Der Sanct Veitstanz
Zu den seltsamsten Erscheinungen, die am menschlichen Körper gewahr werden, gehört der Sanct Veitstanz. Man versteht unter diesem Namen eine Krankheit, welche sich vorzüglich durch schnell wechselnde Krämpfe in den Muskeln der äußern Glieder offenbaret, wodurch so heftige und mannigfaltige Bewegungen des Körpers hervorgebracht werden, dass der Kranke das Ansehen eines Tanzenden und Springenden bekommt. Zuerst entstehen einfache Zuckungen in einem Gliede, z. B. in dem einen Beine, wodurch dieses unwillkürlich bewegt wird. Bald kommen die Krämpfe auch in das andere Glied, und die Bewegungen werden vielfältiger. Zuletzt verbreiten sich die Krämpfe in mehrere Glieder, Arme und Beine bewegen sich schnell und abwechselnd auf eine wunderliche Weise; die Kranken laufen in der Stube herum, springen auf Tische und Bänke, und mit bewundernswürdiger Schnellkraft an den Wänden hinauf. Durch diese übermäßigen Anstrengungen erschöpft sich endlich die Muskelkraft, und nachdem diese Bewegung eine Viertel-, Halbe- oder zuweilen auch eine Stunde lang gedauert hat, tritt auf einige Zeit wieder Ruhe ein. Jeden Tag, in manchen Fällen zu bestimmten Stunden, zuweilen auch mehrmals des Tags, kehren die Krämpfe zurück, und das Springen geht von neuem an. Die Kranken fragen wenig nach Essen und Trinken, wollen stets nur tanzen, und ihr Körper ist selbst im Schlafe in steter Bewegung. Hält man sie von dieser Bewegung und dem Tanzen ab, so befinden sie sich viel elender. Während der Tanzepoche wissen die Patienten gar nichts von sich selbst.
Der älteste Schriftsteller, der dieser Tanzwut oder Tanzkrankheit gedenkt, ist wahrscheinlich Wilhelm von Malmesbury, der um das Jahr 1140 lebte. Er erzählt in seiner englischen Geschichte: „Sechzehn betrunkene Bauern und drei Weiber waren vor Weihnachten des Jahrs 1021 ganz sonderbarer Weise von der Tanzwut ergriffen, auf dem Kirchhof des Klosters an der Wipper, unweit Bärenburg gelegen, tobend umhergesprungen, und hatten mit Lärmen und Schreien den Priester Rubert im Messlesen gestört, sich auch nicht das wollen wehren lassen, daher er im heiligen Eifer ausgerufen habe: Ey so tanzt ein ganzes Jahr. Das sei auch geschehen, bis der Erzbischof von Köln ihnen diesen Fluch wieder abgenommen habe. Die Weiber waren gleich gestorben, die Andern aber hatten lebenslang Zittern behalten, und waren nie fröhlich geworden. Einer dieser Tänzer, Otpart genannt, hat über diese Begebenheit ein Selbstbekenntnis ausgestellt, welches uns aufbewahrt worden ist. Es befindet sich in Beckmanns Historie von Anhalt 3 Th. 465.
Nach einer alten handschriftlichen Chronik der Stadt Erfurt versammelten sich im Jahr 1257 ganz unvermutet und auf einmal über hundert Kinder auf der Gasse, Knaben und Mägdlein, fingen an zu tanzen, und tanzten zum Tore hinaus, in einem fort tanzend, bis nach Arnstadt, wo sie ganz matt und ermüdet, an den Mauern auf der Gasse nieder und in tiefen Schlaf fielen. Sie wurden auf Wagen von ihren Eltern zurück geholt. Viele aber hatten ein Zittern bekommen, welches sie lebenslang nicht wieder verlieren konnten.
Die alte Limburger Chronik erzählt: Im Jahr 1347, mitten im Sommer, da erhub sich ein wunderliches Ding auf dem Erdreich und sonderlich in den deutschen Ländern auf dem Rhein und auf der Mosel, also, dass Leute anhuben zu tanzen und zu rasen, und stunden je zwei gegen einander und tanzten auf einer Stell ein halben Tag, und in dem Tanz, da fielen sie etwa, dick nieder, und ließen sich mit Füßen treten auf ihren Leib. Davon nahmen sie sich an, dass sie genesen waren, und liefen von einer Stadt zur andern , und von einer Kirche zu der andern, und huben Geld auf von den Leuten, wo es ihnen mocht geworden. Und fand man, dass es eine Ketzerei war, und geschah um Geldes willen. Und fand man zu Köln mehr denn hundert Frauen und Dienstmägde, die alle in der Tanzerei Kindertragend wurden.
