Hamburgische Künstler von 1650—1700

Es hat etwas Erschreckendes, zu beobachten, wie schnell auf dem weiten Gebiete der Malerei der Umfang des bestellten Bodens sich in günstiger Zeit ausdehnt, und wie plötzlich er sich dann wieder auf einen winzigen Fleck zusammenzieht, wenn die Witterung umschlägt. Neben üppig bestellten Äckern pflegen in den meisten Zeitaltern weitgedehnte Brachfelder zu liegen. Nur selten vermag ein Geschlecht das ganze Gebiet unter Kultur zu halten.

Gegen 1670 gab es in Holland eine reichentwickelte Stimmungslandschaft. Wo war sie noch vor 1700? Das neue Jahrhundert konnte aus sich heraus nur nachahmen oder Veduten malen. Um 1880 liegt bei uns die Historienmalerei, die ein ganzes Menschenalter Herrscherin über die Phantasie der Künstler und ihres Publikums gewesen war, in den letzten Zügen, zehn Jahre darauf ist sie begraben. Eine Bauernmalerei, vom ganzen Volk auf Händen getragen, hatte 1880 noch große Trümpfe im Spiel, um 1890 konnte sie ihren Platz am Tische nicht mehr behaupten.


Auf engstem Gebiet lassen sich in Hamburg zu allen Zeiten ähnliche Vorgänge verfolgen.

Gegen 1820 gab es bei uns kaum eine andere Kunstgattung als das Bildnis. Zehn Jahre später war unter den Händen der Jugend plötzlich eine höchst mannigfaltige und neue Landschaftsmalerei erblüht, und gegen 1840 war neben dem Bildnis und der Landschaft eine reichentwickelte Lebensmalerei auf dem Platze.

Diese sehr schnell vor sich gehenden Umgestaltungen in der Vergangenheit zu beobachten, ist notwendig für den, der sich in seiner eigenen Zeit zurechtfinden will. Denn man pflegt heute nur selten mit einer der ausschlaggebenden Eigenschaften jeder energischen und gesunden Entwickelung zu rechnen: der Schnelligkeit im Erblühen und — leider — im Vergehen. So kommt es immer wieder vor, dass der Vorhang fällt, ehe noch über dem Flüstern, Rufen und Scharren im Zuschauerraum die Mehrzahl verstanden hat, was auf der Bühne vor sich gegangen ist.

In einer Stadt wie Hamburg, die mit ihrer nächsten Umgebung die großen holländischen Kunststädte des siebzehnten Jahrhunderts an Einwohnerzahl um das fünf bis sechsfache übertraf, die in einem Jahre für die Bildnisphotographie — also im Grunde für Kunst, wenn auch in Wirklichkeit gegen Kunst — weit mehr Geld ausgab, als ein Jahrzehnt großer holländischer Malerei unter Frans Hals in Haarlem zur Verfügung gehabt hatte, war um 1894 fast das gesamte Gebiet der Malerei verödet. Phantasiekunst gab es nicht, Bilder aus dem Leben der Gegenwart wurden nicht gemalt. Das Bildnis wurde durch einige Damen gepflegt. Einige sehr wenige Landschafter, kaum drei oder vier, die man im Reich kannte, zwei oder drei Blumenmalerinnen, das war ziemlich alles, außer einigen vorübergehend anwesenden Künstlern, die in der wohlhabenden Stadt eine Existenz suchten. Bodenwüchsig darunter erstaunlich wenig. Und das in einer Stadt, die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts eins der wenigen vom Ausland unberührten Mittelpunkte einer tüchtigen Ortskunst gewesen war, deren Künstler sich als hamburgische Schule gefühlt hatten. Es scheint der Nullpunkt der künstlerischen Produktion gewesen zu sein. Was wird zehn Jahre später, um 1909, bei uns leben, und wie weit wird es hamburgisch sein?

Auch die hamburgische Malerei des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts muss unter diesem Gesichtswinkel betrachtet werden.

Wir haben über die künstlerische Tätigkeit von 1600 — 1650 sehr wenige literarische Überlieferungen und noch seltener sind aus dieser Zeit die Kunstwerke. Es scheint, als ob bei uns die Malerei sich damals wesentlich auf das Bildnis beschränkt habe. Hundert Jahre später, von 1700 bis 1750 gibt es bei uns eine noch immer sehr tüchtige Bildnismalerei. Aber von hervorragenden Sittenschilderern, Landschaftern, Seemalern, hören und sehen wir nichts.

