Handbuch des positiven Völkerrechts 1833

Autor: Saalfeld, Friedrich Prof. Dr. (1785-1834) deutscher Philosoph, Staatsrechtler und Publizist, Erscheinungsjahr: 1833
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Spione, Freibeuter, Deserteure, Kriegsgefangene
Inhaltsverzeichnis
Spione — Freibeuter — Deserteurs

Als Kriegsgefangene weiden nicht angenommen und behandelt Spione, Freibeuter und Deserteurs. Unter Spionen versieht man im Kriege solche Personen, welche unter dem äußeren Scheine des Freundes, oder des Neutralen, sich im Bereich des einen kriegführenden Teils einfinden, um den Zustand seiner Angelegenheiten, in sofern sich dieselben auf den Krieg beziehen, zu erforschen und den Gegner davon zu benachrichtigen *). Derjenige, welcher sich äußerlich als Feind zu erkennen gibt, oder seine Absicht nicht verheimlicht, kann auch nicht als Spion behandelt werden, so wenig als derjenige, der ohne die vom Feinde besetzten Gegenden, seine Lager, Linien, oder den durch seine Posten besetzten oder durchstrichenen Raum zu berühren, auf eigenem oder neutralem Gebiete die Verhältnisse desselben erforscht, oder dergleichen Nachforschungen nur zu seinem blonderen Zwecke', nicht aber um sie dem andern kriegführenden Teile mitzuteilen, vornimmt, wenn er gleich aus polizeilichen Rücksichten bis zum Frieden vielleicht in Haft gehalten werden wird. Dagegen aber wird durchaus nicht zu dem Begriffe eines Spions erfordert, dass derselbe seine gesammelten Nachrichten wirklich bereits dem andern kriegführenden Teile mitgeteilt, oder für Geld gekundschaftet habe. Sich der Spione im Kriege zu bedienen, wird übrigens für vollkommen völkerrechtlich angesehen, sobald nicht durch Verträge ein anderes ausdrücklich bestimmt ist; in der Praxis wird es selbst nicht als unerlaubt betrachtet, die feindlichen Untertanen gegen ihren eigenen Souverain als Spione zu gebrauchen, so wie auch durch Verfälschungen, namentlich durch falsche Pässe, das Geschäft der Spions zu erleichtern. Der Spion selbst, ausgenommen der Untertan der gegen seinen eigenen Souverain spioniert, macht sich durchaus keines Verbrechens im völkerrechtlichen Sinne schuldig, und wenn gleich die Kriegsraison allgemein den Spion zu töten gestattet, so ist dies Verfahren dennoch nicht als Strafe, sondern vielmehr nur als ein Abschreckungsmittel zu betrachten, weshalb auch derjenige der aufgehört hat Spion zu sein, nicht ferner getötet werden darf; nur gegen denjenigen, der auf frischer Tat ertappt wird, ist diese strenge Behandlung völkerrechtlich erlaubt; allein in dem Falle, daß der Spion zugleich ein völkerrechtliches Verbrechen begangen hatte, würde er zu jeder Zeit dafür bestraft werden können. Freibeuter oder Schnapphähne — partis bleus — Soldaten, welche sich ohne, oder wider den Befehl ihrer Offiziere, desgleichen bloße Einwohner, welche, ohne dazu besonders autorisiert zu sein, auf eigene Hand Feindseligkeiten erlauben, wer, den der Strenge nach mit dem Tode bestraft, auch kann sich jedermann ihnen widersetzen und sie gefangen nehmen Dagegen sind die Parteigänger, einzelne feindliche Trupps, welche von dem Hauptkorps entfernt, vielleicht im Rücken des Gegners, anbefohlene Feindseligkeiten üben, allerdings als rechtliche Feinde zu behandeln, wenn gleich ihr Haufen noch so schwach ist. — Deserteure, die beim Feinde Dienste genommen haben und nachmals wieder in die Gewalt der Partei geraten, der sie ursprünglich gedient hatten, werden nie als Kriegsgefangene angenommen, sondern als Verbrecher regelmäßig mit dem Tode bestraft.

*) v. Kampz, Beiträge zum Staats - und Völkerrechte