Biblische Stoffe

Auf den Ölgemälden mit biblischen Stoffen ist Matthias Scheits am wenigsten selbständig. Eine heimische Überlieferung gab es für ihn nicht, er hatte zu viel gesehen. Sein Hamburger Zeitgenosse Jacob Weier steht auf älterem Boden und erscheint mit der Kreuzschleppung in unserer Sammlung wie ein später Nachzügler des Franziskus Franck, der 1563 für die Petrikirche in Hamburg das jetzt unserer Sammlung überwiesene Bild vom Zug nach Golgatha gemalt hat.

Scheits ist in seinen religiösen Bildern Eklektiker, wenn auch nicht so auffallend wie in seinen Bibelillustrationen. Er steht mittwegs zwischen romanischer Eleganz und Rembrandtscher Innigkeit und Phantastik.


Die Kunsthalle besitzt zwei Darstellungen der Rebekka am Brunnen, beide leider verputzt, und ein wohlerhaltenes Bild der Samariterin am Brunnen.

In der Anlage sind die drei Bilder einander sehr ähnlich. Die ragenden Formen füllen die linke Seite der wie durch eine Diagonale von oben links her geteilten Bildfläche. Scheits liebt diese Teilung der Fläche überhaupt.

Rebekka und Elieser sind auf beiden Bildern sehr vornehme Leute, die sich ausgezeichnet zu benehmen wissen. Rebekka steht in stolzer Haltung da, es ist der Prinzessinnentypus, unter dem man sich die Nausikaa vorstellt. Elieser, ein Hofmann, kniet vor ihr, das eine Mal, sein Barett in der Hand, den von Rebekka gehaltenen und von ihm gestützten Krug an die Lippen führend. Das andere Mal ist Rebekka eben mit dem Kruge herangetreten, und der kniende Elieser macht noch die Gebärde des höflichen Dankes. Das sind in Haltung und Bewegung durchaus klassizistische Gestalten, die romanisches Blut in den Adern haben. Aber doch ist es nicht reine Rasse. Der Elieser mit der Mütze in der Hand hat das Profil eines derben Niedersachsen, und die in rot und weiße, antikisierende Gewänder gekleidete blonde Rebekka vor ihm könnte ihren Zügen nach eine Landsmännin von ihm sein.

Sie sind nicht unlebendig. Aber die alten und jungen Dienerinnen der Rebekka, wie sie um den Brunnen beschäftigt sind oder zuschauen, haben doch einen weit höheren Grad von Wirklichkeit. Eine Magd in orangefarbenem Kleide, die den Eimer hinablässt, ist eine prächtig bewegte Rückenfigur. Für die hockende Alte, die misstrauisch auf das Paar sieht, hat Scheits ein sehr ausdrucksvolles Bewegungsmotiv gefunden.

Das eine, mit der Rebekka in Rot und Weiß, trägt die Jahreszahl 1659. Leider missglückte die Photographie. Es ist das einzige mir bekannte Ölgemälde des Künstlers, das eine Jahreszahl trägt, und wäre deshalb für die Einordnung der übrigen Gemälde von höchster Wichtigkeit, wenn die Inschrift nicht verdächtig wäre.

In Bezug auf die Farbe steht es den undatierten drei Bauernbildern am nächsten. Eine Art Schieferblau kommt als großer Fleck im Gewände der Rückenfigur vor, ähnlich wie auf den Bauernbildern das Blau noch eine Rolle spielt.

Die Samariterin am Brunnen befand sich unter dem Namen des Benjamin Cuyp im Hamburger Kunsthandel. Aber das Bild trug so deutlich den Charakter des Scheits, dass ich den Besitzer bewegen konnte, es der Kunsthalle zu stiften. Bei der Reinigung fand sich denn auch das Monogramm des Künstlers.

Die Samariterin ist die Hauptfigur und hat offenbar den Künstler weit mehr interessiert als der elegante, ziemlich leere Christus. Sie steht, auf ihren kupfernen Krug gestützt, am Brunnenrand und blickt, aufmerksam zuhörend, mit sinnendem Ausdruck vor sich hin. Die Linke hat sie hinter den Rücken gelegt. Sie trägt einen gelben Rock, ein rotes Mieder und weite, weisse Ärmel. Rechts in der Ferne warten die etwas verwildert aussehenden Jünger des Herrn.

Der Farbe und Komposition nach würde ich geneigt sein, diese religiösen Bilder ziemlich früh anzusetzen, jedenfalls noch vor 1672. Das Bild mit der Rebekka in Weiss steht ungefähr auf der koloristischen Stufe der Bauernbilder. Dieser Art mögen die Bilder des Scheits gewesen sein, die den Sternschen Verlag bestimmten, ihm den großen Auftrag der Bibelillustration zu übertragen.