Bewegung des Körpers.

Da die Erhaltung der Gesundheit zum großen Teil auf richtig ausgeführten Körperbewegungen beruht, muss auf diese große Sorgfalt verwendet und müssen sie fleißig geübt werden. Unter dem Begriff Bewegung versteht man alle Bewegungen, die von unserm Körper ausgeführt werden, solche die ununterbrochen vor sich gehen und solche, die nur zeitweilig, wie die Bewegung der Gestirne, der Luft, des Feuers, des Wassers. Nur Zeit zum Essen und Schlafen muss reserviert bleiben, Ermüdung, Erkältungen und Katarrhe vermieden werden. Jede Bewegung verschafft dem Körper Geschmeidigkeit, vermehrt die angeborene Wärme und härtet die Glieder ab. Durch Arbeit werden die Kräfte des Körpers mehr wachsen, alle Teile werden fester und kräftiger, in der Ruhe schwinden sie dahin. Zu kräftige Übung macht den Körper mager, umgekehrt sehr schwache ihn dick; viel Bewegung trocknet den Körper aus, maßige macht ihn fett. Im Frühjahr ist die Bewegung besser als im Sommer. Sucht alle die verschiedenen Arten der Bewegungen kennen zu lernen, sucht Euch die gemäßigten aus und übt sie an einem passenden Orte, gleichgültig ob Ihr auf dem Lande oder in der Stadt seid. Fahrt manchmal zu Wasser, dann zu Lande, hierhin und dahin, und wenn es Euch gefällt, geht auf die Jagd. Nach einem angenehmen Spaziergang steigt die Speise in den Grund des Magens, nach einem längeren und etwas anstrengenderen wird die Kraft der Kälte aufgelöst. Besser ist es an sonnigen Orten spazieren zu gehen; unter freiem Himmel sind wir geboren, und wenn wir an sonnigen Orten einhergehen, umgibt uns die Luft, und die Winde, die Sonne und die übrigen Planeten und Sterne werfen ihre Strahlen ungehindert auf uns, und der Einfluss der Gestirne trifft uns beim Spazierengehen direkter. Wir atmen die frische Luft ein, wodurch die Kraft des Herzens außerordentlich gehoben wird. Besser ist, gleiche Verhältnisse vorausgesetzt, das Gehen unter freiem Himmel als in der Säulenhalle, besser in der Sonne als im Schatten. Wenn Ihr Kopfschmerzen habt, ist es besser im Schatten, den grüne Bäume werfen, zu gehen, als im Schatten von Häusern. Früh am Morgen steigt auf die Berge, Abends aber geht am lieblichen Ufer des Flusses spazieren. Ich habe auch gerne den Anblick des schimmernden Wassers, die grünen und roten Farben und das Durchstreifen der Gärten und Haine; ab und zu ein wenig Wasser fahren, vor Allem heißt es Abwechslung, leichte Beschäftigung, verschiedene Beschäftigung, die Euch nicht belästigt, dies macht die Menschen dauernd glücklich und zufrieden. Die Ärzte empfehlen besonders solche Übungen, durch welche die Arme gekräftigt, und der Brustkasten ausgedehnt wird, damit die überflüssige Feuchtigkeit in der Brust und Lunge in Bewegung gesetzt und die Stoffe nach unten gebracht werden. Auf- und absteigen mit einer gewissen Abwechslung ist auch sehr nützlich, jedoch nicht dann, wenn Jemand schwach ist. Auch das Reiten ist sehr gesund, denn dieses stärkt vor allem die Lebenskraft, reinigt die Sinne, ist besonders dienlich für den Magen und zwingt eine gerade Haltung anzunehmen. Da nun das Reiten so viele Vorzüge und Bequemlichkeiten hat, sollen hauptsächlich die Adligen es ausüben und zur Abwickelung ihrer Geschäfte Pferde benutzen. Es ist im Frieden angenehm, im Kriege notwindig, und Ihr sollt es unter keinen Umständen vernachlässigen, sondern auf das Eifrigste pflegen. Da ich aber weiß, dass Ihr von Natur das Reiten liebt, so will ich nichts weiter darüber erwähnen. Das jedoch sei noch gesagt, zu vieles Reiten ist den Eingeweiden wegen der andauernden Erschütterung schädlich.