Als im Jahr 1418 der St. Veitstanz im Elsaß ausbrach, war der Magistrat zu Straßburg wegen Heilung dieser Krankheit sehr besorgt. Er ließ die Kranken in die St. Veits-Kapelle zu Rotenstein bringen, wo sie gepflegt und gewartet wurden. Von diesem damaligen Tanze finden sich in einer Straßburger Chronik die Reime:
St. VeitsTanz Anno 1418.
Viel hundert fingen zu Straßburg an
Zu Tanzen und springen, Fraw und Mann,
An offnen Markt, Gassen und Straßen,
Tag und Nacht, ihrer viel nicht aßen.
Bis in das Wüten wieder gelang
St. Vitztanz ward genannt die Plag.
Das Magnum Chronicum Belgicum ad annum 1374 erzählt: „In diesem Jahre kam aus Deutschland eine wunderliche Sekte nach Aachen, und ging von da durch Hennegau und Frankreich. Leute, beiden Geschlechts, vom Teufel gereiht, tanzten allenthalben herum, Hand in Hand, wohin sie nur kamen, auf den Straßen, in den Häusern und Kirchen, mit großem Springen und vielem Geschrei, und schämten sich deswegen nicht. Wenn der Tanz geendigt war, klagten sie über Brustschmerzen, und mussten mit Tüchern gerieben werden, schrieen dabei, sie müssten sterben, wenn es nicht geschähe. Zu Lüttich wurden sie endlich durch Segensprechungen von dem Übel der Tanzwut befreit.
Im Jahr 1615 wurde ein Dienstmädchen zu Basel von einer so schrecklichen Tanzwut ergriffen, dass sie einen ganzen Monat hindurch sich krank und die Fußsohlen abtanzte. Sie schlief und aß nur wenig, tanzte aber immer in einem fort, bis sie sich ganz von Kräften gesprungen hatte, in ein Hospital gebracht und dort kuriert wurde. Während der Epoche der Tanzwut war die Basler Obrigkeit so vorsichtig, dass sie der Tanzenden zwei starke Männer zuordnete, die wohlgekleidet waren und weiße Federn auf den Hüten trugen, welche ex officio, einer um den andern, mit der Tanzwütigen tanzen mussten.
Den Namen St. Veitstanz soll diese seltsame Krankheit davon erhalten haben, dass in der Vorzeit Wallfahrten zu einer bei Ulm befindlich gewesenen Kapelle St. Veitz statt fanden, wohin auch Frauenzimmer kamen, welche an dieser Krankheit litten. Dort brach dann ihre Krankheit aus, sie tanzten als Rasende so lange, bis sie in Ohnmacht und Verzückung fielen, worauf sie für das ganze Jahr sich hergestellt fühlten. War das Jahr verflossen, und der May nahte sich wieder, so wurden sie durch die Unruhe in allen Gliedern so sehr gequält, dass sie abermals zu einer Wallfahrt zum Fest bei der Kapelle St. Veits sich entschließen mussten, um sich auf die erwähnte Weise für ein Jahr wieder Ruhe zu verschaffen.
