1. Kapitel Aufgehängt -1-



Unser nächstes Ziel war, wie bereits erwähnt, der Maijeh Semkat, zu deutsch der Maijeh der Fische. Dieser Name sagte uns, daß wir dort auf reichliche Fleischnahrung rechnen konnten. Drei Tage brauchten wir bis dorthin. Dann mußten wir das Schiff verlassen und den Landweg antreten. Aber wie? Marschieren? Durch diese sumpfige Gegend! Das wäre eine böse Anstrengung gewesen, bei welcher wir nur höchst langsam vorwärts gekommen wären. Also reiten? Ja; aber auf was für Tieren? Pferde und Kamele giebt es in diesen Regionen nicht; sie sind vollständig unnütz und gehen überhaupt sehr schnell zu Grunde. Man bedient sich dort eines Reittieres, welches freilich nicht so edel wie das arabische Roß und nicht so oft besungen wie das „Schiff der Wüste“ ist, nämlich des Ochsen.


Diese Tiere gedeihen am sümpfereichen Obernile ganz vortrefflich. Sie sind stark, schnell, gelehrig und dabei recht gutmütig. Die Reitochsen scheinen sich durch Zucht herausgebildet zu haben und eine Rasse für sich zu sein. Natürlich werden sie auch zum Tragen von Lasten verwendet.

Konnten wir solche Tiere bekommen, so hatte die Berechnung der Zeit ein sehr günstiges Resultat für uns. Ibn Asl wollte im ganzen zwanzig Tage brauchen; er war erst fünf fort und gelangte also wahrscheinlich nach fünfzehn Tagen an sein Ziel. Wir aber konnten in neun Tagen Wagunda erreichen, und so bekamen wir einen Vorsprung von sechs Tagen, welcher mehr als ausreichte, ihm dort den von uns beabsichtigten Empfang zu bereiten. Nur fragte es sich, woher für uns alle Reit- und für unser Gepäck Lastochsen bekommen. Wir mußten sie uns eben in der Gegend unseres nächsten Zieles, des Maijeh Semkat, suchen.

Da oben wohnen die Bor, welche ungefähr zehntausend Köpfe zählen, die vierzig Dörfer bewohnen und sehr große Rinderherden besitzen. Glücklicherweise sind diese Bor ein Zweig des großen Dinka-Volkes, und da es die Rettung der ihnen stammverwandten Gohk galt, so glaubten wir, bei ihnen die notwendige Unterstützung zu finden.

Dabei handelte es sich auch um die Zeit. Wir wollten nicht gern einen Tag versäumen und mochten also die Unterhandlung mit diesen Leuten nicht bis zur Ankunft unseres Schiffes aufschieben. Darum wurde beschlossen, das große Boot vorauszusenden, welches acht Ruderer und einen Steuerer mit den notwendigen Mundvorräten faßte. Acht Ruderer gaben demselben eine weit größere Geschwindigkeit als der ‚Falke‘ selbst beim allerbesten Winde entwickeln konnte. Ich sollte die Leitung übernehmen und erhielt vom Emir die Vollmacht, ganz nach Gutdünken mit den Schwarzen zu verhandeln. Als Ruderer wurden acht der kräftigsten Männer ausgewählt, unter denen sich der Dinka Agadi befand, der den Dolmetscher zu machen hatte, weil keiner von uns der Dinkasprache ganz mächtig war. Daß wir alle auch wohlbewaffnet waren, versteht sich ganz von selbst. Einige der Asaker wollten wissen, daß der Maijeh Semkat von Nilpferden wimmele und an seinen Ufern ganze Herden Elefanten zu finden seien. Das ließ mich ein interessantes Jagdvergnügen erhoffen.

Dieser Plan wurde kurz nach unserer Abfahrt von der zerstörten Seribah besprochen und auch sofort ausgeführt. Wenige Zeit später waren wir neun Männer dem ‚Falken‘ schon sehr weit voran.

Die Ufer des Flusses waren während unserer ganzen Bootsfahrt dicht bewaldet; auf dem Wasser gab es oft und reichlich Schilf, was uns aber nicht aufhielt, da wir überall leicht durchkamen. Um die Kräfte meiner Leute zu schonen, ließ ich abwechselnd vier und vier rudern; ich selbst saß am Steuer. Selbstverständlich führten wir auch ein Segel, um uns die Gunst des Luftstromes nutzbar zu machen.

