Das Antiquarium. - Das Neue Museum. Das ägyptische Museum. - Gypsabgüsse.

Das Antiquarium (Eintr. S. 4), Eingang auf der Bückseite des alten Museums, unter dem Ueberbau, besteht aus antiken Vasen, Terracotten (Gefässen aus gebranntem Thon), Mosaiken, Bronzen, Gemmen, Münzen, unter den Vasen, deren an 1600 vorhanden sind, sollen manche von Kunstwerth sein, der Laie wird indess bald davon ermüdet. Er wird mit grösserer Aufmerksamkeit die kleinen Erzgebilde betrachten, welche mehr als irgend etwas geeignet sind, einen Blick in das häusliche und öffentliche Leben der Griechen und Römer zu gewähren, die Penaten, Waffen, Hausgeräthe, Statuetten, Schmucksachen u. s. w. Ausgezeichnet ist die Sammlung der geschnittenen Steine (Gemmen, vertieft Intaglien erhaben Cameen genannt), darunter eine Anzahl Kunstwerke ersten Ranges. Die bedeutendsten Gegenstände anderer Sammlungen (Wien, Paris, Haag) hangen in Abgüssen an der Wand. Das Münzcabinet zeichnet sich durch gute chronologische Anordnung aus. Abgüsse und Pasten der besten Gemmen sind bei den Aufsehern um ein Billiges zu haben. Auch von den bessern Vasen werden täuschend ähnliche Nachbildungen verfertigt.

Das *Neue Museum (Eintr. S. 5), durch einen Bogengang mit dem alten verbunden, nach Stülers Entwürfen ausgeführt, ist in der Innern Ausschmückung das prächtigste Gebäude Berlins; die Vorderseite, 340’ lang, ist nach Osten gewendet, wo auch der Haupteingang, jetzt noch durch umliegende Gebäude dem Auge entzogen. In ihm werden alle bisher einzeln in königl. Schlössern zerstreuten Sammlungen vereinigt, das ägyptische Museum, die Sammlung vaterländischer (slavisch-germanischer) Alterthümer, die Kunstkammer und ethnographische Sammlung (S. 11 und 12), die Sammlung der Miniaturen, Handzeichnungen und Kupferstiche, die Gypsabgüsse u. A. Um der hier gegebenen Beschreibung zu folgen, durchschreite man die Säle der Gypsabgüsse und begebe sich gleich in die untern Räume, welche der ägyptischen Sammlung, der Sammlung vaterländischer Alterthümer und der ethnographischen Sammlung gewidmet sind. In den für die Sammlung nordischer Alterthümer bestimmten Raum eintretend, erblicken wir über den Fenstern 10 stereochronische Wandgemälde, von Müller, Heidenreich und G. Richter, germanische Göttersagen, den Donnergott Thor, Surtur den Feuergott, den höchsten Gott Odin u. a. darstellend. Waffen, Gefässe, Götterbilder u. dgl. werden den Inhalt dieser Räume ausmachen.


Das *ägyptische Museum ist neben dem brittischen Museum zu London, dem vaticanischen zu Rom und dem Leydener Museum die bedeutendste Sammlung ägyptischer Alterthümer in Europa, früher grösstentheils im Besitz der Herren Passalacqua und von Minutoli, von Lepsius sehr erweitert und geordnet. Ihre grosse Reichhaltigkeit gewährt ein lebendiges Bild vom ganzen Haushalt der Aegypter, dem Zustand der Gesittung und Kunst, wie er bei diesem Volk vor 3.000 Jahren war, Bildsäulen ihrer Könige; Sarkophage, menschliche und Thier- Mumien, verhüllt und abgewickelt; Schiffsmodelle, Waffen, Kleidungsstücke u. dgl. Die Sammlung ist in 5 Räumen aufgestellt, deren künstlerische Ausschmückung wesentlich zur Erläuterung beiträgt. Die Hieroglyphenschrift am Gesimse des von 16 Säulen getragenen Vorhofs meldet, dass die Aufstellung auf Befehl des Königs Friedrich Wilhelm IV. stattgefunden hat. Rechts und links sind eine Reihe Grabsteine und Wandgemälde von Schirmer, Pape u. a., ägyptische Landschaften darstellend. In der Mitte zwei Widdersphinxe, im Hintergrund zwei gewaltige Colosse von Porphyr, sitzende Königsbilder, links Bamasses II., den die Griechen Sesostris nannten, ganz unversehrt, wie er aus Aegypten kam, rechts Sesursaten I. (2000 J. v. Chr.), dieser grösstentheils aus zusammengesetzten und ergänzten Bruchstücken entstanden. In dem von 8 Säulen getragenen Säulengang sieht man an den Wänden beschriebene Papyrusrollen unter Glas. Der historische Saal (links) enthält theils Bildsäulen von Göttern, Königen, Priestern und Würdeträgern des Reichs, theils andere Denkmäler, Opfersteine, Inschriften, Wandmalereien u. dgl. In den Glasschränken finden sich kleinere Gegenstände der verschiedensten Art aus dem häuslichen und religiösen Leben, Mumien der h. Thiere, Katzen, Fische, Schlangen, Krokodile, Frösche, Ibisse, Heuschrecken; Amulette, geschnittene Steine, Schmuck, Münzen, Geräthschaften. Zur Rechten des Säulengangs sind mehre *Grabkammern aus den von Prof. Lepsius aus der Nekropolis zu Memphis hieher gebrachten Bruchstücken ganz in der ursprünglichen Gestalt aufgebaut, von innen und aussen mit zahlreichen Hieroglyphen. Der anstossende astronomisch-mythologische Saal enthält vorzugsweise Sarkophage und Mumien, worunter der in der Mitte unter Glas aufgestellte Sarkophag, zu Theben ausgegraben, der werthvollste.