Für mich gibt es kein größeres Vergnügen als die Jagd, denn die Jagd gibt nicht nur alle Kräfte und Teile des Körpers gleichmäßig, sondern sie erfüllt auch zugleich mit einem wunderbaren Vergnügen das Herz. Sie lässt uns vor Tagesanbruch aufstehen, Kälte und Wärme ertragen. Durch das Reiten wird der ganze Körper des Reiters in Bewegung gesetzt, die angeborene Wärme vermehrt, die Muskeln, die Arme, die Hände des Jägers werden durch das Führen der Hunde in Anspruch genommen, durch ihr Gebell werden die Ohren geschärft, durch das laute Schreien der Brustkasten und die Sprechwerkzeuge geübt, und wenn der Jäger das Wild auf das Eifrigste verfolgt, so wird er durch das Laufen zur Ausführung jedes Werkes geschickter und behender; dadurch, dass er auf de schnellen Bewegungen des Wildes und auf den Lauf der Meute achten muss, werden die Augen geschärft. Oft entflammt der Mut, wenn ein wildes Tier sich dem Jäger entgegen wirft. Man wird von der Ruhmbegierde ergriffen, zu de Erlegung des Wildes mächtig angeregt, man nimmt alle Kraft des Körpers zusammen, spannt die Nerven aufs Äußerste an, beginnt den Kampf und führt ihn zu Ende, und findet in der Arbeit selbst den Lohn. Die Glieder, alle Teile des Jägers werden durch ihre fortwährende Inanspruchnahme kräftiger. Die Lebenskraft gerät in stärke Bewegung, die Muskeln und Nerven werden leistungsfähiger. Ich will nicht davon reden, welche Überlegung beim Aufspüren des Wildes notwendig ist, wie viel Sorgfalt man zu verwenden hat beim Schießen und Treffen. Endlich ha auch die Jagd eine große Aehnlichkeit mit einem Krieg, denn hier wählt er sich einen Führer, dessen Befehlen Alle gehorchen und sucht den Feind durch seinen Marsch auf, verteilt an versteckten Stellen Kundschafter, legt Hinterhalte genau so wie im Kriege, sucht Wege, die zur Flucht offen stehen, auf steile und unebene Wege schickt er das Fußvolk, weite und geräumige Stellen besetzt die Reiterei. Das Hornsignal zeigt an das Vorrücken oder Zurückbleiben, das Nahen der Beute, oder ihr Entgehen und befiehlt weiter zu rücken. Hieraus geht hervor, dass die Jagd einen dreifachen Nutzen uns bringt, erstens Gesundheit, zweitens Kriegserfahrung und drittens bringt sie uns Lebensunterhalt. Damit Ihr nun aber seht, dass ich nicht ohne Grund Euch die Jagd so empfehle, will ich Euch den Xenophon, welcher ein hervorragender Feldherr, ein guter Familienvater und ein eifriger Erhalter seiner Gesundheit war, der in dieser Kunst außerordentliche Erfahrungen hatte und der sie mit großen Lobsprüchen erhebt, hier anführen. Sein Zeugnis und sein Ansehen wird bei Euch von sehr großem Gewichte sein. In seinem Buche über die Jagd sagt er. Wer sich der Jagd ergibt, wird großen Nutzen davon haben, denn sie bringt dem Körper gute Gesundheit, man sieht, man hört besser, und altert nicht so leicht, sie macht besonders zum Kriege geschickt. Wenn man unebene Wege unter den Waffen zu gehen hat, ermüdet man nicht so leicht, denn man hält Mühen aus, an die man beim Jagen gewöhnt ist; dann kann man auf der Erde liegend ruhen, und auf Befehl des Feldherrn sofort bereit sein, den Feind anzugreifen, und seine sonstigen Befehle auszuführen, da man das Wild auf eben dieselbe Art jagt, und vorn in die Front gestellt, wird man nicht die Stelle zu verlassen brauchen, weil man mit Allem versehen ist. Auf der Flucht der Feinde kann man sie wegen der größeren Erfahrung und Ortskenntnis leichter und sicherer erreichen, und wenn das eigene Heer unglücklich gekämpft hat, in waldigen, abschüssigen und unebenen Orten sich selbst mit den Übrigen retten, denn die Gewohnheit der Jagd macht einen erfahrener. Man kann auch, wenn die große Schaar der Mitkämpfer flieht, den siegreichen Feind, der wegen der Unpassierbarkeit der Wege in Verlegenheit ist, oft mit eigener Kraft und Kühnheit angreifen und ihn zu fliehen zwingen. Das Glück pflegt nämlich Tapferkeit des Körpers und des Geistes zu begleiten. Da unsere Vorfahren erkannten, dass hierdurch das Kämpfen gegen den Feind gefördert würde, empfahlen sie der Jugend, fleißig zu jagen.


