Der Northfleet-Fall. Das Schicksal eines unglücklichen Schiffs.

Das Schicksal dieses unglücklichen Schiffs beschäftigt wohl die Seefahrer aller Nationen. In England ist das Mitgefühl in allen, auch in den höchsten Kreisen der Gesellschaft erregt worden, woran sich so recht erkennen lässt, dass die Schifffahrt ein wesentlicher Faktor im dortigen Gemeinwesen ist. Hat doch die Königin der jungen Witwe des braven Kapitäns eine Pension ausgesetzt. Haben doch bereits beide Häuser des Parlaments mit dem erschütternden Unfall sich beschäftigt. Allein, wir dürfen bei allen unserer Leser das Nähere noch nicht als bekannt voraussetzen.

Das Englische, mit Auswanderern von London nach Australien bestimmte Schiff „Northfleet" hatte unter der Führung des früheren Obersteuermanns Knowles, dessen junge Frau mit an Bord war, auf der Reede von Dungeness Anker geworfen, um die Ebbe abzuwarten. Es lagen zur selben Zeit etwa zwei Hundert Schiffe auf der Reede. Der Northfleet lag ungefähr 2—3 Seemeilen vom Leuchtturm entfernt. Das Ankern im Kanal, um Tide zu stoppen, ist bei den Engländern ein ganz gewöhnliches Manöver. Abends, am 23. Januar 1873, um etwa 10 ½ Uhr wurde „Überall" gerufen, und fünf Minuten später, nachdem die Wache auf Deck fortwährend dem herankommenden Schiff zugerufen hatte, traf dieses, ein Dampfer mit geradem Vorsteven und zwei Masten , die „Northfleet" an der Breitseite. Die Laterne am Fockmast mit ihrem weißen Licht brannte zur Zeit der Kollision hell. An Bord des bedeutend höheren Dampfers war Niemand zu sehen, alle Hilferufe blieben ohne Antwort, und derselbe entfernte sich, ohne sich irgend um das angesegelte Schiff zu bekümmern. Der Kapitän und der Schiffszimmermann versuchten die offene Stelle vergebens zu verstopfen, dann wurden fortwährend Notsignale gemacht, die Boote ausgesetzt und nach einer halben Stunde sank das Schiff, obgleich unablässig gepumpt worden war.


Kapitän Knowles, der mit unterging, zeigte bis zum letzten Augenblick die größte Geistesgegenwart. Zuerst sollten Frauen und Kinder in die Boote gelassen werden, die männlichen Passagiere wurden mit Erschießen bedroht, und ein Widerspenstiger von einem Revolverschuss getroffen. Aber die Furcht vor dem gewissen Tode spottete der Kommandoworte. Der überwiegenden Mehrzahl nach wurden doch nur Männer gerettet. Von 377 Personen kamen nur 85 mit dem Leben davon, darunter zwei Frauen und zwei Kinder. Das Schiff sank auf geradem Kiel unter, und nach der Meinung des früheren Kapitäns und des Reeders, die am 24. Januar bereits an Ort und Stelle sich begaben, hätten noch etwa hundert Personen gerettet werden können, wenn sie in die Masten geklettert wären.

Die hundertweise in die Ewigkeit Beförderten konnten nun freilich nicht wieder lebendig gemacht werden. Aber dem Volksgewissen musste Genüge geschehen. Alle möglichen Nachforschungen wurden angestellt, um den Übeltäter zu entdecken. So darf man ihn wohl schon nennen, ohne gegen die Regeln, beide Teile zu hören, zu verstoßen. Bald nach der Katastrophe berichteten die Zeitungen, der schuldige Dampfer sei ausfindig gemacht worden. Das in Cadix angekommene, von London nach Antwerpen abgefahrene Spanische Dampfschiff „Murillo" ist der Untat dringend verdächtig gewesen, auf Antrag des Englischen Konsuls besichtigt worden, es haben sich leichte, anscheinend durch Kollision verursachte Spuren am Vorsteven vorgefunden, zwei an Bord des Spaniers dienende Englische Ingenieure haben gravierende, freilich mit dem Zeugnis der Spanischen Mannschaft in Widerspruch stehende Aussagen gemacht, die aber wohl so glaubenswürdig erschienen sind, dass die sämtliche Mannschaft des „Murillo", sowie der Kapitän und die beiden Steuerleute unter strenge Aufsicht gestellt, beziehungsweise, nämlich die zur Zeit des Unfalles wachthabende Mannschaft, an Bord eines Kriegsschiffs gebracht worden sind; alles auf Verfügung des Marineministers in Madrid.

