b. Wie König Christiern den Claus Kniphoff als Hauptmann bestallt

b. Wie König Christiern den Claus Kniphoff als Hauptmann bestallt

Des Geschwaders Hauptschiff war ein gewaltiger Viermaster, die Gallion, wie man (von dem also benannten Schiffsschnabel) die größten Kriegsschiffe der Spanischen Silberflotte zu nennen pflegte, und dann auch alle ähnlich gebauten Schiffe, etwa von der Mächtigkeit eines heutigen Fregatt- oder Linienschiffes. Zwei minder große Schiffe hießen der Bartum und der fliegende Geist, ein viertes, eine kleine Jacht, hieß der weiße Schwan. Zum Ober-Anführer dieses Geschwaders ernannte König Christiern den Claus Kniphoff. In der Bestallung bevollmächtigte er ihn: nach Bedürfnis ehrliche Landsknechte anzuwerben, Capitaine, Schiffer und andere erforderliche Offiziere zu ernennen, und alle Schiffe, Schlösser, Städte und Lande, die ihm Gott als gute Prisen verleihen werde, wohl zu verwalten oder von tauglichen Personen regieren zu lassen.


Demgemäss ließ Kniphoff die Werbetrommel rühren, und bekam bald eine Menge kriegskundiger und seegewohnter Leute; ein Volkslied spricht von 1000 Mann, deren Zweifel über die versprochenen Goldzahlungen Kniphoff durch Hinweisung auf die reiche Kriegsbeute zu heben verstand. Abenteurer und Glücksritter aller Art fanden sich zu ihm, darunter Edelleute, wie Simon Gans (vermutlich von Puttlitz) und Jürgen von Sidow, wie auch Benedikt von Alefeld, ein Holsteiner, der seine Güter an den verstorbenen König Johann verkauft und sein Vermögen verprasst hatte, weshalb man ihn spottweise nur den Ritter Anefeld (ohne Feld) nannte; der gedachte unter Kniphoffs Banner neue Güter zu erwerben. — Als die Ausrüstung vollendet war, ging das Geschwader in der Fastenzeit des Jahres 1525 unter Segel und kreuzte vorerst in den Gewässern bei der Insel Vlieland.

Claus Kniphoff war ein Jüngling von 25 Jahren, groß und schön, ritterlichen Ansehens, kräftigen gewandten Körpers und ungewöhnlich begabten Geistes; sonst hätte auch wohl König Christiern dem noch so jungen Manne schwerlich ein so wichtiges Kommando, ein so unbegrenztes Vertrauen verliehen. Er war in Kopenhagen geboren und guter Leute Kind; sein Stiefvater, Jürgen Kock, genannt Mynter, ein Bürgermeister zu Malmoe, hatte ihn gut erzogen, und selbst ein ihm feindliches Volkslied lobt Kniphoffs edle Sitte und feine Art. Sein rasches Aufsteigen im Kriegsdienst hatte aber seinen Ehrgeiz geweckt, der wurde sein Verderben; des Königs Auftrag: die Macht der Hansestädte zu vernichten und Norwegen zu erobern, zusammenstimmend mit seinen hochfliegenden Plänen, wie mit seiner unbedingten Anhänglichkeit für die Sache seines Herrn, in welchem er nur einen Unglücklichen sah, ließen ihn die Grenze zwischen dem ehrlichen Kriege und der Piraterie bald verkennen und überschreiten. Eine offene Kriegs-Erklärung erachtete er den Hansen gegenüber für unnötig. Um seinem Zwecke näher zu kommen, bedurfte er noch viel größerer Mittel, weshalb er vor allen Dingen nach Beute trachtete, die er den verhassten Hansen abgewinnen wollte. So kam es, dass der kühne Jüngling, der zu edlerem Beruf bestimmt schien, durch Ehrgeiz und Ruhmsucht geblendet, so schnell die Ehrenbahn des Kriegers verließ und zum Freibeuter hinabsank. Aber sicherlich nicht ohne die Mitschuld eines seiner Genossen, des roten Claus (auch Rode Claus oder Claus Rode genannt), eines kriegskundigen Abenteurers, der zu Kniphoffs Geschwader in den Vlieländischen Gewässern kam, und sich bald so sehr des jungen Anführers Vertrauen zu erwerben verstand, dass er zunächst unter ihm befehligte. Von der Zeit an, als dieser Mensch, dessen tyrannische Bosheit und Grausamkeit die Volkslieder verwünschen, zu Kniphoff gekommen war, begannen auch dessen Frevel und Verbrechen, und füglich kann man den roten Claus seinen bösen Dämon, seinen Teufel nennen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II