Es gibt noch andere Übungen, welche der Gesundheit zuträglich sind, wie der Kampf zu Pferde, Laufen, Schwimmen, Fechten, Bogenschießen, das Spiel mit dem Wurfball, das ja zur Zeit in diesen Gegenden sehr gebräuchlich ist, ebenso das Tragen, Fahren, Singen und laute Lesen, auch die kleinen Bälle oder Kugeln werden von Galen empfohlen, weil das Spiel mit ihnen die Schenkel, die Arme, den Nacken, den Kopf, die Augen, den Rücken und alle Teile des Körpers gleichmäßig in Bewegung setzt. Einige zählen auch das Einreiben und das Anhalten des Atems den Übungen zu, welche einen gewissen Einfluss auf die Erhaltung der Gesundheit haben. Eine feste Einreibung härtet den Körper ab und kräftigt ihn, da die Ausscheidungen, welche den Zwischenraum zwischen den kleinsten Teilchen einnehmen, durch Erschütterung der Glieder verdichtet und fester werden; ist die Einreibung eine gelinde, so wird er erweicht, weil die Feuchtigkeit leicht dahinfließt, nicht aber durch die Erschütterung der Teilchen, noch durch irgend eine andere Ursache herangezogen wird; häufig angewandt, macht sie den Körper mager, wird sie gar nicht angewandt, wird er dick. Ich lasse jeden Tag, wenn ich zu Bette gehen will, Beine, Arme, Brust und Rücken von meinem Diener vor dem Kamine abreiben, und dies trägt zur vierten Kochung bei, die in den Beinen beendet wird. Man kann zwar keinen Grund dafür angeben, aber mir nützt die Sache ohne allen Zweifel. Wenn Jemand glaubt, dass die Anwendung am Morgen besser sei, so mag er es dann tun. Das Anhalten des Atems wird hier wenig geübt, das aber möchte ich noch anführen, dass eine leichte Zurückhaltung des Atems ein Mittel gegen das Schlucken ist, wenn es aus Kälte entstanden, wie Aristoteles in seinen Problemen anführt. Jede Bewegung muss langsam begonnen werden, dies trägt dazu bei, uns geschickter zur Fortsetzung derselben zu machen, und es ist auch naturgemäß, anfangs langsam und schwach, im Verlauf aber und gegen Ende schneller sich zu bewegen. Die Übungen sind vorzüglich, am Krankheiten vorzubeugen, sie müssen aber angestellt werden, wenn die doppelte Kochung der Speisen beendet und Entleerung erfolgt ist, weil sie die Verteilung des Nahrungssaftes durch den Körper befördert und, wenn irgendwo Unreinigkeiten sich abgelagert haben, sie ausgestoßen werden. Unmittelbar nach der vollständigen Verteilung des Nahrungssaftes durch den Körper schwächen sie. Unmittelbar nach dem Essen sind sie für den Kopf nachteilig, stören die Verdauung und füllen den Körper mit unreinen und rohen Säften an. Die Übung muss fortgesetzt werden, bis Schweiß erfolgt, und wenn dieser tropfenweise herunterfließt, mag sie unterbrochen, oder auch fortgesetzt werden, bis Ermüdung beginnt, mal mehr, mal weniger. Im Winter kann sie länger ausgedehnt werden als im Sommer, und der Phlegmatische kann sich mehr Bewegung machen als der Cholerische. Ebenso wie der Körper seinen Nutzen von massiger Bewegung hat, hat ihn auch der Geist. Schlecht ist aber eine zu große Ermüdung und Erschlaffung des Körpers, schlechter noch die des Geistes, am allerschlechtesten die Ermüdung beider zusammen. Durch massig angewandte Bewegungen wird Körper und Geist gekräftigt und zur Ausübung ehrenwerter Taten gestärkt. Wenn Ihr geübt habt, sollt Ihr Euch nicht dem Winde oder der kalten Luft sogleich aussetzen, denn jede plötzliche Veränderung ist gefährlich, zumal wenn man von einem Extrem ins andere gerät, nur was allmählich geschieht, ist zuträglich. Ich befinde mich auch mit Hippokrates und Celsus in vollständiger Uebereinstimmung in Bezug des Nutzens der Bewegung auf die Gesundheit. Nach der Bewegung kommt das Essen, dann das Trinken, dann der Schlaf und darauf der Liebesgenuss, aber Arbeit, Speise, Trank und Liebesgenuss müssen mit Maß getrieben werden.