Ein mächtiges Treppenhaus (S. 20), an dessen Innern Seiten der Amazonenfries von Phigalia (die berühmten Reliefs eines Apollo-Tempels), führt in die obern Räume. Die Treppen sind aus schles. Marmor. Auf der mittlem Abtheilung der Treppe sind die beiden Pferdebändiger des Monte Cavallo zu Rom aufgestellt.

Durch die Thür rechts tritt man in die reiche Sammlung von Gypsabgüssen, nach der Antike sowie nach Meisterwerken des Mittelalters und der späteren Zeit in chronologischer Ordnung aufgestellt, im Anschluss an die Sculpturengallerie des alten Museums, in welcher nur Marmor- und Erzbildwerke sich befinden. Hervorzuheben mögten sein im Athenischen Saal das Giebelfeld des Minervatempels auf der Insel Aegina (Original in München) mit seinen Gruppen, die Reliefs des Festzugs der Minerva (Original in London); als Wandgemälde 10 griech. Landschaften: über der Thüre Athen, dann folgt die Abbildung des Gold-Elfenbeinbildes des Jupiter, Dreifussstrasse in Athen, Inneres der Akropolis, Aegina , Olympia, Phigalia, Syrakus; die drei Gräber von Flos in Lycien, Hain des Lycäischen Jupiter. Im Zwischengemach der schlangenumwundene Laökoon; im Apollosaal eine gewaltige Gruppe, der Farnesische Stier genannt, die Söhne der Antiöpe lassen die Peinigerin ihrer Mutter, die böse Dirke durch einen wilden Stier schleifen (Original in der Villa Farnese zu Neapel), der schlafende Endymion, Venus victrix, Venus von Milos, Venus von Medici, Diana von Versailles, Apoll vom Belvedere. In der Rotunde 4 Wandgemälde: Theseus tödtet den Minotaurus; Herakles fängt die Hirschkuh von Cerynia; Bellerophon tödtet die Chymäre; Perseus befreit die Andromeda. Unter den Standbildern Minerva von Velletri.

Die Hauptgruppe des griechischen Saals ist Niöbe mit ihren von Apoll und Diana getödteten Kindern; dann 99. der Borghesische Fechter, 44. der sterbende Fechter und der Discuswerfer. Wandgemälde aus der griech. Mythologie schmücken den Saal.

Durch den kleinen Saal gelangt man in den römischen Saal, dessen Decke die Wappen griechischer und italienischer Städte zieren; als Wandgemälde Landschaften des alten Italiens: der Venustempel bei Palaestrina, die Thermen des Garacalla in Rom, die Villa Tiburtina des Kaisers Hadrian bei Tivoli, die Kaiserpaläste und der grosse Circus in Rom. Unter den Bildwerken zu nennen: 11. Flora, 13. Athene Parthenos, 58. römischer Senator, opfernd, 61. Hypnos und Thanatos (Castor u. Pollux), 96. Minerva Giustianiani, 116. Venus, in der Stellung der mediceischen, 117. Dornauszieher, 162. Vulcan. Die folgenden Gemächer sind der mittelalterlichen und modernen Kunst gewidmet; in dem letzten, von 12 Marmorsäulen getragenen Saal die Flügelthüren des Baptisteriums S. Giovanni zu Florenz (Original in Erzguss von Ghiberti verfertigt), aus dem J. 1456, mit zehn Hautrelief-Darstellungen aus dem alten Testament.

Wir verlassen diesen Saal nnd betreten von neuem die Treppenhalle, deren Wände prächtige grosse stereochromische **Wandgemälde von Kaulbach schmücken, Hauptmomente der Geschichte der Menschheit darstellend, Bilder von grosser Wirkung: 1. der Fall Babels, König Nimrod im Mittelgrund, im Vordergrund die Theilung der Stämme, links die Semiten mit ihren Heerden, in der Mitte die götzendienerischen Nachkommen Hams, rechts die Japhetiten, die Gründer des kaukasischen Stamms. 2. Die Blüthe Griechenlands, Homer auf dem Vordertheil eines Schiffes, vor ihm Hesiod, Aeschylos, Sophokles, Alcaeus. Hinter diesen Pericles mit dem Plan des Parthenon, neben ihm Solon. Hirten, Jäger und Krieger im Hintergrund. Links Orpheus. Auf dem Bogen der Iris nahen Zeus und Juno, umgeben von den übrigen Göttern des Olymps. 3. Zerstörung Jerusalems durch den römischen Kaiser Titus und seine Legionen, im Vordergrund der hohe Priester, sich und die Seinigen tödtend, links Ahasverus der ewige Jude fliehend, rechts eine vortreffliche Gruppe, eine abziehende christliche Familie. An der Wand gegenüber werden zur Darstellung kommen 4. die Hunnenschlacht, 5. Kreuzfahrer vor Jerusalem, 6. noch ungewiss. Zwischen den grossen Gemälden einzelne historische Gestalten, auf der vollendeten Seite Moses und Solon auf Goldgrund, über denselben mythologische Gestalten: Isis und Venus; über den Eingangsthüren die Sage und die Geschichte. Um den ganzen Raum läuft unter dem reichverzierten Hängewerk ein Fries, welcher Grau in Grau die Entwickelungsgeschichte der Menschheit auf die anmuthigste und bedeutsamste Weise in Kindergestalten darstellt.