Ganz anders stand es in den fünfzig Jahren, die zwischen diesen beiden Zeitaltern liegen. Von 1650 — 1700 wird bei uns alles gemalt, von der Heilsgeschichte bis zum Frühstück.

Selbst die noch junge Sammlung zur Geschichte der Malerei in der Kunsthalle vermag bereits eine Übersicht über den größten Teil des in der Zeit von 1650 — 1700 bebauten Gebietes zu geben.

Aber nicht nur der Umfang war größer als vorher und nachher, auch die Kraft und Freiheit in der Behandlung der Stoffe. Ein Bildnis von Luhn oder Jacobs hat einen weit tieferen malerischen und menschlichen Inhalt als eins von Denner.

Wir dürfen in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts eine Blütezeit der einheimischen Malerei sehen. Die führenden Meister, wie Jacobs und Scheits, waren Hamburger von Geburt. Aus Holland kamen tüchtige Künstler zu uns, Luhn, der Bildnismaler, Bellevois, der Seemaler. Waterloo, der Landschafter, zeichnete und radierte die Umgebung Hamburgs, und von hier aus wurden Anregungen nach Dänemark und Schweden getragen. Der „Vater der schwedischen Malerei“, Kloekker, unter dem Namen von Erenstral in Schweden geadelt, war Hamburger und Schüler unseres Jacobs.

Von Haus aus hamburgisch war nur ein Teil dieser Kunst. Hamburg bildete damals in mancher Beziehung eine Art Enklave holländischer Kultur auf deutschem Boden. Aus Holland stammten die Anregungen für die monumentale Baukunst, ein Holländer baute bei uns drei Kirchtürme, neue Stadtteile trugen holländisches Gepräge, unsere Künstler zogen zum Studium nach Amsterdam und Haarlem wie heute nach München. Aber in der Literatur, der Pflege der Wissenschaft, namentlich in der Musik war Hamburg gerade damals so selbständig und so deutsch, dass es ein Wunder wäre, wenn die Malerei lediglich nachgeahmt hätte.

In der Tat trägt die hamburgische Malerei jener Epoche einen durchaus lokalen Charakter allein schon durch die behandelten Stoffe.

Es wurde bei uns nicht holländisches Leben gemalt, sondern hamburgisches. Das Bildnis nahm den ihm zukommenden breiten Raum ein. Die Geselligkeit der vornehmen Hamburger Familien und das Leben der Bauern wurde beobachtet, die neuen Straßen und Prunkbauten der aufblühenden Stadt wurden unmittelbar als malerisch empfunden und oft in Bildern sehr großen Umfangs dargestellt. Die Maler begleiteten unsere Walfischjäger, schilderten die Kämpfe im Eismeer, und vergaßen nicht, auf ihren Bildern die silberne Burg im roten Feld unserer Flagge zwischen den Eisbergen wehen zu lassen. Andere zogen mit den von den Geleitschiffen der hamburgischen Marine geschützten Kauffahrteiflotten nach Portugal und brachten Schilderungen südlichen Lebens in den felsigen Buchten der Hafenplätze mit nach Haus. Die große Zahl solcher volkstümlicher Stoffe beweist, dass die Malerei damals tiefe Wurzeln hatte, und neben den gereisten Künstlern für die vornehme Welt gab es, nach den erhaltenen Beispielen zu schliessen, eine große Zahl von Handwerksmeistern, die für den Bedarf des niedern Bürgerstandes sorgten. Wie in Holland gehörten Ölbilder zum Hausrat. In meiner Kindheit waren in den Hamburger Marschen noch viele Bauernhäuser voll alter Ölgemälde.

Von den Malern, die damals bei uns gewirkt haben, können wir eine ganze Reihe schon jetzt in unserer Sammlung kennen lernen. Wir haben dabei die gereisten, die in den Niederlanden ihre Kunst gelernt haben, von den ungereisten zu unterscheiden. Natürlich sind die Schüler der Niederländer die bedeutenderen. Aber die in der Heimat nicht völlig zur Entwickelung Gekommenen dürfen dabei doch nicht übersehen werden, weil sie deutlicher als die auswärts Erzogenen die künstlerische Eigenart der Rasse zu offenbaren pflegen.

