Le Havre, den 2. September 1857. - Meine liebe Jenny!

Ich beantworte Deinen Brief vom 26. vorigen Monats, der mich hier erreicht hat, wo ich seit vierzehn Tagen bin, und wo die Seeluft mir vortrefflich bekommt (Du weißt, ich nehme keine Seebäder). Ich baue sogar an einem Luftschloss, das sich hoffentlich nächstes Jahr verwirklicht: Dich mit Deinem Mann und Deinen Kindern hier her kommen zu lassen. Das würde Dich freuen, meine liebe Jenny? Ich, der ich Dein liebevolles Herz kenne, bin davon überzeugt. -- Dein Brief hat mich sehr interessiert. Ich möchte nur, daß mein lieber Otto seine Gesundheit schont, die nichts jemals ersetzen kann. Ich kann mich als Beispiel anführen; ich, der ich 73 Jahre alt bin und vom Alter gar nichts spüre, und darum noch so glücklich bin, meinem Vaterland und meiner Familie zuweilen noch nützlich sein zu können. -- Mein guter Napoleon assistiert im Augenblick der Grundsteinlegung der Rhone-Brücke und der ersten Eröffnung des Mont Cenis; das liebe Kind ist mein Glück und mein Stolz, und seine Liebe entschädigt mich für manche Lebensleiden. (Die gute Pauline, deren zärtliche Liebe ich kenne und die ich darum doppelt liebe, schafft sich übrigens mehr Sorgen, als vorhanden sind -- sage es ihr recht deutlich.)

Sage Otto, daß man ein Duell vermeiden muss, wenn die Ehre nicht verletzt ist, daß es aber beim Beginn des Lebens auch darauf ankommt, nicht für feige gehalten zu werden -- ich bin übrigens überzeugt, daß er getan hat, was zu tun notwendig war. Küsse ihn und Deine anderen Kinder von mir.


Ich umarme Dich zärtlich.

Dein Dich liebender Vater

Jerome.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Im Schatten der Titanen