Am Abende legten wir an, um den Aufgang des Mondes zu erwarten und dann weiter zu fahren. Ich mußte wenigstens eine kurze Zeit schlafen, da ich während der ganzen letzten Nacht kein Auge geschlossen hatte. Agadi befand sich in derselben Lage. Die andern aber hatten auf dem Schiffe ihre volle Ruhe gehabt. Ein Feuer schützte uns gegen die Stechfliegen, welche hier höchst lästig werden. Die Breite, in welcher wir uns befanden, gehört schon dem Gebiete der mit vollem Rechte berüchtigten Baudah an.

Der Nordländer hat nicht die geringste Idee von der Höhe, welche die Insektenplage dort erreicht. Unsere Stubenfliege, ja unsere so zudringliche Wasserschnake sind Engel gegen die höllischen Kreaturen, welche dort in Insektengestalt die andern Geschöpfe peinigen. Der Neger brennt große Haufen von Holz, Mist und nassem Stroh an, um seine Herde bei denselben lagern zu lassen. Er selbst gräbt sich bis an das Kinn in die heiße, stinkende Asche ein, um die Mücken und Fliegen von seinem Körper abzuhalten. Die greulichen Puppiparen (Lausfliegler) bedecken die Rinder und Schafe oft in solcher Menge, daß die Haut gar nicht zu sehen ist. Einer solchen tage-, wochen- und monatelang fortgesetzten Plage muß das stärkste Rind erliegen. Darum ist selbst der letzte Matrose mit einer Namusiah (Mückennetz) versehen, und auf den Sklavenzügen hüllt sich der ärmste Askari in sein Netz, während freilich die bedauernswerten Schwarzen der entsetzlichen Plage vollständig preisgegeben sind.

Als der Mond über dem Walde stand, wurde ich geweckt, und es ging weiter. Der Schnabel des Bootes war mit einer Lehmdecke versehen, auf welchem wir ein Feuer brannten. Dieses schützte uns gegen die Fliegen und gewährte uns zugleich den Vorteil, Fische stechen und daran braten zu können. Der Rohl ist an Fischen sehr reich. Besonders reichlich wurde eine kleinere Welsart, welche sehr wohl schmeckt, gefangen.

Wir ruderten die ganze Nacht durch. Als am Morgen der Wind erwachte, wurde das Segel gerichtet und einem übergeben, während die andern sich, soweit es gehen wollte, in dem Boote niederlegten, um ein wenig zu schlafen. Dann wurde wieder gerudert, zur heißesten Mittagszeit abermals nur gesegelt, später wieder zu den Rudern gegriffen und dabei eine so bedeutende Strecke zurückgelegt, daß ich nach meiner Karte die Nähe des gesuchten Maijeh Semkat vermuten mußte. Einer der begnadigten Asaker Ibn Asls war bereits einmal dagewesen und hatte mir gesagt, daß der Eingang zum Maijeh gar nicht verfehlt werden könne, weil kurz vorher der gewöhnliche Baumschlag aufhöre und von einem sehr ansehnlichen Delebwalde abgelöst werde.

Die Delebpalme ist neben der Dattelpalme die schönste Palme Nordostafrikas. Sie hat einen hohen, schlanken Stamm, welcher in der Mitte bauchig anschwillt und dann allmählich wieder dünner wird. Er erinnert dadurch an die Säulen mancher altägyptischer Bauwerke. Die dichte Krone besteht aus vielen dunkelgrünen Blattwedeln, welche denen der Dompalme sehr ähnlich sind. Die Früchte besitzen in reifem Zustande eine pomeranzengelbe Farbe und erreichen die Größe eines Kinderkopfes. Das Holz wird vorzugsweise zur Anfertigung leichter Boote und als Reibstock für das Getreide verwendet.

Der Abend war schon ziemlich nahe, als zu unserer Rechten das gesättigte Grün eines Delebwaldes erschien. Wir ruderten eine halbe Stunde an demselben hin, dann schien ein Arm des Flusses rechts abzugehen. Als wir demselben folgten, zeigte es sich, daß er sich bald zu einem weiten, seeartigen Becken erweiterte, welches der Maijeh Semkat, unser Ziel, war.

