Der Römer zu Frankfurt

Im Jahre 1405 hatte der Rat von Frankfurt den Römer mit dem goldenen Schwan, einen inmitten eines Häuserblocks gelegenen Winkelbau, angekauft, um ihn als Rathaus einzurichten.

Das früher in Privatbesitz befindliche Gebäude erhielt im Erdgeschoss gewölbte Hallen, die als Kaufräume dienen sollten, und in den Obergeschossen, in denen man die Fußbodenlage änderte, Beratungszimmer und Schreibstuben. Im Vorderhause wurden das erste und zweite Stockwerk zu einem großen Räume, dem heutigen Kaisersaal, vereinigt. Im Äußeren behielt der Bau seine alte Umrisslinie bei. Dass man die Fenster und Türen auf die neuen Geschosshöhen abstimmte, versteht sich. Es dauerte keine zwanzig Jahre, als die erste Erweiterung nötig wurde. 1424 kaufte man das Nachbarhaus Frauenrode an. Erwerbungen weiterer Nachbargebäude folgten in größeren Zwischenräumen.


So ging 1510 die Viole, 1542 Schwarzenfels und 1596 Löwenstein mit Wanebach in den Besitz des Rates über. Nach längerer Pause musste man sich zu neuen Ankäufen entschließen. 1843 erwarb die Stadt das schöne Salzhaus (Taf. 8 u. 9) und den Frauenstein und 1878 den Rest des Baublocks, das Eckhaus Laderam-Altlimpurg mit dem Silberberg, so dass schließlich der ganze Häuserkomplex zwischen Römerberg, Wedelgasse, Römergasse, Kerben- und Limpurggasse für die Zwecke der städtischen Verwaltung in Anspruch genommen war. Wenn nun auch nicht geleugnet werden soll, dass durch den Zukauf so vieler Geschlechterhäuser der Römer sich nicht zu einem einheitlichen Rathausbau auswuchs, so ist doch der ungeheure ästhetische und kulturgeschichtliche Gewinn einer solchen Erweiterung nicht zu verkennen. Dadurch, dass man nicht die Nebenhäuser abbrach, um sie unter Begradigung der Fronten, Verbreiterung der Straßen, Ausgleich der Geschossunterschiede durch einen für zeitgemäß erachteten Neubau zu ersetzen, vielmehr die Innenräume für Amtszwecke neu einrichtete, die Fassaden aber unverändert Hess, ist uns und der Nachwelt eines der interessantesten Stücke von Alt-Frankfurt erhalten geblieben (Taf. 4). Niemand nimmt heute Anstoß daran, dass kein Giebel dem andern gleicht weder in der Höhe noch in der Breite, weder in der Architektur noch im Material. Der ganze Zauber entschwundener Kulturen empfängt uns, betreten wir die Höfe mit ihren Erkern, Galerien, Treppentürmchen und Brunnen (Taf. 5—7).

In überraschenden Durchblicken erschließen sich uns, durchschreiten wir die Hallen, die steinernen Wunder, die die Jahrhunderte aufgebaut haben (Taf. 10 u. 11). Auch wer den eigenartigen künstlerischen Reiz nicht empfinden sollte, der von diesen reichen Meisterwerken bürgerlicher Baukunst ausgeht, wird sich des Eindruckes nicht entziehen können, dass an dieser Stelle ein gut Teil kommunaler und politischer Geschichte gemacht sein muss. Man stelle sich ein neues Verwaltungsgebäude vor und der Zauber ist verflogen. Nur an die alten Fassaden knüpft sich die Erinnerung, dass hier Königswahlen und Krönungen vor sich gingen, dass hier Reichstage und Fürstenversammlungen stattfanden, dass hier pomphafte Zeremonien und ausgelassene Volksfeste sich abspielten (Text-Abb. 22 u. 23).

Was verschlägt es gegenüber diesen Werten, dass die Fußböden in den verschiedenen Häusern nicht in gleicher Höhe liegen, oder das Steigungsverhältnis der Treppenstufen hier und da den Normen des Baukalenders nicht entspricht, oder die Ecken in den Zimmern nicht überall den rechten Winkel wahren! Voll Dank werden es die kommenden Generationen vermerken, dass bei den unvermeidlichen Instandsetzungsarbeiten von den maßgebenden Körperschaften immer wieder auf ,,die durch die Pietät gebotene unveränderte Erhaltung des Alten“ hingewiesen wurde. Noch lange tut, lässt man die Pflege nicht außer Acht, der aus so vielen Häusern zusammengesetzte Bau des Römers dem Rate der ehemaligen freien Reichsstadt seine Schuldigkeit.
Tafel 5 Frankfurt

Tafel 5 Frankfurt

Tafel 6 Frankfurt

Tafel 6 Frankfurt

Tafel 7 Frankfurt

Tafel 7 Frankfurt

Tafel 8 Frankfurt

Tafel 8 Frankfurt

Tafel 11a Frankfurt

Tafel 11a Frankfurt

Tafel 11b Frankfurt

Tafel 11b Frankfurt

Tafel 10a Frankfurt

Tafel 10a Frankfurt

Tafel 10b Frankfurt

Tafel 10b Frankfurt

Tafel 004 Frankfurt

Tafel 004 Frankfurt

Tafel 009 Frankfurt

Tafel 009 Frankfurt

22. Frankfurt. Römer, Fassade nach dem Krönungsdiarium Kaiser Mathias, 1612.

22. Frankfurt. Römer, Fassade nach dem Krönungsdiarium Kaiser Mathias, 1612.

23. Frankfurt. Römer, Kaisersaal nach dem Krönungsdiarium Kaiser Karls VII., 1722.

23. Frankfurt. Römer, Kaisersaal nach dem Krönungsdiarium Kaiser Karls VII., 1722.

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