Die beiden bedeutendsten Künstler sind Matthias Scheits und Jurian Jacobs. Ihnen folgen Joachim Luhn, der aus Holland stammen soll, und die beiden Dittmers. Letztere sind uns noch wenig bekannt.

Jurian Jacobs und Matthias Scheits haben sich nicht bloß von den Holländern, sondern auch von den Flamen anregen lassen.

Jacobs umfasst beinahe das ganze Gebiet der Malerei. Er malt Bildnisse, Landschaften, Jagd- und Lagerszenen, Sittenbilder und Stillleben. Unsere Sammlung besitzt von ihm das treffliche Bildnis des Astronomen Voigt, der lehrend vor seinen Hörern steht, ein Tierbild und zwei Stillleben, Fleischstücke. Diese letzteren, namentlich das Kalbsviertel, gehören zu den von Künstlern am meisten bewunderten Bildern in der Kunsthalle. Wer der Kunst ferner steht, pflegt sich zu entsetzen, dass ein Künstler eine so hohe Meisterschaft daran wenden konnte, einen so „widerwärtigen“ Gegenstand zu malen oder gar „ein so widerwärtiges Bild“. Wer so fühlt — und es ist nicht unnatürlich bei einem Laien, der unter der Herrschaft einer klassizistischen Ästhetik aufgewachsen ist — , sollte sich sagen: ein Künstler von so ungewöhnlichem Können, von so feiner Empfindung wie Jacobs, hat sich von diesem Stoff nicht allein nicht abstoßen, sondern zur Beobachtung aller der zarten Gelb und Rot anlocken lassen, bis es ihm keine Ruhe ließ, den Eindruck festzuhalten. Auch Rembrandt hat ja bekanntlich einen ausgeweideten Ochsen gemalt, eins seiner Hauptbilder im Louvre, wo man es noch vor wenig Jahren etwas verschämt an eine dunkle Wand gehängt hatte, während es jetzt auf einem Ehrenplatz prangt. Und wenn heute die hervorragendsten Künstler der verschiedensten Richtungen, die die Kunsthalle besuchen, einstimmig sind in der Begeisterung für dies Bild unseres alten Hamburger Meisters, so sollte der Laie, dem es auf den ersten Blick nicht gefällt, sich fragen, ob nicht an ihm die Ursache liegt, dass es nicht auf ihn denselben künstlerischen Eindruck macht, wie auf den Künstler und erfahrenen Kunstfreund. Es ist so schön wie Blumen, rief Raffaëlli aus, als er es zuerst sah.

Von Joachim Luhn und den sehr tüchtigen beiden Dittmer besitzen wir noch keine oder doch keine charakteristischen Bilder. Im ersten Band der Publikation des Kunstvereins „Das Bildnis in Hamburg“, finden sich Nachbildungen einiger ihrer Hauptwerke.

Matthias Scheits, dem dies Buch gewidmet ist, scheint noch umfassender tätig als Jacobs. Er bebaut außer dem weiten Gebiet der Malerei auch noch das der Radierung und Illustration und behandelt die Handzeichnung als abgeschlossenes und selbständiges Kunstwerk.

Eine gewisse Verwandtschaft mit Scheits hat Jacob Weier, der biblische Stoffe und Bilder aus dem Leben seiner Zeit malte. Unsere Sammlung enthält die etwas verputzte Kreuzschleppung, eine Falkenjagd in der Umgebung Hamburgs und einen Überfall im Lager. Koloristisch ist er sehr verschieden, bald tonig auf Grau und Braun sich beschränkend, bald sehr farbig und sogar einem scharfen Blau nicht aus dem Wege gehend, was bei einem Künstler vom Ende des siebzehnten Jahrhunderts bei uns auffällt.

Soweit die allseitig entwickelten Individuen. Neben ihnen waren überall Spezialisten an der Arbeit.

