Der Schlaf.

Der Schlaf ist, wie Hippokrates in seinem Buch über die Schlaflosigkeit sagt, gewissermaßen ein Zurückziehen der Seele in sich selbst, ein Ausruhen der tierischen Triebe, ein Fesseln oder vielmehr ein Freiwerden der äußeren Sinne und der Ortsbewegungen, und rührt her von einer Feuchtigkeit, die das Hirn durchfeuchtet und den Schlaf herbeiführt. Der Schlaf stärkt alle Kräfte, befördert die Verdauung und vollendet sie, lässt alle Sorgen vergessen, hebt die Ermüdung auf, und unterbricht die übermäßige Anstrengung des Geistes, außerdem durchfeuchtet er die innern Teile des Körpers, damit die Eingeweide ihre Funktionen ausüben können, und alle natürlichen Verrichtungen befördert werden. Bei Tage müsst Ihr wachen, bei Nacht aber schlafen, denn der Schlaf bei Nacht entspricht am meisten der Natur. Es ist das eine Unterbrechung der Tätigkeit, und Gott hat diese Ordnung von Anfang der Welt eingesetzt; doch dürft Ihr nicht zu lange schlafen, nach dem Essen überhaupt nicht, denn dieser Schlaf ist ein Hauptfeind der Gesundheit, abgesehen davon, wenn Jemand bei Nacht gearbeitet oder gewacht hat. Solche Leute, welche zu viel schlafen, sind den Murmeltieren zu vergleichen und werden selten ein hohes Alter erreichen; denn sie pflegen ein Übermaß von unreinen Ausscheidungen, nicht allein von dem Gehirn, sondern auch aus andern Teilen des Körpers in sich aufzuhäufen. Manche haben diese Gewohnheit, aber Ihr sollt denen nicht folgen, welche gegen die Naturgesetze sündigen. Wie zu viel Schlaf schädlich ist, so ist gemäßigter Schlaf nützlich, zumal, wenn Ihr alt geworden seid, denn er feuchtet die Trockenheit an, aber wartet zwei Stunden nach dem Essen, bevor Ihr Euch zur Ruhe begebt und vermeidet nächtliche Gelage. Euer Schlaf umfasse 7, 8 höchstens 9 Stunden, bis die Verdauung der Speisen vollständig vollendet ist, was aus der gelben Farbe des Harns, der Regsamkeit des Körpers, der Spannkraft der Glieder erkannt werden kann; wenn weder Leibschmerz, noch Aufstoßen, noch Gähnen da ist. Manchmal erfordert nächtliches Wachen oder ein Rausch, den Ihr Euch am Tage zugezogen habt, einen längeren Schlaf. Vor allen Dingen aber hütet Euch, wenn Ihr Euch angesteckt habt, lange zu schlafen, damit nicht während des langen Schlafens der Ansteckungstoff bis an Euer Herz gelange und Euch töte. Wenn Ihr Euch zum Schlaf niedergelegt habt, Euch von einer Seite auf die andere wälzt und nicht einschlafen könnt, ein Bild nach dem andern vor Eure Seele tritt und es zum Schlafe nicht kommen lässt, dann ist es gut aufzustehen, ein wenig umher zu gehen und sich nachher wieder nieder zu legen. Das Schlafzimmer sei geräumig, gegen Norden oder gegen Osten gelegen, es soll nicht viel Fenster haben, diese jedoch sollen, damit die Luft nicht verdorben wird, bei Tage geöffnet sein, bei Nacht aber müsst Ihr sie schließen. Man soll auch im Schlafzimmer zuweilen ein Feuer anzünden, um die Luft durch die Flamme zu reinigen, zuweilen auch angenehme Räucherungen vornehmen, soll jedoch das Zimmer nicht betreten, bevor aller Rauch sich verzogen hat. Während der Nacht brennt nur Lichte aus reinem Wachs, denn der Rauch von anderen Beleuchtungsmitteln ist schädlich. Das Bett soll weich sein, und von allen Seiten mit einem grünen Vorhang umzogen. Das Unterbett muss aus Baumwolle, oder aus roher, oder gekochter Seide angefertigt sein und recht mit Federn gefüllt, die Decke darf nicht zu warm und nicht zu kalt sein, sondern nach der Witterung so bemessen, dass sie die Verdauung unterstützen kann. Ebenso muss man sich in dieser Beziehung nach der Jahreszeit richten. Das Geschirr soll möglichst weit vom Bette entfernt und mit einem Deckel versehen sein, damit nicht der daraus aufsteigende Geruch das Gehirn verletze. Die Ärzte empfehlen, sich zuerst auf die rechte Seite zu legen, darauf auf die linke und in dieser Stellung zu schlafen, den Kopf auf hohe Kissen gelegt und mit einer dünnen, leinenen Nachtmütze bedeckt, in deren Vorderseite eine Öffnung gelassen ist, durch welche man atmen kann. Manche sagen, man solle nicht mit offenem Munde schlafen, mein Vater und ich haben dies bisher getan, deshalb halte ich es auch nicht für schädlich, denn aus dem offenen Munde der Schlafenden fließt Wasser oder irgend eine Flüssigkeit heraus, was bei mir oft vorkommt. Niedriges Schlafen ist für den Körper nachteilig und zu vermeiden. Damit Ihr wisst, wie sehr ich wünsche, dass Ihr mit dem Gefühl von Sicherheit Eure Lagerstätte aufsucht, will ich Euch ein Wort meines Vaters hier vor Augen führen. Er pflegte nämlich zu sagen, wenn er sich zu Bette legte, zöge er zugleich mit der Kleidung alle Geschälte und alle Gedanken, sowohl über öffentliche Angelegenheiten als auch über seine privaten, aus und legte sie ab, um desto besser schlafen zu können, am frühen Morgen aber nähme er zugleich mit der Kleidung die Geschäfte und die Gedanken vom vorigen Tage wieder auf. Diese Gewohnheit empfehle ich Euch zur Nachahmung.