Wir hatten während der ganzen Fahrt keinen Menschen gesehen, und auch hier schien es, als ob uns keine Begegnung bevorstehe. Wir ruderten in den Maijeh hinein, dessen beide Ufer wir zunächst sehen konnten; dann traten sie soweit auseinander, daß wir uns, um gebotenen Falls schneller landen zu können, an das rechte hielten und demselben entlang fuhren. Während wir nahe am Lande schnell dahinglitten, suchte ich dasselbe mit gespannter Erwartung nach Spuren ab, welche auf die Anwesenheit menschlicher Wesen schließen ließen, lange Zeit ohne Erfolg. Die Zeit der kurzen Dämmerung näherte sich rasch, und schon glaubte ich, annehmen zu müssen, daß wir die kommende Nacht für unsern Zweck verlieren würden, als ich ein eigentümliches, guillotineartiges Gestell bemerkte, welches einige Schritte vom Ufer entfernt angebracht war. Vom Wasser aus führte ein tief ausgetretener Pfad zwischen den beiden Seitenpfosten und unter dem Querholze hindurch. An dem letzteren hing an einem schweren Steine eine kurze, eiserne Lanze, welche mit einer langen Leine in Verbindung stand, deren anderes Ende an ein leichtes Schilfbündel befestigt war. Die Spitze der Lanze war mit einem scharfen Widerhaken versehen.

Dieses Gestell war eine Nilpferdfalle. Das Nilpferd ist nämlich keineswegs ein so friedliches Tier, wie es oft beschrieben wird. Es greift den Menschen im Wasser sogar sehr oft ungereizt an. Verwundet ist es doppelt gefährlich, taucht unter und stößt dann wieder empor, um den Kahn des Feindes umzuwerfen und den letzteren zwischen den weit spannenden Kiefern zu zermalmen. Darum weicht ihm der Neger, wenn möglich, auf dem Wasser aus, stellt ihm aber desto eifriger am Lande nach, da das Fleisch und ganz besonders der Speck dieses Tieres ein sehr gesuchtes Nahrungsmittel ist. Selbst Weiße halten den Speck für wohlschmeckend und erklären die Zunge für eine Delikatesse.

Das Nilpferd hält sich tagsüber auf dem Grunde des Wassers auf und steigt am Abende an das Land, um sich an saftigen Pflanzen zu äsen. Besonders gern geht es da in die Zuckerrohr- und andere Felder, in denen es große Verheerungen anrichtet, da es wenigstens ebenso viel niedertritt, als es abweidet. Es hat da, wie fast jedes Wild, seinen bestimmten Wechsel, den es täglich benutzt, bis es ihn aus irgend einem Grunde aufzugeben gezwungen ist. Auf diesem Wechsel nun stellen die Neger ihre Fallen auf, schwebende Spieße oder Harpunen, welche, um einen kräftigen, tiefgehenden Stoß zu erzielen, mit Steinen beschwert sind. Die Fallen sind mit Vorrichtungen versehen, welche, sobald sie von dem Tiere berührt werden, die Harpune von ihrem Halte lösen und zum Falle bringen. Sie sticht sich tief in den Nacken oder Rücken des Tieres ein und kann infolge des Widerhakens von demselben nicht abgeschüttelt werden. Das verwundete Tier stürzt sich ins Wasser und verblutet nach und nach. Die Leiche kommt nicht sofort zur Oberfläche, sondern bleibt oft tagelang und noch länger unten. Wegen der in jenen Gegenden so außerordentlich schnell eintretenden Fäulnis würde das Fleisch verloren sein, aber die Harpune ist, wie schon bemerkt, mit einer langen Leine versehen, an welcher ein Schilfbündel hängt. Dieses letztere kann nicht un tergehen; es schwimmt auf der Oberfläche des Wassers und zeigt den Suchenden an, an welcher Stelle das erlegte Wild zu finden ist.

So eine Falle hatten wir vor uns. Der unter derselben hindurchführende Pfad war der Wechsel eines Nilpferdes. Ich schloß natürlich: Wo man eine Falle aufgestellt hat, muß es Menschen geben, und richtete das Steuer nach dem Ufer. Aber ich hütete mich, gerade an dem Wechsel zu landen, und zwar nicht etwa aus Furcht vor dem Tiere, sondern aus Vorsicht betreffs der Menschen, welche wir aufsuchen wollten.

