Erweiterung des Rathauses Münden

Recht beachtenswerte Beiträge zum Kapitel Erweiterungen liefern die am gleichen Flusslauf wie Rinteln liegenden geschichtlich bedeutenderen Städte Münden und Hersfeld, deren stattliche Rathäuser dem annähernd gleichaltrigen Erweiterungsbau in der Hauptstadt der ehemaligen Grafschaft Schaumburg auch stilistisch nahestehen.

Der Gruppenbau, der in Rinteln die ganze Frische einer ungezwungenen Lösung atmet, ist in Hersfeld und noch mehr in Münden in ein System großartiger Symmetrie gebracht. Dabei lautete das Programm an beiden Plätzen ganz verschieden. In Hersfeld handelte es sich darum, einem verhältnismäßig jungen Amtshaus einige fehlende Räume anzufügen. Mündens Ratsbaumeister stand vor der schwierigen Aufgabe, einen gotischen Saalbau von massigen Abmessungen unter Schonung des alten Grundrisses zu einem umfangreichen modernen Verwaltungsgebäude auszubauen.


Nur wer die Gründe kennt, die den Meister veranlassten, die alten Fassaden, von denen nur ein kleiner Teil sichtbar blieb, den Neubauten anzupassen, dürfte ihn der Pietätlosigkeit zeihen. Soviel ist zu erkennen, dass der Fußboden des Neubaues, der in den Seitentrakten die Amtszimmer und Treppenanlage aufnehmen sollte, gehoben und die Stockwerkshöhe vergrößert werden musste. Das Geschenk, das uns der Meister in dem dreiachsigen Renaissancebau mit den zierlichen Volutengiebeln (Taf. 20), dem prunkvollen Portal und dem eleganten Treppenvorbau (Taf. 19) hinterlassen hat, söhnt reichlich mit dem Verlust aus, der den Resten nach zu schließen kaum als groß zu bezeichnen ist.

Die geschickte Art, wie der Künstler die neuen Nebenräume den alten Sälen anfügte, wie er die Belichtungsfrage der auf beiden Seiten eingebauten Halle löste, die Schwierigkeiten der Überdachung bewältigte, die Unbequemlichkeit der Entwässerung an den Fußpunkten der Giebel durch Einlage durchbrochener Steinplatten mit speienden Löwenköpfen zu einer architektonischen Musterlösung führte, die Unregelmäßigkeit der Stockwerke durch Anlage eines reizvollen Erkers ausglich, dem klaren Grundriss eine nicht minder einheitliche und großzügige Fassade gab, diese meisterhafte Art zu erweitern verdient alle Bewunderung. Und wenn der Architekt, der an der Marktseite den reichen Schmuck auf einzelne Punkte konzentrierte, an der Rückfront (Taf. 24) in der Architektur über das Maß gediegener Nützlichkeit nicht hinausging, so sind wir ihm für die haushälterische Einteilung der Mittel nur dankbar. Anerkennung auch gebührt dem Rat der Stadt, dass er der Versuchung, die großen Säle, die jetzt nur noch als Vordielen für die Amtsstuben dienen (Taf. 33), durchzubauen bisher widerstanden hat. Denn wenig Renaissancehallen dürfte es in Mitteldeutschland geben, die bei aller Einfachheit eine so vornehme Raumwirkung besitzen, wie diese mit schlichten Balkendecken abgeschlossenen und von kraftvollen Holzstützen geteilten Säle, die in den soliden Türbekleidungen und einem geschmackvollen Kaminvorbau von 1605 noch die Reste der guten alten Ausstattung aufweisen.
Tafel 19 Münden

Tafel 19 Münden

Tafel 20 Münden

Tafel 20 Münden

Tafel 33a Münden

Tafel 33a Münden

Tafel 33b Münden

Tafel 33b Münden

Tafel 24a Münden

Tafel 24a Münden

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