Das Rathaus in Kiedrich

Auch von älteren Gemeindehäusern, die auf Monumentalität Anspruch machen könnten, findet sich im Rheingau nur wenig.

Am besten hat sich noch das Rathaus in Kiedrich (Taf. 17) auf unsere Zeit hinübergerettet, ein zweigeschossiger Renaissancebau vom Ausgang des 16. Jahrhunderts mit zwei Erkern am Ende der Längsfront und einem jener ansehnlichen Schornsteinaufsätze, wie sie auch bei anspruchsloseren Bauten der Gegend nicht selten sind. Eibingens Rathaus mit seinen Staffelgiebeln, Ecktürmchen und Zinnenkranz (Text-Abb. 21) kann den spätgotischen Typ rheingauischer Gemeindehäuser nur unvollkommen wiedergeben, da das für Wohnzwecke eingerichtete Gebäude nach Süden völlig eingebaut ist und im Äußeren einen unsachgemäß ausgeführten Putzüberzug erhalten hat.


Am Gegenteil, am Mangel des Verputzes, leidet das Rathaus zu Oberlahnstein (Taf. 41), dessen rohes Bruchsteinmauerwerk bei einer Wiederherstellung des Baues vor einigen Jahren ohne Not freigelegt wurde. Auch die bei Gelegenheit dieser Restaurierung vorgenommene Besetzung des Daches mit neuen Hauben sowie die kleinliche Bemalung, die nicht mit den alten Resten in Einklang steht, bedeuten für den Bau keinen Gewinn. Das Rathaus, das noch der Gotik angehört, zählt zu den anmutigsten Profanbauten des Rhein-Lahn Gebietes. Im Grundrisse interessiert die Abtrennung einer offenen Laube an der Längsfront des Erdgeschosses, die, durch die geringe Größe des Marktplatzes veranlasst und von den beiden Stirnseiten aus zugänglich, als Durchgang dient und den Passanten den Einblick auf die im übrigen Teile der Erdgeschosshalle zur Schau gestellten Waren gestattet. Die Auflösung der Laube in Spitzbogenarkaden aus starken Hölzern zwischen seitlichen Steinwangen und auf massivem Sockel leitet trefflich zum Fachwerk des Obergeschosses über, das eine gute Instandsetzung erfahren hat.
Tafel 17 Kiedrich

Tafel 17 Kiedrich

21. Eibingen. Rathaus. Dacheinfassung, letzter Architekturrest des mittelalterlichen Bestandes.

21. Eibingen. Rathaus. Dacheinfassung, letzter Architekturrest des mittelalterlichen Bestandes.

Tafel 41 Oberlahnstein

Tafel 41 Oberlahnstein

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