Ich werde jetzt einige Mittel anführen, die gut gegen Schlaflosigkeit sind: Rosenöl oder ein wenig natürlichen Kampfer mische man mit der Milch einer Frau, welche ein kleines Mädchen säugt und damit besprenge man den Kopf.


Es folgen jetzt noch andere Rezepte.

Es ist hier der Ort, einige Worte über die Träume zu sagen, welche eine gewisse Verwandtschaft mit dem Schlaf haben. Jene stellen nämlich den Zustand des Körpers dar und sind Abbilder der zukünftigen oder der vergangenen Dinge, sicherlich nicht zufällige. Es ist leicht zu verstehen, dass es Leute gibt, welche im Schlaf wahr und deutlich Ereignisse voraussehen, welche sie und ihre Freunde betreffen, und zwar deshalb, weil die Freunde, obwohl örtlich entfernt, mit ihnen die gleichen Sorgen und Interessen haben. Mir ist es wenigstens oft passiert, dass ich zukünftige Ereignisse, die mich und meine Freunde betrafen, vorhergesehen habe. So erinnere ich mich, dass ich oft Träume gehabt, namentlich gegen Morgen, wo mir vergangene Dinge durch den Kopf gingen, und wo ich an die Zukunft dachte, und dass ich sowohl meine privaten und häuslichen Angelegenheiten als auch solche von Freunden und von Verwandten wie in einer Verschleierung gesehen habe. Oft habe ich auch wahre Träume über die Ergebnisse einer angesagten Jagd gehabt. Mein Vater hatte einen solchen Traum in der Nacht, welche seinem Tode voranging, denn im Schlafe erschien ihm die grausame Gestalt des Todes, mit welcher er schwer und heftig zu ringen schien, so dass er mit allen Kräften und mit ganzer Anspannung aller Sinne etwas von sich abzuwehren und zu vertreiben schien, während andererseits er vor Erschlaffung kein Glied rühren konnte. Als dies Paul Rantzau, Euer Onkel, der zufällig bei ihm wachte, sah, und den Vater fragte, was er denn von sich abzuwehren suchte, sagte er, ihm wäre im Schlafe der Tod erschienen. Er hätte einen schweren Kampf mit ihm auskämpfen müssen, aber er wäre in demselben unterlegen. Und dass dieser Traum wahr gewesen, zeigte der folgende Tag, an welchem er sanft sein Leben aushauchte und dies Jammertal mit der Glückseligkeit des zukünftigen Lebens vertauschte. Auch ich habe einst einen wahren Traum über den schwedischen und dänischen Krieg gehabt, und zwar damals, als Daniel Rantzau bei der Belagerung von Wallburg, von einer Kugel getroffen, starb. Es ist wahrscheinlich, dass das, was uns im Traume erscheint, Bilder unseres körperlichen Zustandes sind, denn es scheint die Seele, wie Hippokrates in seinem Buche über die Schlaflosigkeit sagt, sich in die Tiefe des Körpers zurückzuziehen und frei von äußeren Sinneseindrücken, den Zustand des Körpers zu empfinden und ein Bild zu gewinnen von allem was ihn beschäftigt, gleichsam, als ob es gegenwärtig sei. Unzweifelhaft ist ein Gemüt, welches von Sorgen und Nachdenken frei ist, geeigneter sich selbst zu betrachten. Da ich vorher sagte, Träume seien Anzeichen zukünftiger Dinge, so merkt folgende Bedeutung der Träume: das Erblicken von Feuer im Schlaf bedeutet gelbe Galle, Rauch oder Finsternis schwarze Galle, Regen das Übermaß kalten Saftes, Schnee und Eis kalten Schleim, Wohlgerüche sind ein Zeichen guter Säfte. Wenn nun auch Schlaf und Wachen sehr viel zum Schutze der Gesundheit beitragen, so sind sie doch, wenn das Maß überschritten wird, sehr nachteilig. Denn häufiges Nachtwachen trocknet die Lebensgeister aus, verhindert die Verdauung und macht rohe Säfte von Speise und Trank. Man soll daher bei Tage wachen und in der Nachtschlafen, zugleich mit Sonnenaufgang aufstehen, (allerdings nicht im Sommer, wenn die Tage sehr lang sind) weil dann das Blut sich bewegt und alle Geschöpfe ihre Kraft von Neuem gestärkt fühlen. Wenn Ihr aufgestanden seid, so müsst Ihr Euch vor der Morgenkühle, die Eurem Körper schädlich ist, hüten, darauf Blase und Darm entleeren , worüber ich später noch ausführlicher schreiben werde.