St. Jlsabe'n-Haus

St. Jlsabe'n-Haus

Obschon der Ratsherr Johann Kletze sein Vergehen durch den Tod gebüßt hatte, so war das dem frommen Gemüte und der ehelichen Liebe seiner hinterbliebenen treuen Hausfrau Gesa, des Markward Schreye Tochter, nicht genug. Zu noch größerer Sühne seines Fehls bei Gott und den Menschen, zum Gedächtnis an seine in der blutigen Fehde erschlagenen Genossen, und um für ihren unglücklichen Herrn statt des Fluches ein gesegnetes Andenken bei den Mitbürgern und Nachkommen zu erwecken, schuf sie ein Werk christlicher Liebe, zu welchem sie all sein hinterlassenes und ihr eigenes Vermögen nebst den Spenden der Familie bestimmte. Wir müssen es schon rühmend preisen, wenn Jemand im großen Glücke, von Freude getrieben, an arme Unglückliche denkt und Betrübte tröstet. Aber in tiefster Trauer, im wehesten Herzeleid durch christliche Liebeswerke sich empor zu richten, das ist noch größer, noch schöner.


Im Jahre 1428 stiftete sie nämlich ein Hospital am Burstah und nannte es zu Ehren der heiligen Elisabeth St. Jlsabe'n-Haus, und versah es mit so reichen Einkünften an Brau- und Wohnhäusern, Renten und Gülten, dass zwanzig unvermögende alte Wittwen und Jungfern nebst vier Pflegerinnen zu ihrer Bedienung darin bequem versorgt und unterhalten werden konnten. Und in ihrem Testamente vom Jahre 1443 vermachte sie noch jeder der Jlsabe'n-Schwestern eine milde Gabe. Zur Unterscheidung nun von dem etliche Jahrhunderte früher zu ähnlichen Zwecken gestifteten Hospital zum heiligen Geiste nannte man im Volke dieses auch wohl „den grooten“ und das Jlsabe'n-Haus „den lütten hilligen Geest.“

Grade 100 Jahre lang hat die Stiftung der frommen Witwe Kletze unverändert bestanden. 1528 in der Kirchen-Reformation wurde das Hospital der neuernannten Verwaltung des St. Marien-Magdalenen-Klosters (welches kein Vermögen besaß) untergeben. Drei Jahre darnach wurden die in letzterem noch geduldet gewesenen Mönche ausgewiesen, worauf die Vorsteher, nämlich Ehrbare Oberalten (die auch den grooten hilligen Geest verwalteten), in dies leere Kloster die sämmtlichen Bewohnerinnen des Jlsabe'n-Hauses übersiedelten, und das letztere an den späteren Ratsherrn Detlev Schuldorp verkauften. Noch 1810 hat dies Gebäude gestanden und die Hausnummer 57 geführt.

Nach und nach veränderte sich auch die innere Einrichtung; die aufzunehmenden Wittwen und Jungfern mußten ein gewisses Eintritts- oder Einkaufs-Geld entrichten, wofür sie, außer der freien Wohnung im Kloster, auch Feuerung und eine Leibrente erhielten. Davon hießen sie Praebendariae oder Prövenerinnen, und sonst auch Klosterschwestern; ihre Oberin hieß die Mesterin. In dem großen Klostersaale hielten E. Oberalten ihre Versammlungen in Hospital- oder Landgebiets-Angelegenheiten, bis zu unsern Tagen.

So ist denn das jetzige St. Marien-Magdalenen-Kloster eine Verschmelzung zweier Stiftungen des Altertums; das Gebäude, das schirmende Obdach, gewährt Adolfs IV. Gelübde in der Schlacht von Bornhövede, die sonstige Lebensnotdurft: das nicht minder fromme Liebeswerk und Sühnopfer der Frau Gesa Kletze.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II