Inzwischen wurden in London für die mit dem nackten Leben aus dem Schiffsuntergange Geretteten und für die Witwen und Waisen der Verunglückten Sammlungen veranstaltet, die in kurzer Zeit nahe an 8.000 £ aufbrachten. Die vornehmsten Zeitungen beschäftigten sich aufs Eingehendste mit der tragischen Geschichte. Die Times hob hervor und wollte es den Seefahrern aller Nationen eingeprägt wissen, dass es ein Gesetz gebe, nach welchem derartige Vergehen wie das hier in Frage stehende in allen Ländern gerichtet werden, ein Entschlüpfen wegen der Verschiedenheit der Gesetze und des Gerichtsverfahrens sei also nicht möglich. Die Zunahme des Schiffsverkehrs mache es nötiger als je, dass alle zivilisierten Regierungen strikte Regeln und Gesetze für solche Fälle einführen. — In der ersten Aufregung, die ein so entsetzlicher Unglücksfall verursacht haben wird, ist es erklärlich, dass der in der erwähnten Äußerung der Times enthaltene Widerspruch unbemerkt geblieben ist. Denn wäre ein Entschlüpfen des Schuldigen jetzt schon unmöglich, so bedürfte es der empfohlenen Schritte der Regierungen nicht mehr.

Aber leider sind wir in unserem zivilisierten Europa noch weit entfernt von demjenigen Standpunkte, wie ihn die Times als bereits errungen annimmt. Und selbst das Englische Gesetz ermöglicht für die leichtsinnig, ja ruchlos hingeopferten vielen Menschenleben keine entsprechende Sühne.

Die „Merchant-Shipping-Act" von 1871 schreibt nämlich in der 9. Sektion Folgendes vor:

„Bei jeder Ansegelung zwischen zwei Schiffen soll der Schiffer jedes Schiffes dem Schiffer des anderen den Namen seines eigenen Schiffs mitteilen, und des Hafens wo es registriert worden ist, oder des Hafens oder des Orts wo es zu Hause gehört, und auch die Namen des Abgangs- und des Bestimmungsorts."

„Irgend eine Unterlassung, solche Mitteilungen zu machen, ausgenommen, wenn es unmöglich oder unnötig war (was der Unterlassende zu beweisen hat), zieht dieselben Folgen nach sich, wie das Unterlassen dem anderen Schiffe, oder dem Kapitän, der Mannschaft oder den Passagieren desselben Beistand zu leisten etc."

Und in der Sektion 27 wird dann gesagt, dass derjenige, welcher gegen vorstehende Vorschriften fehlt, für schuldig eines Vergehens (misdemeanor) gehalten werden soll.

Sect. 33 der M.-S.-Act von 1862 schreibt Hilfeleistung nach Kollisionsfällen ausdrücklich vor, wenn dies ohne eigene Gefahr geschehen kann; wer dieser Vorschrift nicht entspricht, wird in Ermangelung des Gegenbeweises als der schuldige Teil angesehen. —

Dies scheint nun in der Tat das ganze zur Anwendung kommende Engl. Recht zu sein. Denn in der Sitzung des Oberhauses vom 7. Febr. hatte der Earl von Carnarvon, dessen energische Rede oft von Hört! Hört! unterbrochen wurde, angefragt, ob ein Auslieferungs-Vertrag mit Spanien bestehe, nach welchem der Kapitän des Dampfers „Murillo" zur Strafe herangezogen werden könne; ein englischer Untertan, der sich ähnlicher Unmenschlichkeit schuldig gemacht hätte, könne nicht nur auf dem Zivilwege, sondern auch mittelst Kriminal-Verfahrens belangt werden. Dasselbe Prinzip würde auch auf einen Ausländer Anwendung finden, mit dessen Regierung England einen Auslieferungsvertrag abgeschlossen habe, in welchem der Fall eines Zusammenstoßens auf See vorgesehen sei. In dem Vertrage mit Deutschland, dem einzigen, in welchem fahrlässige Tötung vorgesehen sei, werde der Kollisionsfälle nicht gedacht. Es sei aber durchaus nötig, diese mit einzuschließen, da durch die Vermehrung der Dampfer und die verbrecherische Rücksichtslosigkeit der Kapitäne Kollisionen immer häufiger würden, worauf Lord Granville, als Minister des Auswärtigen, u. A. erwiderte, dass es seiner Ansicht nach nicht weise sei, dem Hause die Lage der Englischen Gesetze über dergleichen Fälle auseinanderzusetzen noch auch die genaue Tragweite der bestehenden Verträge anzudeuten, selbst wenn, was nicht geschehen, dieser Teil der Interpellation vorher zu seiner Kenntnisnahme gebracht worden sei. Mit Spanien sei bis dahin noch kein Auslieferungsvertrag abgeschlossen, jedoch sei man in Unterhandlung befindlich. Bezüglich der „Northfleet" solle alles Vorgebrachte reiflich erwogen werden; das Board of Trade werde dafür sorgen, dergleichen Unfälle zu vermindern, ganz zu vermeiden seien sie nicht.

