Der Trank.

Der Trank ist ebenso nötig wie das Essen, denn er macht den Körper feucht, gibt die verlorene Feuchtigkeit demselben wieder und befördert die kompakten Massen nach unten. Maßiger Weingenuss stärkt die Kräfte, frischt die angeborene Wärme auf, befördert die Mischung der Säfte und reinigt durch Schweiß und Harn, er unterstützt die Verdauung und regt den Appetit an. Er erfreut und erheitert das Gemüt, namentlich solcher Leute, die von Natur ruhig sind. Übermäßiges Trinken aber schädigt alle Teile des menschlichen Körpers, trübt den Verstand, entnervt die Manneskraft und stumpft sie ab, schädigt Gehirn und Nerven, bringt Zittern der Glieder hervor, Krampf, Schlagfluss, Lähmung und plötzlichen Tod. Mann soll vor Allem solchen Wein sich wählen, der einen guten Geruch, Farbe, Glanz und Geschmack hat. Alter Wein ist im dritten Grade warm, frischer im ersten. Je edler der Wein ist, desto wärmer ist er, je süßer, desto weniger wert. Abgelagerter Wein ist dem frischen bei Weitem vorzuziehen, denn dieser macht Blähungen und erzeugt Steine in den Nieren, hindert die Verdauung, regt aber den Darm zu größerer Tätigkeit an und hat wenigstens das Gute.

Unter den Sorten von Weinen ist besonders gut derjenige, der mit der Wurzel des Gamanderkrautes abgekocht ist. Er ist den Asthmatikern gesund und fördert vor Allem die Verdauung und führt ein wenig ab, deshalb habe ich diesen Wein am liebsten. Auch Wein mit Zucker abgekocht ist alten und schwachen Leuten zuträglich, da bei ihnen ja die natürliche Feuchtigkeit und Wärme zu gering geworden ist, denn er ernährt und erzeugt Blut. Die Vorschrift zu diesem Weine ist folgende: Nimm drei Liter besten Wein’s, ein Pfund weißen Zucker, koche es bei schwachem Feuer zu Syrupsdicke ein, und filtriere. Man gebrauche ihn mit zwei Teilen abgekochten Wassers oder in anderer Art, wie man gewohnt ist. Dieser Wein oder vielmehr der Wein-Syrup wird von dem Rabbi Moses in seinem Buche über die Lebensart der Greise und der Rekonvaleszenten sehr gelobt. Ich habe auch gerne den hippokratischen Trank (ein stark gewürzter Kräuterwein), der namentlich in diesen kalten Gegenden, zumal im Winter, sehr gut bekommt. Bier muss aus gutem Getreide bereitet und tüchtig gekocht werden. Es sei klar, nicht zu frisch, aber auch nicht so alt, dass es sauer wird. Das Bier ernährt die Nerven, macht eine frische Farbe, durchläuft Magen und Eingeweide schnell und. bekommt namentlich in der warmen Jahreszeit. Es stillt den Durst und ist unserem Körper ebenso zuträglich wie Wein. Es hat aber das Bier, besonders das Hamburger, außer der Eigenschaft zu ernähren und warm zu machen, welche es vom Weizen oder von der Gerste bekommt, auch eine gewisse medizinische Kraft, die von dem Weidenhopfen herrührt. Dass dieser Trank unsern Landsleuten in den nördlichen Gegenden sehr gut bekommt, zeigt ihre frische Farbe, ihre stramme Haltung und ihre gute Körperkonstitution, denn unsere Landsleute leiden selten an Podagra oder Rheumatismus, nur Katarrhe, Asthma oder Nierenkrankheiten suchen sie manchmal heim. Wenn aber Jemand Bier bis zur Trunkenheit trinkt, wird er großen Schaden haben, denn erfahrungsgemäß entstehen dadurch Kopfschmerz, Blähungen und kaltes Fieber. Ein Rausch von Bier ist unangenehmer als ein Rausch von Wein, zumal in Gegenden, wo Unreinigkeiten und Katarrhe im Körper häufig vorkommen, anderswo ist der Rausch von Wein schwerer als der von Bier. Da es aber verschiedene Arten von Bieren gibt, so mag sich Jeder das aussuchen, was ihm am besten schmeckt und ihm am besten bekommt. Ich bin gewöhnt, einen Gerstentrank zu trinken, welcher Gesunden, sowohl wie Kranken außerordentlich zuträglich ist und abkühlt. Diesen bereitet man so: Ein halb Pfund Gerste, eine Maß Wasser, eine halbe Unze Lakritzen, zwei Drachmen Veilchensamen, zwei Drachmen Petersiliensamen, drei Unzen rote Rosen, Ysop und Salbei, von jedem eine halbe Unze, Feigen und reife Trauben, aus denen die Kerne entlernt sind, je drei Unzen, das Alles wird in einem tönernen Gefäß so lange gekocht, bis es zwei Fingerbreit eingekocht ist, dann stellt man das Gefäß in kaltes Wasser und filtriert durch ein leinenes Tuch. Im Winter wird es warm, im Sommer kalt getrunken. Es darf aber niemals vor dem Essen genommen werden, auch nicht in der Zeit zwischen Mittag und Abendbrod, es sei denn, dass Jemand Leibschmerzen hat, oder dass er jung oder von Jugend her daran gewöhnt ist. Diese Gewohnheit jedoch ist schlecht und muss allmählich abgelegt werden. Es ist sehr gut aus goldenen oder silbernen Bechern zu trinken, wie man ja auch Gold und Silber glühend in dem Trank ablöscht. Die Becher seien offen oder gedeckelt, damit nicht irgend etwas Schädliches hineinfällt, oder von Fliegen oder andern Tierchen schädliche Stoffe hineingetragen werden. Trank der mit Schnee oder Salpeter gekühlt ist, den trinkt nicht, denn solch’ ein Trank ist außerordentlich verderblich. Da auch der Essig in gewisser Beziehung zum Getränke steht, will ich auch über ihn wenige Worte sagen. Er ist kalt im ersten Grade und trocken im zweiten. Je nach seiner Säure schadet er Melancholischen, Cholerischen aber ist er nützlich. Daher ist einem warmen Magen, der zugleich feucht ist, sein Gebrauch erlaubt, denn er erregt den Appetit, unterstützt die Verdauung, beruhigt die aufgeregte Galle und verdünnt den Schleim; durch seine Trockenheit aber ist er der Lunge schädlich. Denkt auch daran, dass alle Nahrungsmittel, die der Blitz getroffen hat, schädlich und gefährlich sind, denn sie haben ein ansteckendes Etwas bekommen, und von ihnen geht ein giftiger Hauch bei der Berührung aus. Arbeit muss dem Essen vorausgehen, das Essen dem Trinken, und beiden der Schlaf. Aber in allen diesen Dingen heißt es Maß halten, schlimmer ist die Überfüllung mit Speisen als mit Getränken, am schlimmsten die Überfüllung mit beiden, wenn nicht Erbrechen erfolgt.