Von den Ursachen dieser Krankheit hatten die Ärzte gar seltsame Meinungen. Der berühmte Wundermann Theophrastus Paracelsus sagt: Dieses Tanzes Urheberin war ein Weib, Namens Troffer, eine halsstarrige, wetterwendische, tolle Kreatur, die alle Menschen, und ihren lieben Mann besonders, durch ihre Albernheiten recht zu ärgern gedachte. Sie hatte übrigens Leibesbeschwerungen und war dem Tanze ganz außerordentlich ergeben, wie alle Weiber dieser sonderbaren, widersinnigen Art und Weise. Ihr Mann mochte das Tanzen nicht leiden, um dennoch aber tanzen zu können, gab die Frau vor, sie könne, sie wisse nicht von was angetrieben, es nicht lassen, und tanzte im Hause und allenthalben, wo sie war und ging immer umher, wie eine Elster. Seht ihr, sprach sie, wie krank ich bin, tanzte sich müde und schlief ein. Die Wirtschaft mochte der Mann mit seiner getreuen Magd besorgen, so gut sie konnten. Da das der enragierten Tänzerin so hinging, fingen andere Weiber auch an sich aufs Springen zu legen, eine gab der andern Unterricht, und Tanzpartien entwickelten sich bis zur gänzlichen Vollkommenheit, in der sie öffentlich erschienen. Wollt ihr aber die Ursachen dieser Krankheit wissen, so hört: Die eine ist natürlich und entsteht aus Einbildungen. In einem jeden Menschen liegen lachende Adern; werden dieselben geöffnet, so muss der Mensch lachen, ohne dass er es hindern kann, so lange das Blut läuft, und hört es nicht zu laufen auf, so wird er sich totlachen. Diese Adern geben die Veranlassung und den Stoff zur Krankheit des Tanzes. Denn, wenn sie auch nicht geöffnet werden, so kann es doch kommen, dass der in denselben enthaltene Spiritus, und durch welchen sie leben, sich verändert, gerührt wird, dass er aus der Ordnung seines Laufs kommt, dann hüpft er über und macht das Blut toben. Aus diesem Toben kommt der Kitzel, und aus diesem entsteht das Lachen. Daher und dadurch wird der Spiritus immer lebhafter. Es ist aber nicht aus eigener Natur, dass der Spiritus erregt und dadurch subtil wird, und das Blut bewegt zur Krankheit, sondern es hat das Blut in sich eine Salzigkeit, deren Natur ist, die Disposition zu fahen, in Säure, Nasse, Süße, Bitterkeit etc., nachdem nun die andern Zufälle sind. Denn was animalisch und corporisch im Leibe, ist zur Veränderung geneigt; so fault Holz durch sich selbst. Dies ist auch von dem Salze zu verstehen, welches seine Verwandlung hat, und die Veränderung macht den Lebensgeist tobend und hitzig, nicht deswegen, dass er geletzet wird, dann er hat kein Corpus, sondern darum, dass er in einer so unnatürlichen Herberge liegt. Das ist die Ursache zu dieser Tanzkrankheit. Ist jedoch meine Einbildung die Verwilligung zu derselben, so ist das die zufällige Art derselben. In beiden Fallen aber ist das Leben angezündet, welches sich in den Tanzenden selbst erhebt.“
In neuern Zeiten sind die Ärzte mit dieser Krankheit bekannter geworden. Man hält sie für eine besondere Art von Convulsionen, zu welcher innerliche Schärfe des Bluts und der übrigen Säfte anreißt. Indessen sind Tanzpartien der Art, wovon einige Beispiele angeführt wurden, jetzt nicht mehr so öffentlich und ansehnlich. Wie es scheint, werden dergleichen Bälle in unsern Zeiten von den Ärzten sogleich auf Privattänze in den Häusern der Patienten beschränkt, und so bleibt diese Raserei daheim.
Der älteste Schriftsteller, der dieser Tanzwut oder Tanzkrankheit gedenkt, ist wahrscheinlich Wilhelm von Malmesbury, der um das Jahr 1140 lebte. Er erzählt in seiner englischen Geschichte: „Sechzehn betrunkene Bauern und drei Weiber waren vor Weihnachten des Jahrs 1021 ganz sonderbarer Weise von der Tanzwut ergriffen, auf dem Kirchhof des Klosters an der Wipper, unweit Bärenburg gelegen, tobend umhergesprungen, und hatten mit Lärmen und Schreien den Priester Rubert im Messlesen gestört, sich auch nicht das wollen wehren lassen, daher er im heiligen Eifer ausgerufen habe: Ey so tanzt ein ganzes Jahr. Das sei auch geschehen, bis der Erzbischof von Köln ihnen diesen Fluch wieder abgenommen habe. Die Weiber waren gleich gestorben, die Andern aber hatten lebenslang Zittern behalten, und waren nie fröhlich geworden. Einer dieser Tänzer, Otpart genannt, hat über diese Begebenheit ein Selbstbekenntnis ausgestellt, welches uns aufbewahrt worden ist. Es befindet sich in Beckmanns Historie von Anhalt 3 Th. 465.