Die Bildnismalerei der Epoche ist bei uns leider noch sehr schwach vertreten. Wir besitzen nichts von Luhn und den Dittmer, nur je ein Bildnis von Scheits und Jacobs, ein kleines Frauenbildnis von dem älteren Elliger und ein Senatorenbildnis, das von der Überlieferung dem E. Galli zugeschrieben wird. Das kleine Frauenbildnis von Elliger ist für eine besondere Gattung von Bildnissen jener Zeit charakteristisch. Die zierliche kleine Person steht auf einer Terrasse mit Marmorfliesen vor dem Hintergrund eines regelmäßigen Gartens.

Diese Umgebung scheint damals in Hamburg für das Bildnis beliebt gewesen zu sein. Wie der Gelehrte sich vor dem Hintergrund einer Bibliothek, so ließ sich der Kaufmann wohl mit seiner Familie in seinem Garten malen.

Das große Familienbild eines unbekannten Hamburger Malers, das die Überlieferung als Hieronymus Snitger mit seiner Familie bezeichnet, hat nicht nur kulturhistorische Wichtigkeit für uns. Es zeigt die durch keinerlei akademische Schulung gegangene Hand eines ungereisten Talentes. Vom akademischen Standpunkt ist an der Zeichnung manches auszusetzen. Dafür aber ist die Empfindung sehr selbständig und das sehr hervorragende koloristische Vermögen ungebrochen geblieben. Mann und Frau stehen Hand in Hand, von ihren Kindern umgeben, an einem mit einem prächtigen orientalischen Teppich bedeckten Tisch, auf den sich die Frau mit der Hand stützt. Die Haltung und der Ausdruck des Gesichtes bei der Frau verraten des Künstlers ungemein zartes Gefühl, und das kleine Kind auf dem Lederstuhl hinter dem Tisch mit dem feinen Weiß, Rot und Grau zeugt von einem Auge von seltener Begabung. Als Ganzes ist das Bild durch den koloristischen Aufbau und die Schönheit der Farbe von hohem — im besten Sinne — dekorativen Wert.

Dass es damals bei uns eine sehr tüchtige Miniaturmalerei gab, lässt sich in unserer Sammlung noch nicht lernen. Die einzigen Bildnisminiaturen haben sich, soviel mir bekannt, in der Familie Speckter erhalten. Es sind die künstlerisch sehr hervorragenden Bildnisse des berühmten Gründers der Hamburger Oper, Gerhard Schott und seiner Frau, Vorfahren der Familie Speckter.

Von dem aus Holland stammenden Marinemaler Bellevois besitzt unsere Sammlung jetzt drei ausgezeichnete Seestücke, zart und grau im Ton wie die holländischen Marinen des siebzehnten Jahrhunderts in der Regel.

Die Flamen, wie Bonaventura Peeters, gingen in ihren Seebildern dem blauen Himmel und blauem Meer nicht aus dem Wege und vererbten diese Gewohnheit auf die Hamburger, die sich ihnen anschlossen. Von einem von ihnen, G. Stuhr, enthält unsere Sammlung u. a. die große Ansicht eines südlichen Seehafens und ein Seegefecht. Georg Stuhr war der bedeutendste Vertreter einer weitschichtigen Künstlerfamilie, die für den Tagesbedarf sorgte. Es scheinen mindestens sechs Maler dieses Namens zu gleicher Zeit Walfischfänge, Seehäfen, Gartenansichten und die Neubauten in Hamburg gemalt zu haben.

Oft sind diese Ansichten der Börse, des Rathauses oder der ganzen Stadtsilhouette von riesenhaftem Format und künstlerisch nicht ohne Verdienst.

Die Landschaftsdarstellung beschränkte sich jedoch keineswegs auf diese Stoffe der täglichen Umgebung. Durch Glauber und Meyiering — von letzterem besitzt die Kunsthalle zwei Bilder — wurde die klassische Landschaft im Sinne Claudes und Poussins bei uns eingeführt. Namentlich Meyiering scheint Schule gemacht zu haben.

Der Hamburger Oswald Harms, auch als Radierer bekannt, übernimmt gelegentlich Motive von ihm. Es war nur natürlich, dass die Hamburger Oper in ihm einen Künstler gerade dieses klassizistischen Kreises als Dekorationsmaler anstellte.

