Fortsetzung 5 - Das 17. Jahrhundert steht in üblem Ruf. Aber gerade in diesen schweren Zeitläuften ...

Das 17. Jahrhundert steht in üblem Ruf. Aber gerade in diesen schweren Zeitläuften hat sich bewährt, welch kostbaren Schatz der Humanismus der Nation mitgegeben hatte. Die vielgeschmähte Zeit ist von einer nationalen Gesinnung, die wir nicht missachten wollen, weil sie auch lächerliche Züge bietet. Und diese Gesinnung ist ganz und gar humanistischer Herkunft, nur daß die neuen Humanisten, Opitz voran, von den holländischen Kollegen gelernt haben, auch in der Frau- Muttersprache zu dichten. Es kommen die Tage des Purismus und des begeisterten Studiums der alten teutschen Haupt- und Heldensprache: die Sprachgesellschaften kopieren humanistische Akademien Italiens und Deutschlands, verwirklichen was Celtes einst unermüdlich angestrebt. Es erwächst eine ganze Arminiusliteratur, von der Rede bis zum Kolossalroman; und die biederen alten Teutschen, König Ehrenfest und wie sie heißen, müssen auf einsamen Ruinen ihren entarteten Nachfahren von der Größe und Kraft teutscher Art predigen: nun, schon Hutten hatte Arminius in einem Totengespräch vorbildliche Ehren erweisen lassen. Und in dem allegorischen Stil humanistischer Elogia und Threni wird die allerschönste Jungfrau Germania besungen, in ihrer Herrlichkeit und in ihrem Elend. Die große Vergangenheit als frohe Verheißung großer Zukunft hat den Mut gestählt, um die fürchterlichen Jahre zu ertragen, da die Horden fremder Heeresscharen alles zu zerstören drohten. Und dieser starke humanistische Impuls überdauert die national indifferente Periode der Aufklärung: noch Klopstock und Wieland haben Armin Huldigungen dargebracht, die die Abstammung aus dem 17. Jahrhundert nicht ganz verleugnen. Aber den Geist einer neuen Zeit atmet es schon, als der letzte große Humanist unseres Volkes, er gepanzert vom Wirbel bis zur Zehe mit blitzenden humanistischen Waffen, als Gotth. Ephr. Lessing uns jenes nationale Lustspiel schenkt, dessen jugendliche Lebenskraft, dessen herzstärkende Vaterlandsliebe uns hier in Berlin noch jüngst mit fast überraschender Frische bewegt hat.