Nach einer alten handschriftlichen Chronik der Stadt Erfurt versammelten sich im Jahr 1257 ganz unvermutet und auf einmal über hundert Kinder auf der Gasse, Knaben und Mägdlein, fingen an zu tanzen, und tanzten zum Tore hinaus, in einem fort tanzend, bis nach Arnstadt, wo sie ganz matt und ermüdet, an den Mauern auf der Gasse nieder und in tiefen Schlaf fielen. Sie wurden auf Wagen von ihren Eltern zurück geholt. Viele aber hatten ein Zittern bekommen, welches sie lebenslang nicht wieder verlieren konnten.
Die alte Limburger Chronik erzählt: Im Jahr 1347, mitten im Sommer, da erhub sich ein wunderliches Ding auf dem Erdreich und sonderlich in den deutschen Ländern auf dem Rhein und auf der Mosel, also, dass Leute anhuben zu tanzen und zu rasen, und stunden je zwei gegen einander und tanzten auf einer Stell ein halben Tag, und in dem Tanz, da fielen sie etwa, dick nieder, und ließen sich mit Füßen treten auf ihren Leib. Davon nahmen sie sich an, dass sie genesen waren, und liefen von einer Stadt zur andern , und von einer Kirche zu der andern, und huben Geld auf von den Leuten, wo es ihnen mocht geworden. Und fand man, dass es eine Ketzerei war, und geschah um Geldes willen. Und fand man zu Köln mehr denn hundert Frauen und Dienstmägde, die alle in der Tanzerei Kindertragend wurden.
Als im Jahr 1418 der St. Veitstanz im Elsaß ausbrach, war der Magistrat zu Straßburg wegen Heilung dieser Krankheit sehr besorgt. Er ließ die Kranken in die St. Veits-Kapelle zu Rotenstein bringen, wo sie gepflegt und gewartet wurden. Von diesem damaligen Tanze finden sich in einer Straßburger Chronik die Reime:
St. VeitsTanz Anno 1418.
Viel hundert fingen zu Straßburg an
Zu Tanzen und springen, Fraw und Mann,
An offnen Markt, Gassen und Straßen,
Tag und Nacht, ihrer viel nicht aßen.
Bis in das Wüten wieder gelang
St. Vitztanz ward genannt die Plag.
Das Magnum Chronicum Belgicum ad annum 1374 erzählt: „In diesem Jahre kam aus Deutschland eine wunderliche Sekte nach Aachen, und ging von da durch Hennegau und Frankreich. Leute, beiden Geschlechts, vom Teufel gereiht, tanzten allenthalben herum, Hand in Hand, wohin sie nur kamen, auf den Straßen, in den Häusern und Kirchen, mit großem Springen und vielem Geschrei, und schämten sich deswegen nicht. Wenn der Tanz geendigt war, klagten sie über Brustschmerzen, und mussten mit Tüchern gerieben werden, schrieen dabei, sie müssten sterben, wenn es nicht geschähe. Zu Lüttich wurden sie endlich durch Segensprechungen von dem Übel der Tanzwut befreit.
Im Jahr 1615 wurde ein Dienstmädchen zu Basel von einer so schrecklichen Tanzwut ergriffen, dass sie einen ganzen Monat hindurch sich krank und die Fußsohlen abtanzte. Sie schlief und aß nur wenig, tanzte aber immer in einem fort, bis sie sich ganz von Kräften gesprungen hatte, in ein Hospital gebracht und dort kuriert wurde. Während der Epoche der Tanzwut war die Basler Obrigkeit so vorsichtig, dass sie der Tanzenden zwei starke Männer zuordnete, die wohlgekleidet waren und weiße Federn auf den Hüten trugen, welche ex officio, einer um den andern, mit der Tanzwütigen tanzen mussten.
Den Namen St. Veitstanz soll diese seltsame Krankheit davon erhalten haben, dass in der Vorzeit Wallfahrten zu einer bei Ulm befindlich gewesenen Kapelle St. Veitz statt fanden, wohin auch Frauenzimmer kamen, welche an dieser Krankheit litten. Dort brach dann ihre Krankheit aus, sie tanzten als Rasende so lange, bis sie in Ohnmacht und Verzückung fielen, worauf sie für das ganze Jahr sich hergestellt fühlten. War das Jahr verflossen, und der May nahte sich wieder, so wurden sie durch die Unruhe in allen Gliedern so sehr gequält, dass sie abermals zu einer Wallfahrt zum Fest bei der Kapelle St. Veits sich entschließen mussten, um sich auf die erwähnte Weise für ein Jahr wieder Ruhe zu verschaffen.
