Palmsonntags -Prozession

Palmsonntags -Prozession
(1445.)

Wie's in katholischen Ländern Brauch ist, so wurde auch vor alten Zeiten in Hamburg am Palmsonntage von den „Papen und München“ eine feierliche Prozession vorgenommen, wobei man unsers Heilandes Einzug in Jerusalem bildlich darzustellen pflegte. War auch viel Pomp, Narrheit und Schalkheit mit im Spiele, so hatten doch, zumal Anfangs, Viele ihre Andacht dabei. Weil's sich nun wohl traf, dass der Gesell, welcher bei solchem geistlichen Schauspiel den Herrn Christum darzustellen hatte, ein loser Vogel und solcher Ehre unwürdig war, oder nachmals viel Gespött darüber entstand, so hielten es die Kirchenherren zu St. Jakob! für besser, hinfüro keinen lebenden Menschen dazu zu nehmen. Sondern sie ließen ein Heilands-Bild von Holz machen, größer denn ein Mensch, und ihm Antlitz und Hände wohl anstreichen, wozu sie dann die Gestalt bekleideten, wie man den Herrn Christum auf alten Schildereien bekleidet sieht; und diese Figur ritt auf einem großen Esel, auch von Holz und mit Eselsfell ganz natürlich beschlagen, mit starken eisernen Nullen unter den Füßen, also, dass mau leichtlich das ganze Christus-Bild auf dem Esel umherziehen konnte.


Und am Palmsonntage des Jahres 1445 wurde es zuerst öffentlich in der Prozession gebraucht, und wurde mit Fahnen und geschwungenen Räucherfässchen, bei Chorgesang und Glockengeläute einmal rund um die Kirche gezogen, wobei unzählig viel Volk gegenwärtig war, das mit grünen Zweigen den Zug geleitete, bis er wieder in die Kirche ging; daselbst wurde das Christus-Bild verwahrt bis zum nächsten Jahre. Und seitdem hat das Bild, solange das katholische Bekenntnis noch in Hamburg herrschte, alljährlich am Palmsonnrage zu solcher Prozession gedient, bis zur Reformation, da wurde es in die Garvekammer der St. Jakobi-Kirche gestellt, wo die Kirchen-Geräte standen und die Messgewänder hingen. Aber im Jahre 1530 kam einmal ein Volkshaufen hereingestürmt, der holte das Bild heraus, und fuhr damit unter Jubelgeschrei auf und davon, und Niemand weiß, wohin es gekommen ist. Sie sagen aber, etliche wilde Gesellen hätten das Christus-Bild, wie den Esel, mit Äxten in Stücke gehauen und sodann verbrannt, was just nicht zu loben ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II