f. Wie Kniphoff sich zum Kampfe rüstete

f. Wie Kniphoff sich zum Kampfe rüstete

Als nun Clans Kniphoff die Hamburger Schiffe gewahrte, da rief er sein Volk zusammen, um zu beraten, ob es tunlich sei, davon zu fahren und dem Kampf auszuweichen. Als er sich mit seinem Volke so besprach, da antwortete dasselbe: er möchte nur liegen bleiben und die Hamburger Landratzen nur herankommen lassen, sie wollten ihrer wohl mächtig werden; die Hamburger wären doch nur Apfelschützen, dererwegen sie unverzagt seien; wenn sie den Streit nicht annähmen, so würde die Kunde vor Fürsten und Herren kommen, dass sie vor Apfelschützen geflohen wären; solche Schande könnten und möchten sie nicht leiden; sie wollten sich wehren mit Macht, — übrigens würden sie die kleinen Hamburger Kraffeln und Bojer mit den Karthaunen und Serpentinen der Gallion leichtlich in den Grund schießen.


Als nun Kniphoff diese mannhafte Antwort seines Volks vernahm, wurde er froh und sprach: „Hei frisch, ihr lieben Gesellen, wir wollen Preis und Ehre gewinnen. Da liegen güldene Berge, die sollen unser sein. Jeder Büchsenschuss und Constabler lade und schieße aber Büchse und Geschütz nur auf die Kraffeln ab, und nicht auf die Bojer, bei Leib und Gut! damit wir unser Kraut und Loth nicht unnütz verschießen.“ Daß er somit verbot, auf die Bojer zu schießen, das hat ihm nachmals großen Schaden gebracht. So mag der Mensch, wenn Gott im Himmel einmal seinen Untergang beschlossen hat, es anfangen, wie er will, und noch so klug zu handeln vermeinen, es hilft doch nichts, und Alles muß zu seinem Verderben dienen.

Hierauf war Kniphoff bedacht, den Hamburgern kund zu tun, dass er den Kampf mit ihnen annehme, und sie zu grüßen, wie gute Kriegsmänner achtbare Feinde mit Ehren zu grüßen pflegen. Er steckte also auf seinen Schiffen die Fähnlein auf und ließ sie fliegen. Dazu ließ er aus den größten Stücken seiner Geschütze drei Schüsse thun, den Hamburgern zu Ehren und um sie willkommen zu heißen. Solchen Kriegesgruß erwiderten die Hamburger und feuerten auch aus ihren größten Stücken drei Schüsse. Dabei ist es am 6. Oktober geblieben. Und als es dunkelte und die Nacht das weite Meer bedeckte, und nur auf jedem Schiffe die Leuchte beim Steuer schimmerte, da lagen die beiden Flotten so friedlich und still einander gegenüber, als wenn sie nimmer morgen auf Tod und Leben zu streiten bestimmt gewesen wären; und das Volk aß und trank und war guter Dinge, und ging schlafen, und freute sich auf den Morgen wie auf einen Ehrentag, und doch sollte manch junges frisches Blut dahin fließen und manch kühnes Auge den Abend nicht wieder schauen.

Aber Claus Kniphoff konnte nicht schlafen, denn es mahnte ihn düster, und es kam ihm ein Grauen an, wenn er des kommenden Tages gedachte. Vielleicht fiel ihm das Geschick seines Namensvetters, Claus Störtebeker, ein, in dessen Fußtapfen er leider getreten, welcher vor mehr als 100 Jahren von den Hamburgern überwunden und zum Blutgericht fortgeführt war. Das Mögliche zu seiner Rettung versuchend, schickte er mit einbrechender Nacht heimlich und still seinen Schiffsschreiber mit einem Boote ans Land, damit er noch Volk anwerbe und auf die Schiffe brächte. Der Schreiber war eifrig im Dienste seines Herrn, und brachte in der Nacht zusammen, wen er antraf und halbwegs bereit fand; einige holte er aus den Betten, Fischerleute und Bauern, die an dortiger Meeresküste insgesamt der Seefahrt wohl kundig — denen sprach er schöne Dinge vor und verhieß ihnen reiche Beute, wenn sie nur einige Stunden lang helfen wollten. Sie ließen sich bereden und gingen mit zu Schiffe, und gedachten nicht länger dort zu weilen, als zum Verzehren eines Herings gehört, und bald genug mit Geld und Gut beladen wieder daheim am warmen Ofen zu sitzen; ja der Mensch denkt und Gott lenkt! und dass ihrer Viele dort erschlagen oder als Gefangene mit nach Hamburg vors Gericht geführt werden würden, das dachten sie freilich nicht, als sie die Betten verließen und von Weibern und Kindern schieden, um Kniphoffs Mannschaft zu verstärken.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II