Von den Ursachen dieser Krankheit hatten die Ärzte gar seltsame Meinungen. Der berühmte Wundermann Theophrastus Paracelsus sagt: Dieses Tanzes Urheberin war ein Weib, Namens Troffer, eine halsstarrige, wetterwendische, tolle Kreatur, die alle Menschen, und ihren lieben Mann besonders, durch ihre Albernheiten recht zu ärgern gedachte. Sie hatte übrigens Leibesbeschwerungen und war dem Tanze ganz außerordentlich ergeben, wie alle Weiber dieser sonderbaren, widersinnigen Art und Weise. Ihr Mann mochte das Tanzen nicht leiden, um dennoch aber tanzen zu können, gab die Frau vor, sie könne, sie wisse nicht von was angetrieben, es nicht lassen, und tanzte im Hause und allenthalben, wo sie war und ging immer umher, wie eine Elster. Seht ihr, sprach sie, wie krank ich bin, tanzte sich müde und schlief ein. Die Wirtschaft mochte der Mann mit seiner getreuen Magd besorgen, so gut sie konnten. Da das der enragierten Tänzerin so hinging, fingen andere Weiber auch an sich aufs Springen zu legen, eine gab der andern Unterricht, und Tanzpartien entwickelten sich bis zur gänzlichen Vollkommenheit, in der sie öffentlich erschienen. Wollt ihr aber die Ursachen dieser Krankheit wissen, so hört: Die eine ist natürlich und entsteht aus Einbildungen. In einem jeden Menschen liegen lachende Adern; werden dieselben geöffnet, so muss der Mensch lachen, ohne dass er es hindern kann, so lange das Blut läuft, und hört es nicht zu laufen auf, so wird er sich totlachen. Diese Adern geben die Veranlassung und den Stoff zur Krankheit des Tanzes. Denn, wenn sie auch nicht geöffnet werden, so kann es doch kommen, dass der in denselben enthaltene Spiritus, und durch welchen sie leben, sich verändert, gerührt wird, dass er aus der Ordnung seines Laufs kommt, dann hüpft er über und macht das Blut toben. Aus diesem Toben kommt der Kitzel, und aus diesem entsteht das Lachen. Daher und dadurch wird der Spiritus immer lebhafter. Es ist aber nicht aus eigener Natur, dass der Spiritus erregt und dadurch subtil wird, und das Blut bewegt zur Krankheit, sondern es hat das Blut in sich eine Salzigkeit, deren Natur ist, die Disposition zu fahen, in Säure, Nasse, Süße, Bitterkeit etc., nachdem nun die andern Zufälle sind. Denn was animalisch und corporisch im Leibe, ist zur Veränderung geneigt; so fault Holz durch sich selbst. Dies ist auch von dem Salze zu verstehen, welches seine Verwandlung hat, und die Veränderung macht den Lebensgeist tobend und hitzig, nicht deswegen, dass er geletzet wird, dann er hat kein Corpus, sondern darum, dass er in einer so unnatürlichen Herberge liegt. Das ist die Ursache zu dieser Tanzkrankheit. Ist jedoch meine Einbildung die Verwilligung zu derselben, so ist das die zufällige Art derselben. In beiden Fallen aber ist das Leben angezündet, welches sich in den Tanzenden selbst erhebt.“
In neuern Zeiten sind die Ärzte mit dieser Krankheit bekannter geworden. Man hält sie für eine besondere Art von Convulsionen, zu welcher innerliche Schärfe des Bluts und der übrigen Säfte anreißt. Indessen sind Tanzpartien der Art, wovon einige Beispiele angeführt wurden, jetzt nicht mehr so öffentlich und ansehnlich. Wie es scheint, werden dergleichen Bälle in unsern Zeiten von den Ärzten sogleich auf Privattänze in den Häusern der Patienten beschränkt, und so bleibt diese Raserei daheim.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Historisch-literarisches Anekdoten und Exempelbuch