Aus vorstehenden Notizen ist nun wohl mit ziemlicher Sicherheit zu entnehmen, dass es allgemein gültige Gesetze, wonach der durch Fahrlässigkeit oder Rücksichtslosigkeit nach einem Ansegelungsfall verursachte Verlust von Menschenleben gesühnt werden kann, bis jetzt noch nicht gibt; und dass es nach Englischem Recht mindestens sehr zweifelhaft ist, ob der Kapitän des „Murillo" für seine Handlungsweise bestraft werden kann. Das Nautical-Magazine erzählt 1871, S. 301 einen Fall von Übersegelung eines Fischerfahrzeuges, wobei 7 Menschenleben verloren gingen, nur einer durch eigene Anstrengung sich rettete, und Niemand Hilfe leistete, obwohl Hilfe möglich war; die ganze Strafe des Kapitäns habe darin bestanden, dass ihm auf 12 Monate das Schifferpatent entzogen wurde. Wenn aber Droschkenkutscher für fahrlässige Tötung bestraft werden, weshalb nicht auch Schiffskapitäne? — Vor 1851, (vor der Einführung der M.-S.-Act) sei das gemeine Gesetz strenger gewesen. Aber in England gebe es noch keine Staatsanwälte, deshalb bleiben manche Vergehen zur Ermutigung der Übeltäter und zu aller Erstaunen straflos. Es verlautet auch bislang nur von einer beim Admiralitätsgericht von dem Reeder des „Northfleet" anhängig gemachten Klage auf Schadenersatz zum Betrage von 14.000 £. Da nun nach Englischem Parlamentsrecht der an einer Ansegelung Schuldige höchstens, d. h. wenn Verluste von Menschenleben oder Beschädigungen an Personen oder Gütern mit der Beschädigung am Schiff verbunden waren, bis zu 15 £ für jede Ton seines Schiffes haftet, so würde also der Dampfer „Murillo" 933 ½ Ton gemessen sein. Die Klage wurde auf den Rat angesehener Juristen deshalb in England anhängig gemacht, weil der Unfall in Englischen Gewässern stattgefunden hatte. Die Angeklagten, anscheinend Besitzer einer Dampferlinie, die den Verkehr zwischen London, Antwerpen, Lissabon und Cadix vermittelt, werden sich, obwohl der Englischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfen, im Hinblick auf ihre übrigen Schiffe, die denn doch wohl auch bei Veränderung der Route einmal in Englischen Häfen angetroffen werden könnten, höchst wahrscheinlich verantworten müssen.

Was nun aber die in der Presse hier und da aufgetauchten Vorschläge zur Verminderung der Kollisionsfälle betrifft, so ist dabei in jeder Hinsicht vor Übereilung zu warnen.

