Fortsetzung II

Wenden wir uns nun den andern Flüssen und Bächen zu, welche slawische Namen führen, so muss uns auffallen, dass es im Vogtlande drei Gewässer gibt, welche im Allgemeinen gleiche Benennungen erhalten haben. Es ist die Trieb, welche sich am Stationsorte Jocketa in die Elster ergießt; ferner der Triebelbach, welche vom Schirningwalde ziemlich nördlich fließt und bei Triebel und Rosental ebenfalls in die Elster mündet, und endlich die Triebs im reußischen Vogtlande, deren Quellen im Pöllwitzer Walde liegen und welche von der Weida aufgenommen wird. „Trieb, Triebs und Triebel" können entweder von dem slawischen trebam, ich brauche, ich bedarf, oder von drewo, das Holz, abgeleitet werden. Hält man das Letztere für richtig, so würde jedes der Gewässer im Deutschen „Holzbach" heißen. Dieser Name nimmt insofern für sich ein, als wir auch in der Treuenschen Gegend einen „Holzbach" haben, welcher bei Hartmannsgrün entspringt. Die reußische Triebs führt nach Schumann Lexikon von Sachsen, 12. B. S. 36.) bis zum Einfluss in den großen Pöllwitzer Teich den Namen „Kollis" und erst bei ihrem Ausflusse aus diesem erhält sie ihre richtige Benennung Triebs. Der Name Kollis erscheint mir ebenfalls als slawisch. Das wendische kolesko, bezeichnet einenteils ein Rad, andernteils einen Strohzopf, welcher früher von den Mädchen in der Lausitz auf die kurzgeschorenen Haare als ein Kranz gebunden ward. Er diente dann zur Ausfüllung der Haube. Ist nun auch in einem mir bekannten Falle die Bezeichnung eines wendischen Kopfputzes gleichzeitig auch der Name eines Flusses, indem auf einer Karte des Rothenburger Kreises (Verlag von Leuckart in Breslau, 1833) der faule Schöps als „Tscheps", d. h. eigentlich eine weiße Schleife unter schwarzer Haube, angegeben wird, so dürften wir bei Kollis doch eher an die Bedeutung Rad, als an den, Strohkranz denken. Vielleicht erhielt das Wasser seinen Namen, weil es Wirbel bildete, nach der Redensart: woda dokoleska d?e, d. h. das Wasser dreht sich, es fließt im Strudel fort.

Der Name Pleiße wird von Limmer mit „Schlammfluss", von Anderen mit „flaches Wasser" übersetzt; blot, blotny heißt der Sumpf, das wendische bloto bezeichnet den Schmutz auf der Gasse. Die Hauptquelle der Pleiße ist der Lindenborn bei Ebelsbrunn; man hält ihn für die Quelle Albodistudinza d. h. die Albo-Quelle, Born des Albo, welche als ein Grenzpunkt der Parochie Zwickau im Jahre 1118 urkundlich genannt wird. (Schumann, Lex. v. Sachsen, 15. B. S. 454. u. Dr. Herzog im 20. u. 21. Jahresbericht d. vogtl. alterth. Vereins S. 86.) — Wie die Pleiße führt auch die Mulde einen slawischen Namen, der vielleicht mit Moldau (Moldawa) gleiche Bedeutung hat. In älteren Zeiten kommt gewöhnlich, und selbst urkundlich der Name „Milde" vor, und es wird vermutet, dass diese abweichende und deutsch klingende Benennung ihren Ursprung den sächsischen Ansiedlern zu danken habe. — Ganz an der Westgrenze des alten Vogtlands gibt es ein Lausitzbächlein, welches in die Orla mündet; wir werden hierbei auf das slawische lu?a, der Sumpf, oder auf luck, die Wiese, und das davon abgeleitete luczny hingewiesen. — Den Namen Leube oder Liebenbach, für ein Gewässer östlich von Hohenleuben, können wir von lobio, d. h. tief, ableiten; der Name Kemnitzbach weist uns dagegen auf das wendische kamen, der Stein, und das davon abgeleitete kamentny, d. h. steinig, hin. Unsicher ist, mit Rücksicht auf die früher angegebene Tatsache, dass die Slawen ihre Flussbenennungen nie von Namen einzelner Bäume ableiteten, die Zurückführung des Namens Ölsenbach, mit dem man einen Teil des Clodrabachs bezeichnet (Schumann, Lex. v. Sachs. 