Das Stillleben muss sich, ein gutes Zeichen für die Erziehung des Auges und der künstlerischen Empfindung, in der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts bei uns sehr großer Beliebtheit erfreut haben. Seine Entwicklung gipfelte im Blumenstück, ganz wie bei den Holländern, wo es sich als Frühstück oder Nachtisch aus dem großen Regentenstück losgelöst hatte. Ein Stillleben, wie Jurian Jacobs Kalbsviertel oder Hammelkeule, wäre um das Jahr 1700 wohl selbst in Hamburg nicht mehr möglich gewesen, denn auch zu uns war, wie die beiden historischen Paradestücke des jüngeren Elliger, der bei Lairesse gelernt hatte, in unserer Sammlung erkennen lassen, der klassizistische Geschmack gedrungen, und damit war es aus mit der Frische und Ursprünglichkeit der Empfindung, die zu einer solchen Kraft- und Prachtleistung gehört.

Zweihundertfünfzig Jahre sind vergangen, und noch hat seitdem kein Künstler wieder bei uns soviel Mut und unbefangene Freude an der Welt offenbart, wie der alte Jacobs.

Neben seinen beiden Meisterstücken, die auf die niederländische Kultur zurückgehen, weisen die Nachtischbilder von Christian Berenz auf italienische Einflüsse, und in der Tat war der Künstler mit Tamm zusammen in Rom. Sein bedeutendstes Werk ist der aus der Kasseler Galerie stammende Nachtisch mit dem silbernen Teller, in dessen Grau sich gelbe Feigen spiegeln, und der ein fein fühlendes Auge verrät.

Johann Georg Hintzsch malte „Früchte, goldene und silberne Geschirre, Gläser, Gefäße, Esswaren, Küchengeräte“, wie der Verfasser unseres Künstlerlexikons noch weiß.

Wir haben ein inhaltlich sehr wichtiges Bild von ihm, einen Schrank mit vielen Fächern, in dem die seltensten Kostbarkeiten an silbernen und kristallenen Gefäßen und Geschmeide aufbewahrt werden.

Ernst Stüven mit drei tüchtigen Fruchtstücken, Elias Galli mit einem Nachtisch, S. de Vlieger mit einem sehr köstlichen und originellen kleinen Blumenstück, und Andreas Scheits — der Sohn des Matthias — mit einem sehr feinen grauen Geflügelbild vertreten den tüchtigen Durchschnitt. Der bedeutendste von allen unseren Stilllebenmalern neben Jacobs ist jedoch Franz Werner Tamm, der auch als Tiermaler hervorragte. Unsere Galerie enthält von seiner Hand u. a. ein herrliches, großes Fruchtstück, überaus originell in Farbe und Technik, einen großen Blumenstrauß, dessen Helldunkel sehr neu und kühn anmutet und dessen kostbare Farbe — die Blau allein — von einem der begabtesten Augen zeugt, und ein großes Bild mit Jagdbeute.

Ein Vergleich der koloristischen Neigungen unserer Stilllebenmaler von 1650—1700 ergibt die Tatsache einer ungemein selbständigen individuellen Entwicklung des Auges. Soviel Künstler, soviel eigene Anschauungs- und Ausdrucksweisen. Für die Bildung des Auges gehören die Stillleben von Jacobs und die Frucht- und Blumenstücke von Tamm zu unseren kostbarsten Besitztümern.

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Das ist, soweit unsere junge Sammlung sie heute darzulegen vermag, die Umgebung, in der Matthias Scheits geschaffen hat.

In den sechs oder sieben Menschenaltern, die seither verflossen sind, ist fast alles, was damals die Häuser der Hamburger Kunstfreunde anfüllte, vernichtet oder vom Kunsthandel entführt worden. Die Bruchstücke, die sich noch sammeln Hessen, genügen jedoch, um durch den Augenschein den Beweis einer umfassenden lokalen Kunsttätigkeit zu erbringen. Das Beste darunter ist nicht nur vom lokalen Standpunkt hervorragende Kunst.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Künstler - Matthias Scheits
015 Matthias Scheits - Der Ausflug

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019 Matthias Scheits - Vor dem Wirtshaus 1678

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023 Matthias Scheits - Heimkehr vom Jahrmarkt 1679

023 Matthias Scheits - Heimkehr vom Jahrmarkt 1679

027 Matthias Scheits - Der Überfall auf der Landstraße 1675

027 Matthias Scheits - Der Überfall auf der Landstraße 1675

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