Noch wußten wir nicht, ob wir bei ihnen eine freundliche Aufnahme finden würden. Sie kamen jedenfalls zur Falle, um nachzusehen, und mußten, wenn wir dort landeten, unser Boot finden, auf welchem, wenn wir angegriffen wurden, unsere Rettung beruhte. Es mußte uns also auf jeden Fall erhalten bleiben. Darum steuerte ich es noch eine Strecke am Ufer hin und legte erst dann an, als wir an einen schmalen Einschnitt kamen, den das Wasser machte und dessen Seiten so mit hohem, dichtem Schilfe bewachsen waren, daß man ihn kaum bemerken konnte. In diesen lenkte ich das Boot, welches, nachdem wir ausgestiegen waren, so in und unter das Schilf gezogen und geschoben wurde, daß es von einem Fremden fast unmöglich entdeckt werden konnte.

Jetzt mußten meine Leute warten, und ich ging zu der Falle, um sie und ihre Umgebung nach Spuren zu untersuchen. Es galt, zu entdecken, nach welcher Richtung wir uns zu wenden hatten, um diejenigen zu finden, von denen die Falle errichtet worden war. Das wollte ich ganz allein thun, um Spuren, welche uns verraten konnten, zu vermeiden.

Das war freilich nicht leicht, denn das Ufer war sumpfig, und die Füße sanken ein; aber die dadurch entstehenden Vertiefungen füllten sich sehr rasch mit so dicker, trüber Flüssigkeit, daß die Stapfen mir keine Sorge machen konnten. Um jedoch ganz und gar sicher zu sein, band ich mir Schilf um die Füße, so daß die Löcher, welche ich trat, fast genau den runden, großen Stapfen eines Nilpferdes glichen.

Bei der Falle angekommen, fand ich die Eindrücke nackter Menschenfüße. Als ich dieselben genau betrachtete, sah ich, daß die Leute, von denen sie herrührten, im Laufe des Nachmittages hier gewesen sein mußten. Um die beiden Pfähle war der weiche Boden aufgewühlt und hatte sich noch nicht wieder gesetzt. Ich schloß daraus, daß die Falle erst heute errichtet worden war.

Die Leute, welche diese Arbeit verrichtet hatten, waren nicht per Boot hier gewesen, sondern in und durch den Wald zurückgekehrt, wie die Fährte zeigte, welche sie gar nicht deutlicher hätten zurücklassen können. Ich beschloß, derselben eine Strecke weit zu folgen.

Der Wald bestand auch hier aus Delebpalmen, deren Kronen ein beinahe geschlossenes Dach bildeten. An den Stämmen rankten sich Schlingpflanzen empor, welche ihre Ausläufer nach allen Seiten sandten und zwischen den Palmen ein so dichtes Gewebe bildeten, daß ein Vordringen nur mit Hilfe des Messers möglich war. Darum waren die Neger gezwungen gewesen, sich einen Pfad durch dieses Geflecht zu hauen. Ich folgte demselben, immer bereit, bei einer etwaigen Bewegung schnell zur Seite abzuweichen, um mich zu verstecken.

Nach ungefähr fünf Minuten öffnete er sich auf eine lichte Stelle des Waldes, welche wohl durch Windbruch entstanden war. Auf derselben sah ich sechs Tokuls von solchem Umfange und so leichter Bauart, wie sie der Neger nur für einen kurzen Aufenthalt errichtet. Die Größe der Hütten ließ vermuten, daß trotz der geringen Anzahl derselben nicht wenige Menschen unter den sechs trichterförmigen Schilfdächern wohnten.

Vor den Thüren lagen, saßen und standen die Schwarzen, lauter Männer, wie ich sah. Einige von ihnen waren beschäftigt, Feuermaterial zusammen zu tragen, denn in wenigen Minuten mußte es dunkel werden. Wachen waren nicht ausgestellt; die Leute schienen sich hier vollständig sicher zu fühlen. An den Tättowierungen erkannte ich, daß ich Dinka vor mir hatte, also wohl Dinka von der Abteilung der Bor, welche wir suchten.

