass der internationale Sozialisten-Kongress von Amsterdam die verbrecherische Kolonialpolitik Englands in Indien als eine unauslöschliche Schande brandmarkt". Der Engländer Hyndman der „Big Navy Social Democrat", der so oft die Schändlichkeiten der englischen Herrschaft in Indien zur Kenntnis Europas gebracht hat, hat sich niemals durch seine antideutschen Gefühle für den Ernst der indischen Frage und die Gerechtigkeit der Forderungen Indiens verblenden lassen. Noch im Oktober 1916 schrieb er: . . . . . . „Ein Reich, das erklärt, einen Weltkampf auszufechten für die Erhaltung nationaler Rechte und nationaler Freiheit, kann anständigerweise nicht ein Fünftel aller Menschen fremder Gewalt und ungeheurer fremder Ausbeutung unterworfen halten. Wenn England in der Verfolgung einer verhängnisvollen Politik verharrt, kann über das schließliche Ergebnis wenig Zweifel bestehen. Selbst die Legionen Japans werden nicht genügen Indien in dauernder Knechtschaft zu halten."

Und schließlich hat Philip Snowden in einer am 3. Juni d. J. in Leeds gehaltenen Rede mit überzeugender Logik auf die Ironie und Farce der Formel „keine Annexion — keine Entschädigung“ hingewiesen, solange nicht die indischen, ägyptischen und irischen Fragen auf die gleiche Stufe mit denen Polens und Elsass-Lothringens u. a. gestellt werden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Indien und der Weltfrieden