16. S. 965), von wolscha oder olsza, die wendischen und polnischen Bezeichnungen für Erle. — Der Döbrabach, welcher auf der südlichen Abdachung hinab nach Böhmen fließt und dem der Gold- und Brunnbach Verstärkung zuführen, wird wie die Döbra im naila'schen Bezirke in deutscher Übertragung zum „guten Bache". — Unsicher ist die Ableitung des Namens Moschwitzfluss; man könnte an das wendische moschk, die Flaumfeder, oder was noch näher liegt, an mooch, das Moos, denken; moz, d. h. feucht, gibt einen dritten Fingerzeig für eine Deutung. — Im Osten der Provinz finden wir den Crinitzbach, und nahe an der Grenze, im erzgebirgischen Kreise, liegt Ober-Crinitz. Steht dieser Name, fragen wir, mit dem Vogel Krienitz, wie im Vogtlande und anderwärts der Kreuzschnabel genannt wird, in Verbindung? Im Kirchen- und Gemeindesiegel des angegebenen Dorfes wird allerdings ein Kreuzschnabel geführt Schumann, Lex. v. Sachs. 7. B. S. 475.), und man behauptet, dass die vielen Krienitze, welche früher in der Gegend lebten, Veranlassung zum Namen gaben. Das Wort ist jedenfalls ein slawisches; bei Neschwitz in der Oberlausitz gibt es ein Dörfchen gleichen Namens, welches wendisch Krojnza heißt. Im Erzgebirge, an der Wilzsch, sagt man statt Krienitz: Grünerts; da aber mit dem letzteren Worte die Pflanzennamen „Grünitz, Grinitsch", welche das gemeine Besenkraut (Spartium scoparium) bezeichnen, verwandt erscheinen, so könnte man bei einer Ableitung des Namens Crinitzbach vielleicht auch auf genannte Pflanze Rücksicht nehmen. — Die Wilzsch, der Wilschnitzbach bei Rauschengesäß und ganz besonders der Mihlzbach bei Seysla werden von mancher Seite mit dem Milczenerstamme, der aber nie im Vogtlande gewohnt hat, in etwas kühner Deutungssucht verbunden. Eher würde ich bei erstgenannten Bächen, sowie beim Welzebach bei Ronneburg an das slawische weljcy-lupinus (welk, der Wolf) denken. Mit mehr Wahrscheinlichkeit darf man es aussprechen, dass von den alten Sorben der Sorbitz-, Sorbis-, Sormitz- und, der Sormatzbach ihre Namen haben. — Der Trujabach bei Wurzbach weist uns vielleicht aufs slawische druha oder drucha, der Weg, der Schlödenbach, welcher vom Greizer Walde aus nach der Elster fließt, auf sloto, das Gold, und die Weida auf wi, den Stamm von wicz, d. h. winden, hin. — Von dem bereits genannten rjcka, der Fluss, oder von dem damit verwandten ros und rycz, reißen, bohren, wühlen, sind endlich jedenfalls die Namen Regnitz, Retzsch-, Ritschke und Rieschnitzbach abzuleiten. Die Schweßnitz, welche im Ascher Gebiete entspringt und bei Oberkotzau in die Saale fließt, hat man mit dem Swantewit in Verbindung bringen wollen (Ernst, Gesch. u. Beschr. des Bezirks u. d. St. Hof S. 19.); der Fluss Selbitz aber, welcher seinen Ursprung in dem Tatainsbrunnen bei Wüstenselbitz hat, erinnert durch den Marktflecken gleichen Namens, der ursprünglich Silewize heißt, in seiner ersten Hälfte an das slawische sell, das Salz, in der zweiten jedoch an swieza, das Licht, ohne dass ich beide Wörter in Verbindung zu bringen weiß. — Unbekannt hinsichtlich ihrer Abstammung, die aber ebenfalls in einer slawischen Wurzel liegt, sind mir die Namen Sprese, Röttis, Lemnitz, Piezbach, Pyra, Milmes, Löpnitzbach, Lamitz, Pörsnitz und noch andere. Manche ältere slawische Benennungen gingen im Volksleben verloren; so wird auf alten Karten noch der Taltitzer als Eyditzbach bezeichnet. (Lexicon v. Sachsen, 12. B. S. 141.)