Windnühle. - Ruinenberg. - Aussicht. - Orangeriehäuser. - Aussicht auf: Havel, Pfaueninsel, Glienicke, Babelsberg, Potsdamm, Sanssouci, Bornstädt. - Japanisches Haus. - Antikentempel. - Freundschaftstempel. - Neue Palais. - Charlottenhof. - Brauhausberg. - Kahlenberg.

Gleich hinter dem Schloss liegt die bekannte Windmühle, den Nachkommen jenes Müllers gehörig, der sich weigerte, sie Friedrich II. abzutreten. Ein Weg führt von hier in 15 Min. bei den neuen Orangeriehäusern vorbei auf den Ruinenberg, eine Anhöhe mit künstlichen Ruinen, die das grosse, 150’ im Durchmesser haltende 12’ tiefe Becken verbergen, aus welchem die Wasserwerke von Sanssouci gespeiset werden. Vom Thurm (129 Stufen, 3 Sgr. Trinkg.) weite und schöne *Aussicht auf den vielfach hervortretenden Spiegel der Havel, Pfaueninsel, Glienicke, Babelsberg, auf Potsdam, Sanssouci und das neue im Wasser sich spiegelnde Dorf Bornstädt mit königl. Amtsgebäuden.

Ein fast ½ St. langer Baumgang durchschneidet Garten und Park von Sanssouci von Osten nach Westen. Am östl. Eingang steht der Obelisk (S. 27). Diesem nördlich gegenüber ist 1851 ein in Form eines Triumphbogens erbautes Weinbergs-Thor mit Bildwerken aus gebranntem Thon, vom König zur Ehre des Prinzen von Preussen aufgeführt, „des Feldherrn der Führer und Krieger, welche den Aufruhr in der Rheinpfalz und in Baden 1849 besiegten“, wie die goldene Inschrift nach der Gartenseite meldet.


Garten und Park von Sanssouci zeichnen sich durch prächtige Anlagen und stattliche Bäume aus. Das japanische Haus nannte Friedrich II. seinen Affensaal, wegen der allenthalben gemalten Affen; der an der Decke scheint, je nachdem man rechts oder links steht, in die Schranken oder hinaus zu springen. Aehnliche optische Täuschungen wiederholen sich noch an verschiedenen Stellen. Der Antikentempel, eine Nachbildung der Rotunda in Rom, enthält neben ältern Bildsäulen und Bildwerken die trefflichen *Marmorbilder Friedrich Wilhelm III. und der Königin Louise (S. 24), von Rauch zum zweitenmal und vollendeter gefertigt. Der Castellan des Neuen Palais öffnet ihn auf Verlangen. In der Säulenrotunde des Freundschaftstempels ist die Statue der Markgräfin von Baireuth, der berühmten Schwester des grossen Friedrich, sitzend dargestellt. Die Grotte des Neptun, der chinesische Thurm (Drachenhaus) und das Belvedere ziehen sonst noch die Aufmerksamkeit auf sich.

Am westlichen Ende des langen Baumgangs erhebt sich das Neue Palais, dessen Bau Friedrich im J. 1763, gleich nach beendigtem siebenjährigem Krieg begann und mit einem Anfwand von mehreren Millionen Thalern vollendete. Es enthält 72 Säle und Zimmer, reich mit Marmor-Zierrathen ausgeschmückt. In den unteren Räumen eine vom Kaiser von Russland geschenkte grosse Porzellan-Vase, dann der grosse Grottensaal mit Muscheln, edeln Steinen und Stufen ausgelegt, ferner die Zimmer, welche Friedrich d. Gr. zu bewohnen pflegte, mit einer kleinen Bibliothek und Manuscripten mit Bemerkungen von Voltaire’s Hand. In den oberen Räumen einzelne Gemälde nicht ohne Werth, Kamingesimse aus Marmor, ein Porzellantisch von Louis Philipp geschenkt, vor allem der Marmorsaal (100’ 1., 60’ br., 40’ h.).

Vor dem Neuen Palais westlich sind die sogen. Communs, ehemals Gebäude für die Dienerschaft, jetzt Caserne des Lehr-Infanterie-Bataillons, eines aus allen Regimentern des Heeres zusammengesetzten Truppentheils, dessen Mannschaften jedes Jahr erneuert werden, um Uebereinstimmung in Handhabung des Exercier-Reglements herbeizuführen. Im linken Flügel wohnt der Obercastellan, welcher das Neue Palais zeigt.

