Veränderungen in Rathäusern

Es darf nicht verschwiegen werden, dass die Erweiterungen der Rathäuser, mögen sie die Form von Anbauten oder selbständigen isolierten Neubauten annehmen, für den Altbau immer die Gefahr einer inneren Veränderung mit sich bringen.

Die Säle werden durch Einziehen von Wänden zu Amtsräumen verkleinert, unzulängliche Dienstzimmer durch Entfernen von Mauern vergrößert. An Stelle der geschnitzten Holzständer treten gusseiserne Säulen, an Stelle der profilierten Deckenbalken ummantelte Träger. Unansehnlich gewordene Wandmalereien überstreicht der Tüncher, schadhafte Stuckverzierungen begleicht der Maurer mit glattem Putz. Die Umbauten sind auch die gefährliche Zeit für die Kamine, Bleiverglasungen, Wandvertäfelungen, Parkett- und Plattenfußböden.


Die prächtigen Türen in den Rathäusern zu Münden, Marburg, Alsfeld, Hersfeld und anderswo (Taf. 30 u. 31) lassen nur noch vermuten, was in anderen Städten vorhanden gewesen sein mag. Nicht selten sinken die alten Säle zu Spritzenhäusern, Holzschuppen und Rumpelkammern herab. Das ist in der Zeit der verunglückten Restaurierungen oder rücksichtslosen Durchbauten nicht immer ein Unglück gewesen. Die Räume als solche sind unberührt geblieben. Aber man dürfte doch nicht vergessen, dass die Stätten, an denen Jahrhunderte lang das Schicksal der Stadt entschieden wurde, eine würdige Verfassung verdienen.

Bei gutem Willen werden auch heute noch die meisten der alten Räume, in Stand gesetzt, passende Geschäftszimmer für die städtische Verwaltung abgeben. Das gilt in erster Linie für die kleineren Rathäuser mit ihren einfachen Bedürfnissen. Gar häufig kennt man die vernachlässigten Räume nach der Wiederherstellung gar nicht wieder. Man ist verwundert, welch' brauchbare Versammlungssäle oder Dienstzimmer die gar nicht so unpraktisch gebauten Räume mitsamt dem alten gediegenen Hausrat abgeben (Text-Abb. 24—26).

Wo die Verwendung für Dienstzwecke nicht angängig erscheint, sollte man sich erinnern, dass die mit der Geschichte der Stadt so innig verwachsenen Hallen die gegebenen Räume sind, die Denkmäler städtischer Vergangenheit aufzunehmen, die sonst verkommen oder verschleppt werden. Nicht nur eine Belebung des Heimatsinnes darf man sich von diesen Ortsmuseen versprechen, sondern auch eine heilsame Einwirkung auf das heimische Kunsthandwerk und den Geschmack der Laien. Dass eine solche Sammlung, die fast ohne Kosten entsteht und von selber wächst, Geschichtsfreunde, Kunstschulen, Altertumsvereine anlockt, ist gewiss kein Nachteil für Städte, die außer ihrer interessanten Vergangenheit nichts aufzuweisen haben.
24. Büdingen. Rathaus, Inneres vor der Wiederherstellung.

24. Büdingen. Rathaus, Inneres vor der Wiederherstellung.

25. Münzenberg. Rathaus, Inneres nach der Wiederherstellung.

25. Münzenberg. Rathaus, Inneres nach der Wiederherstellung.

26. Ortenberg. Rathaus, Inneres nach der Wiederherstellung.

26. Ortenberg. Rathaus, Inneres nach der Wiederherstellung.

Tafel 30a Alsfeld

Tafel 30a Alsfeld

Tafel 30b Marburg

Tafel 30b Marburg

Tafel 31a Hersfeld

Tafel 31a Hersfeld

Tafel 31b Rauschenberg

Tafel 31b Rauschenberg

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