Schlussbemerkung

Es fehlt nicht an Merkmalen dafür, dass wir unsere Heimat wieder künstlerisch sehen und lieben gelernt haben. Mit Freude kann man feststellen, dass weiteste Kreise Anteil nehmen an den Bestrebungen zur Erhaltung der Schöpfungen alter Städtebaukunst.

Der Sache des Heimatschutzes erwachsen aller Orten neue Freunde und Helfer. Mehr und mehr dringt der Gedanke durch, dass in unseren Rathäusern und Marktplätzen, in den Stadtmauern, Toren und Türmen, in Bürgerhäusern und Kleindenkmälern nicht bloße Merkwürdigkeiten vorliegen, sondern beweiskräftige Urkunden kommunaler Kulturgeschichte, die der Nachwelt unversehrt zu überliefern sind. Wir schätzen den Wert der Städte nicht mehr nach der Zahl der Einwohner, nach der Länge der Strassen und der Höhe der Häuser, sondern nach dem, was sie uns zu bieten haben an alter Kunst und an neuer Kunst.

Mit der Ehrfurcht vor den großen Werken der Vergangenheit verbinden wir den ernsten Willen auch aus den kleinen für unser eigenes Schaffen zu lernen. Gewiss bedeutet es einen Fortschritt, dass wir nicht mehr einen Stil verherrlichen, um die anderen zu verachten, sondern aus den überkommenen Denkmälern, gleichviel welchen Zeitgeist sie wiederspiegeln, die Gesetze abzuleiten suchen, die ewige Gültigkeit besitzen.

Als verheißungsvollstes Zeichen aber dafür, dass wir uns auf dem rechten Wege befinden, darf die erfreuliche Tatsache genommen werden, dass die lebendige Kunst unserer Tage einen großen individuellen lokalen Zug angenommen hat, dass die neuzeitliche Kommunalarchitektur, die weit mehr und weit größere Aufgaben zu lösen hat, als irgend eines der verflossenen Jahrhunderte, wieder anfängt, Werke zu schaffen, die, ganz der alten Umgebung angepasst und doch im besten Sinne modern, hinter den Leistungen der guten alten Zeit nicht zurückzustehen brauchen. Das beweist — um ein besonders schönes Beispiel zu nennen — das neue Rathaus der kurhessischen Hauptstadt, das zum Besten gehört, was die letzten fünfzig Jahre hervorgebracht haben