Dithmarscher Fehden. Martin Swartekopp und Ralev Garsten

Dithmarscher Fehden. Martin Swartekopp und Ralev Garsten
(1430-1434)

Im Jahre 1439 sind die Dithmarscher der Hamburger Feinde geworden, darum, dass diese kraft kaiserlicher Privilegien jene,, nicht gestatten wollten, Korn von der Elbe anders wohin zu verschiffen, als gen Hamburg. Daran wollten die Dithmarscher sich nicht kehren, aber statt den Streit in Güte zu verhandeln, schlugen sie gleich mit Keulen ein. Denn als im selbigen Jahre die Hamburger Kriegsvölker, welche die Stadt dem Herzoge von Schleswig zu Hilfe gesandt hatte, von Apenrade zu Wasser heimkehrten und an der Dithmarscher Küste friedlich ans Land stiegen, da wurden sie unabgesagt von den Dithmarschern, unter deren Häuptling Ralev Carsten, überfallen, und sind ihrer viele getötet, noch mehrere aber verwundet und gefangen, die Hamburger Schiffe auch als gute Beute von den Frevlern behalten. Welcher Friedensbruch auf einer Tagefahrt zu Stade nicht hat vermittelt werden können, weil die Dithmarscher trotzig geblieben sind. Darnach im Jahre 1431 fuhren sie vor den festen Turm der Insel Neuwerk, welcher dem seefahrenden Kaufmann zum Besten von Hamburg unterhalten wird. Daselbst hielten sie ein Schützengefecht, brannten die Vorpforten ab, verwundeten und erschlugen einiges Volk, raubten Vieh, Schiffe und andere Habe, und fuhren damit heim. Solchen doppelten Schimpf aber konnten die Hamburger nicht stecken lassen; und da es nun eben an der Zeit war, dass die Schiffe mit Hamburger Bier beladen waren und in die See gehen sollten, auch viele heimkehrende Hamburger Schiffe aus England und Flandern erwartet wurden, so rüstete E. E. Rat etliche Schiffe und besetzte sie mit 600 Mann, welche die ab- und aufsegelnden Kauffahrer konvoyieren und gegen die Dithmarscher beschirmen, dieselbigen aber nicht angreifen sollten. Oberster Patron war einer des Rates, Herr Martin Swartekopp. Als nun die Kriegsvölker eine Zeit lang auf der Elbe gekreuzt und grade den Dithmarschen gegenüber ankerten, ward ihnen Zeit und Weile lang, und weil sie's für offenbares Feindesland hielten, haben einige Hundert Mann einen Landgang unternommen (doch zwar ohne Herrn Swartekopps Befehl) und einige Häuser ausgeraubt und nieder gebrannt. Und dies deuchte ihnen gut als Vergeltung für die Dithmarscher Friedensbrüche und Raubzüge. Aber die Dithmarscher waren bei der Hand und kamen in großer Menge zusammen, so dass Herr Swartekopp, um seine Leute zu salvieren, mit der übrigen Mannschaft landen und in den Kampf eilen mußte. Die Dithmarscher waren indes zu mächtig, und nach tapferer Gegenwehr erschlugen sie fast alle Hamburger, deren nur sehr wenige wieder zu den Schiffen kommen konnten. Auch Herr Martin Swartekopp, der ehrbare oberste Hauptmann, wurde erschlagen. Und so wilde Gesellen waren dazumal die Dithmarscher, dass sie Herrn Swartekopps Magen ihm aus dem Leibe gerissen, auf einen Spieß gesteckt und als Siegeszeichen umhergetragen haben.


Solcher Widerwille dauerte noch etliche Jahre zwischen den Dithmarschern und Hamburgern, welche sich gegenseitig allen Tort und alles nur erdenkliche Herzeleid antaten. Und der Haupt-Rädelsführer und Unruhstifter bei den Dithmarschern war einer ihrer Vögte oder Häuptlinge, Ralves oder Ralev Carsten, vom Norddeich, ein wilder und kriegerischer Mann mit einem schiefen Beine. Der schürte den Brand, wenn er am Erlöschen war, und herrschte im Lande als ein Tyrann. Und weil nun in allen späteren Fehdezügen die Hamburger den Sieg davon trugen und die Dithmarscher großen Schaden litten, so wurden sie darüber wie über sein böses grausames Wesen mit Recht dem Ralev Carsten aussätzig, so dass eine Partei unter Crusen Johann ihm offen entgegen trat, und die Leute Spottlieder auf ihn sangen, z. B.:

„O Ralves Carsten, scheves Been,
Wo hast du di also versehn
In düsser legen Saken;
Kumst du mal na Meldorp in:
Din Kopp geiht up den Staken.“


Alsbald waren auch die Hamburger zur Hand, und sandten zur Bekriegung ihres Erzfeindes, der Partei des Crusen Johann 800 Büchsenschützen, unter dem Ratsherrn Cord Moller, so wie Kriegsbedarf aller Art. Die Hamburger zogen den Widersachern unverzüglich auf den Hals, und setzten ihnen aller Orten mit offnen Gefechten wie mit Sengen und Brennen so erschrecklich zu, dass sie davor landesflüchtig werden mußten, bis die Sache durch beiderseitige Freunde leidlich vertragen sein würde. Das war im Jahre 1434. Und in demselben Jahre ist Ralev Carsten von seiner eigenen Frau tot geschlagen. Andere sagen, dies sei 1437 geschehen. Genug, er endete gewaltsam sein gewalttätiges Leben; und von ihm sagten die Hamburger: „de schall't nich mehr dohn!“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil II