Paris, 24. Mai 1848. - Meine liebe Jenny! ...

Auf Deinen lieben Brief vom 12. vorigen Monats habe ich lange nicht geantwortet -- nicht etwa, weil ich mich nicht mit Dir beschäftigt hätte, mein liebes Kind, bist Du doch der Mittelpunkt aller Gespräche zwischen mir und Deiner vortrefflichen Schwester, sind doch die Stunden, die ich bei ihr bin, meinem Herzen die teuersten!! Wir leben hier auf einem Vulkan, mein Kind, aber ich vertraue dem Stern dieses großen und edlen Frankreich, für das ich noch mit Freuden die letzten Jahre, die mir zu leben übrig bleiben, opfern möchte! Es scheint mir nebenbei, daß es auch in Eurem Lande nicht friedlicher ist, was mich sehr beunruhigt -- habe ich doch auch dort Wesen, die meinem Herzen teuer sind! Küsse aufs zärtlichste Deine lieben kleinen Kinder; lehre sie, mich zu lieben, ohne daß sie einen Augenblick aufhören, das Andenken ihrer herrlichen Großmutter zu ehren! Ich verlasse mich auf meine Jenny, daß dieses Ziel erreicht wird! Drücke Deinem Mann in meinem Namen herzlich die Hand; in diesen Zeiten müssen die Männer vor allem einander entgegenkommen; vielleicht ist die Zukunft nicht so dunkel, als Viele es glauben annehmen zu müssen. Ich segne Dich, meine liebe Jenny, und drücke Dich an mein Herz.

Jerome N.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Im Schatten der Titanen