Ich kehrte auf dem Wege, den ich gekommen war, erst bis zu der Falle und dann zum Boote zurück. Dort erzählte ich, was ich gesehen hatte. Agadi, unser Dolmetscher, sagte:

„Das sind Krieger der Bor, Effendi. Sie befinden sich auf einem Jagdzuge und haben darum keine Frauen mit. Laß uns sofort zu ihnen gehen!“

„Meinst du, daß sie uns freundlich aufnehmen werden?“

„Ja. Warum sollten sie das Gegenteil thun? Wir kommen in freundlicher Absicht, und ich als ein Dongiol bin Stammesgenosse von ihnen. Komm, wir wollen gehen!“

Er wendete sich in der Richtung nach der Falle ab, um dieselbe einzuschlagen.

„Halt!“ gebot ich ihm. „Laß uns dennoch vorsichtig sein! Es ist noch nicht so gewiß, wie du denkst, daß wir ihnen willkommen sind. Wenn wir uns zum Rückzuge gezwungen sehen sollten und nur den einen Weg nach der Falle hätten, so ist ihnen derselbe bekannt und sie können uns leicht verfolgen.“

„Wir haben doch gute Gewehre! Wir sind ihnen überlegen.“

„Ich fürchte mich nicht etwa vor ihnen; aber wenn wir Verluste vermeiden können, warum sollen wir es nicht thun? Machen wir uns einen zweiten Weg, welcher von hier aus direkt nach den Tokuls führt.“

„Wirst du die Richtung treffen?“

„Ganz gewiß. Falls wir fliehen müssen, ist ihnen dieser Weg unbekannt, und sie können uns nicht folgen. Dadurch gewinnen wir Zeit, unser Boot flott zu machen.“

„Wie du willst, Effendi; aber notwendig ist diese Arbeit nicht.“

Mochte er sich irren oder nicht, ich hielt es für besser, eine gesicherte Rückzugslinie zu haben. Wir zogen die Messer, hingen die Gewehre um und begannen, uns einen Weg durch die Schlingpflanzen zu bahnen. Wir thaten dies selbstverständlich soviel wie möglich ohne Geräusch. Ich gab die Richtung an. Unsere Messer waren scharf und wir rückten ziemlich rasch vor. Dennoch wurde es dunkel, ehe wir die Lichtung erreichten. Da zündeten die Bor ihre Feuer an, so daß wir uns nach dem Scheine derselben richten konnten.

Je weiter wir uns vom Ufer entfernten, desto trockener und fester wurde der Boden, was uns natürlich sehr willkommen war. Endlich hatten wir die Lichtung erreicht und sahen die Hütten vor uns liegen. Die erste derselben war von dem Orte aus, an welchem wir uns befanden, mit dreißig Schritten zu erreichen.

Vor jeder brannte ein Feuer, an welchem die Insassen beschäftigt waren, sich Fleisch zu braten. Der Duft desselben drang zu uns herüber. Agadi sog die Luft durch die Nase, schnalzte leise mit der Zunge und sagte:

„Das ist Mischwi el Husahn el Bahr 1). Sie müssen heut früh ein Nilpferd erlegt haben. Effendi, wir werden mit ihnen essen. Gehen wir gleich zusammen, oder soll ich erst mit ihnen sprechen?“

„Nein. Wir wählen keines von beiden, sondern den Mittelweg. Wir gehen zusammen bis an die erste Hütte. Dann trittst du vor, sie zu begrüßen und mit ihnen zu sprechen. Sobald du bemerkst, daß sie uns nicht wohlwollen, eilst du zu uns zurück; das weitere wird sich dann finden.“

Agadi war einverstanden, und so schritten wir vorwärts. Da auch jetzt kein Wächter ausgestellt war, sah man uns nicht eher, als bis der Schein der Feuer auf uns fiel. Derjenige, welcher uns zuerst erblickte, stieß einen lauten Schrei aus, sprang auf und zeigte auf uns. Aller Augen richteten sich auf uns; ein vielstimmiger Schrei antwortete ihm; dann verschwanden die Schwarzen mit unglaublicher Schnelligkeit im Innern ihrer Hütten.




1) Nilpferdbraten

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Im Lande des Mahdi 3. Band