c. Von Kniphoffs räuberischen Seefahrten

c. Von Kniphoffs räuberischen Seefahrten

Um diese Zeit wurden die Vlieländischen Gewässer unsicher. Kniphoff und seine Gesellen kreuzten umher, und machten Jagd auf die Hansischen Kauffahrer, die mit reicher Ladung völlig ungewarnt und deshalb wehrlos aus der Schelde kamen oder dahin segelten. Diese Probestücke fielen erfolgreich aus, und spornten die Beutelust des Geschwaders zu verdoppeltem Eifer; auch die Schiffe anderer Nationen hielten sie an und plünderten sie ans. Die Beute suchten sie in den Niederländischen Seestädten zu Gelde zu machen, wobei sie Anfangs willige Käufer genug fanden.


Als es nun aller Orten ruchtbar geworden, dass Kniphoff ein Seeräuber, dass sein Kriegs-Unternehmen nichts als ein gemeiner Piraten-Zug geworden sei, und als die beraubten Hansischen Kaufleute bei ihrer Obrigkeit um Hilfe gebeten hatten, da beschickten die Städte den Hof zu Brüssel, und führten Klage gegen Kniphoff.

So gern nun auch die Regentin Frau Margaretha ihren Verwandten, König Christiern, schonen mochte, so konnte sie doch nicht umhin, die Sache zu untersuchen. Christiern, um seinen Anteil an Kniphoffs Zügen befragt, stellte es durchaus in Abrede, ihn zur Seeräuberei bevollmächtigt zu haben, und gab als Zweck der ganzen Expedition wiederholt die Vereinigung dieses Geschwaders mit dem des Sören Norby an, welcher sich zu der Zeit in den Gewässern der Ostsee umhertrieb und dort den Hansen in aller Weise schadete. Demnach sandte die Regentin den Hansestädten ein besiegeltes Schreiben, worin sie dem Kniphoff keinen Schulz in ihren Landen zu geben versprach, ihn für einen Seeräuber erklärte, und die Hansen ausdrücklich aufforderte, ihm und seinen Gesellen, wo sie derselben habhaft werden könnten, der Seeräuber Recht und Gericht widerfahren zu lassen. Den Niederländern aber wurde aller Verkehr mit Kniphoff verboten; auch die Herren von Amsterdam schickten ihm Botschaft, dass er ihre Gewässer schleunigst meiden müsse, da sie mit den Hansestädten im Frieden lebten und ferner in Freundschaft zu leben gedächten. Zugleich wurde es in ganz Holland scharf untersagt, Kniphoffs Beute, wo sie etwa zu Markte käme, zu kaufen.

Da nun die Freibeuter in den Niederländischen Gewässern kein Heil mehr zu erwarten hatten, gingen sie in die offne Nordsee, wo sie fortfuhren, ohne Rücksicht und Schonung ihr Gewerbe zu treiben. Auf der sogenannten Trade, einem Fahrwasser zwischen Jütland und Norwegen, stießen sie auf eine Flotte Dänischer Handelsschiffe, und gedachten sie zu nehmen. Aber die Dänen waren für solchen Fall wohlgerüstet mit Geschützen, Pulver und Blei, und verstanden damit so trefflich umzugehen, dass Kniphoffs Gesellen Gott danken mußten, als sie mit leidlich heiler Haut davongekommen waren. — Darnach landeten sie auf der kleinen Norwegischen Insel Fleckeroe (bei Mandal) und an andern Küstenorten dieses Reiches, wo sie nicht nur die Hansischen Kaufmannsgüter raubten, sondern auch die friedlichen Landesbewohner überfielen und überall plünderten und schlimme Frevel übten gegen Geistliche, Bürger und Bauern.

Kühn gemacht durch das bisherige Glück, faßte Kniphoff nun den Anschlag, nach dem Beispiel der Vitalianer die Stadt Bergen zu nehmen. Bergen, Norwegens reichste und mächtigste Stadt, worin damals 36 Kirchen, Klöster und Stiftungen bestanden, hatte in seinen Augen noch den Vorzug, dass hier die berühmte Faktorei der Hansestädte (das sogenannte Hansische Comtoir) blühte, in deren Gewölben er außer reichen Warenvorräten auch große Schätze baren Geldes zu finden hoffte. Er würde also durch einen siegreichen Angriff auf Bergen, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen haben, indem er sodann in den Besitz der Hauptstadt eines der abgefallenen Reiche seines Königs gekommen wäre, und zugleich dessen Erzfeinden, den Hansen, einen schwer zu verwindenden Schaden beigebracht hätte.

Der Anschlag aber war zu verwegen und überstieg die Kräfte seines Geschwaders. Die Bergen'schen Bürger, und nicht minder die Hansischen Kaufleute, kräftige abgehärtete Männer, die eher von ihrem Leben als von ihrem Gute zu lassen entschlossen waren, rüsteten sich zeitig, und setzten den anstürmenden Freibeutern einen so geordneten und wirksamen Widerstand entgegen, dass dem übermütigen Kniphoff nichts anderes übrig blieb, als vorläufig aufs offene Meer zurückzuweichen, wo er inzwischen seine Räubereien eifrig fortsetzte. Die brauchbarsten Seeleute der genommenen Schiffe pflegte er durch Zwangsmittel zu nötigen, in seinem Dienste zu bleiben.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II