Betrachten wir zunächst die vom Grafen Carnarvon gegebene Anrege, vertragsmäßig festzustellen, den in Rede stehenden Verlust an Menschenleben wie Totschlag (manslaughter) zu bestrafen. Dagegen müssen wir im Interesse der Kapitäne aller Nationen ganz entschieden Protest einlegen, so lange es keine Gerichte gibt, die aus eigener Wissenschaft über Schuld oder Schuldlosigkeit bei Vergehen und Verbrechen, die auf See vorgekommen, urteilen können. Solche Gerichte sind bis jetzt nirgend vorhanden. Und warum nicht? Weil sowohl der Hochmut der meisten Juristen der Gründung von Seegerichten im Wege steht als auch das leider in allen Staaten Europas fast ebenso ausgebildete, und in sich abgeschlossen wie im himmlischen Reiche der Mitte dastehende Mandarinentum. Wer nicht sein Triennium auf einer Hochschule absolviert hat, der zählt nicht mit. Hochtönende Namen, wie Admiralitätsgerichte, die haben wir bereits; aber die Sache fehlt, — kaum glaublich, aber dennoch wahr — selbst in England. Die Englischen Admiralitätsgerichte sind nicht Kompetent über Schuld und Schuldlosigkeit in Ansegelungsfällen, wobei Menschenleben verloren gingen, abzuurteilen. Nur das Handelsamt ist befugt, alsdann ein Seegericht ad hoc zu berufen. Dies besteht aus zwei Friedensrichtern und einem Marineoffizier. Ein solches ist kein Tribunal, dem über lebenslängliche Gefängnisstrafe die Entscheidung anheim gegeben werden kann. Der eine Nautiker kann überstimmt werden, oder er versteht nicht genug von den Eigentümlichkeiten der Handelsmarine. Dabei können wir Seeleute uns nicht beruhigen. Was wir gebrauchen, sind wirkliche Seegerichte, nach Analogie der Handelsgerichte in den Rheinprovinzen*). —

Wahrlich, die Regierungen machen sich einer schweren Unterlassungssünde schuldig, wenn sie sich Angesichts solcher Vorfälle, wie des besprochenen, nicht entschließen, kurzer Hand mit alten Vorurteilen zu brechen, und vernünftigeren, unwiderlegbaren Vorschlägen Gehör zu geben, wie sie in Deutschland und ähnlich in England laut geworden sind. Dann mag es auch den ordentlichen Gerichten gelingen, gewiss ist es noch nicht, den Kapitän der „Murillo“ zu überführen, (nach neueren Berichten haben die Reeder des „Murillo" ja einen Injurienprozess gegen Lloyds-Agenten in Cadix angestrengt?) so kommen doch ganz gewiss sehr zahlreiche Fälle vor, wir möchten behaupten die weitaus meisten, wo es nautischer Sachkunde bedarf, um die Schuld zu ermitteln. Wenn es aber um ein so erhebliches Strafmaß sich handelt, wie dasjenige, womit der Totschlag bedroht ist, dann genügt uns die Zuziehung unverantwortlicher sogenannter Sachverständiger nicht, der Richter soll aus eigener Sachkunde entscheiden.

Ein anderer Vorschlag geht dahin, die Schiffe zu verpflichten, bei ungesichtigem Wetter nur mit einer bestimmten Geschwindigkeit zu fahren. Im vorliegendem Falle wurde nach Aussagen des Belastungszeugen, des Wache habenden Engl. Ingenieurs, eine geraume Zeit vor dem Zusammengösse mit „half speed" gefahren. Das heißt aber nicht etwa, statt 12 Meilen wurden nur 6 Meilen gemacht, sondern die Maschine hat mit selber Kraft gearbeitet, und die Fahrgfischwindigkeit mag immer noch 8—9 Knoten betragen haben. Aber selbst wenn der Fortgang 6 Meilen gewesen wäre, die Beschädigung wäre gewiss eine schwere geworden. Weniger als 6 Knoten Fahrt soll aber nach der Ansicht von Praktikern auch wieder von Übel sein; die langen Dampfer sollen dann nicht rasch genug dem Ruder gehorchen. — Würde aber in dieser Richtung hin etwas gesetzlich vorgeschrieben, immer bliebe es unter gegenwärtigen Umständen eine schwierige Sache, die Wahrheit zu ermitteln.

Noch ein anderer Vorschlag zielt auf die Verbesserung des Signalsystems ab. Das lässt sich hören. Zweihundert Schiffe ankerten bei Dungeness gleichzeitig mit der unglücklichen Northfleet; keines sandte Hilfe, weil die Notsignale missverstanden wurden, so lautet wenigstens die Entschuldigung. So schwer es wird, ihr Glauben zu schenken, so müssen wir sie dennoch gelten lassen. Denn wer kann hier die Wahrheit ergründen? Aber angenommen, es sollte der Versuch gemacht werden, es wäre gelungen, einige der in der Nähe geankert gewesenen Schiffe ausfindig zu machen, wie würde es einem ordentlichen Gerichte möglich sein, den wirklichen Tatbestand so festzustellen, um darauf hin die Strafe für verabsäumte Hilfeleistung zu diktieren. Es kommen dabei eben zu viele Umstände in Betracht, die nur von Nautikern richtig gewürdigt werden können. Dies braucht hier nicht weiter ausgeführt zu werden.