An den Park von Sanssouci grenzt unweit des Neuen Palais südöstlich *Charlottenhof, seit 1826 von Friedrich Wilhelm IV. aus einem einfachen Landhaus zur reizendsten Villa im italienischen Geschmack umgeschaffen. Die Wasserkünste, die Bildwerke, der Porticus mit den Bildnissen der königl. Familie als Wandgemälde, vor Allem das römische offene Badehaus, geben von dem fein gebildeten reichen Geist ihres Erbauers Kunde. Die Castellanin wohnt im Souterrain.

Nördlich von Sanssouci, vor dem Nauener Thor, ist die russische Colonie Alexandrowska, aus 11 russ. Wohngebäuden, einer griech. Capelle, der Wohnung des Popen und einem Wirthshaus, selbst russ. Polizei- und Warnungstafeln bestehend. Sie ist um 1820 von Friedrich Wilhelm III. angelegt, um den damals beim ersten Garderegiment angestellten russ. Sängern einen ihrer Heimath entsprechenden Wohnsitz anzuweisen. Die Capelle besitzt einige Geschenke der Kaiserin.

In der Nähe ist der neue Garten mit mancherlei Anlagen, durch welche ein Baumgang nach dem im Heiligen-See gelegenen Marmor-Palais führt, 1786—1796 von Friedrich Wilhelm II. erbaut, von Friedrich Wilhelm IV. vollendet. In einem der Zimmer starb Friedrich Wilhelm II. am 16. Nov. 1797. Höchst sehenswerth sind die unter der offenen, nach dem Garten gerichteten Säulenhalle befindlichen von Ossowsky nach Kolbe’s und Hesse’s Entwürfen ausgeführten Fresken aus dem Nibelunglied, darüber schöne von Lompeck a tempera gemalte Landschaften aus dem Schauplatz des Nibelungenliedes, links (Rhein) Aachen, Speier, Worms, Island, Drachenfels, Lorch, Bacharach, Trier, Metz, Pfalz bei Caub, rechts (Donau) die Hunnenburg, Pusan, Melk, Traisenmauer, Aggstein, Persenbeug, Pechlarn, Presburg, Theben, Buda-Pesth. Die 100 Schritte entfernte Küche, von aussen einem in dem See versunkenen Tempel ähnlich, ist durch einen unterirdischen Gang mit dem Marmor-Palais verbunden.

Auf dem nahen Pfingstberg erhebt sich ein neues grossartig ingelegtes königl. Lustschloss, dessen beide Thürme gegen ein kleines Trinkgeld bestiegen werden können und die weiteste und schönste Aussicht bei der Stadt, über den breiten Havelspiegel hinweg bis Berlin, Spandau, Nauen und Brandenburg, namentlich bei Abendbeleuchtung, gewähren. Ein guter Fahrweg führt hinauf. Am linken Ufer der Havel, an der Berliner Landstrasse, liegt bei dem Dorf Glienicke (gute Restauration) ein dem Prinzen Carl gehöriges geschmackvolles Landhaus mit Park; weiter auf dem *Babelsberg in dichtem Waldesgrün das 1835 nach Schinkels Plänen im normannischen Stil erbaute grosse Schloss des Prinzen von Preussen, mit prächtiger Aussicht, den schönsten Park-Anlagen und Wasserkünsten, Fontaine 130’ hoch aufsteigend.

Der Weg zu der 1 St. von Potsdam entfernten Pfaueninsel wendet sich unmittelbar hinter Glienicke links, und führt dann die Havel entlang bis zum Fährhaus, der Insel gegenüber, wo stets ein Boot zur Ueberfahrt bereit liegt. (In der Nähe beim Iwan, im russischen Blockhaus, rechts auf einer Anhöhe gute Bewirthung und hübsche Aussicht, schöner noch vom Vorplatz der nahen Peter-Pauls-Kirche.) Die Pfaueninsel war Friedrich Wilhelm III. Lieblingsaufenthalt; von ihm zu einem anmuthigen Park umgeschaffen, besitzt sie einen Reichthum an hohen schönen Eichbäumen. Sehenswerth ist das königl. Landhaus, in Form einer verfallenen römischen Villa mit zwei viereckigen Thürmen, aus den Steinen eines alten gräflich Schlieffenschen Hauses zu Danzig errichtet; die Meierei, am Ende der Insel, in Form einer gothischen Ruine; die Fregatte im Hafen, ein Geschenk Georg IV. von England; das Palmenhaus u. dgl. m.; vor allem aber sind es die reizenden Aussichten, welche die Havel nach allen Richtungen hin von der Insel aus gewährt, besonders im Gegensatz zu der einförmigen Sandebene Berlins. Doch wird die Pfaueninsel jetzt weit weniger besucht, als früher.
Schönste Aussicht bei Abendbeleuchtung vom *Brauhausberg, unmittelbar südl. an den Bahnhof grenzend, und von dem 1854 auf dem Kahlenberg, ½ St. südl. aufgeführten hohen Tempel.