Auch davon ist die Rede gewesen, in der Auswahl der Kapitäne vorsichtiger zu sein, oder wie Graf Garnarvon sich ausdrückte: Verbesserungen in der Erteilung von Schifferpatenten eintreten zu lassen. Nach dieser Richtung hin sind wir in Deutschland bereits an der Grenze des Möglichen angelangt, ja wenn man auf die Klagen aus Schleswig-Holstein und der Unterweser Gewicht legen will, so haben wir sie durch die Erschwerung der Prüfungen schon überschritten. Die jungen Seeleute wandern aus, sie werden in Belgien, Holland und England mit offenen Armen aufgenommen; Untersteuerleute, selbst Obersteuerleute werden bereits rar, woher sollen wir künftig überhaupt Kapitäne hernehmen? Doch dies Thema wird später in diesen Blättern ausführlicher behandelt werden.

Ob es möglich ist, wie behauptet wird, durch Vereinfachung des Straßenrechts die Kollisionen zu vermindern, darüber wollen wir ein anderes Mal sprechen.

Gewiss gibt es aber Mittel, die Verluste von Menschenleben in Ansegelungsfällen zu vermindern.

Auf die obligatorische Einführung von Korkjacken ist in diesen Blättern bereits hingewiesen worden, nicht auf eine „Verballhornisierung des Straßenrechts zur See", wie die „Börsenhalle" in No. 18890 sich neulich auszudrücken beliebte. Wenn dabei am Schlüsse mit kecker Unverzagtheit behauptet wurde, die von uns in No. 3 als bevorstehend signalisierte Revision des Straßenrechts sei „bereits in der Sitzung des Englischen Parlaments vom 7. Mai vorigen Jahres als gänzlich unbrauchbar beseitigt", so haben wir die vierzehntägige Pause zwischen dem Erscheinen unseres Blattes dazu benutzt, uns die am 7. Februar dieses Jahres von Sir John Hay eingebrachten Vorschläge im offiziellen Abdruck senden zu lassen, und verstellen denselben der „Börsenhalle" resp. ihrem Einsender zur Einsicht. Auch er wird sich dann nolens volens überzeugen müssen, dass wir mit den vorgeschlagenen ganz allgemeinen Reform-Vorschlägen durchaus nicht so allein dastehen, wie man es gern glauben möchte, nachdem man sich einmal so bös verrannt hat. Die Reformbewegung ist im Gange, und kein Reporter, oder advokatischer Kritiker von dem Schlage jener absolut konservativen Regierungsweisheit wird sie aufhalten.

Endlich sind über die Notwendigkeit, strenge Gesetze über die erlaubte Fahrgeschwindigkeit bei ungesichtigem Wetter im Kanal und in der Nordsee, zu erlassen, selbstverständlich zuvor Kompetente und zugleich möglichst unparteiische Zeugen zu vernehmen. Erst dann wird es der Gesetzgebung möglich sein, das richtige Maß zu finden. Es ist doch jedenfalls ein Unterschied, ob man sofort in Grund und Boden gerannt wird, oder mit einer Beschädigung davon kommt. Jetzt haben die Dampfer oft selbst eine Beschädigung durch Aufstoßen auf ein Wrack, das vielleicht vorher gar kein Wrack gewesen, erlitten.

Auch ist in unserer letzten Nummer eine Novelle zum Strafgesetz den sämtlichen Seestaaten abverlangt worden, vermittelst welcher diejenigen mit schweren Strafen bedroht werden, welche angesegelte Schiffe ohne Weiteres ihrem Schicksale überlassen.

Aber alle diese Mittel können wenig oder gar nichts verschlagen, wenn nicht gleichzeitig auf die Gründung von wirklichen Seegerichten ernstlich Rücksicht genommen wird.
Maritimes, Schiffsunglück, Übergesegelt 2

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Maritimes, Schiffsunglück, Schiffswrack

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