Drei Burgen in Hamburg

Drei Burgen in Hamburg
(Um 1060)

Um das Jahr 1060 waren drei große Burgen in Hamburg, worüber sich wohl etwas sagen lässt.


Bezelin Alebrand, ein Canonieus von Köln am Rhein, war um Weihnacht 1035 von sieben Sächsischen Bischöfen mit großer Pracht als Erzbischof von Hamburg geweiht und vom Kaiser bestätigt, worauf ihm der Papst den Mantel seiner Würde sandte. Er war ein guter, frommer Herr, der die Stadt Hamburg lieb hatte und ihr gern nach den erlittenen schweren Kriegesnöten wieder aufhelfen wollte. Er erbaute vor allen Dingen 1037 statt des zeitherigen, vom Erzbischofe Unwannus vorläufig aus Holz erbauten, einen neuen prächtigen Dom, völlig aus Quadersteinen gemauert. Daneben aber errichtete er südlich vom Dom, wo damals ein Arm der Elbe vorbei floss (der bei nachmaliger Vergrößerung der Stadt als Fleth benutzt wurde), eine feste, wohlverwahrte Burg, ihrer Pracht wegen auch Palatium oder Palast, zu Deutsch Pfalz genannt. Hier war seine erzbischöfliche Residenz. Man nannte sie auch die Wiedenburg, von den vielen Weiden, die damals an den sumpfigen Ufern der Elbarme wuchsen. Es war mit seinen Höfen und Türmen ein großes, weitläufiges Gebäude, welches die ganze Gegend der heutigen Straßen Schopenstehl und kleine Reichenstraße einnahm, vom Domstegel an bis zur Kattrepelsbrücke und Hopfensack; und die letztere Gegend wurde noch vor 100 Jahren vom Volke die Wiedenburg genannt, wie hie und da noch jetzt. Das war die eine Burg. Und Bezelin Alebrand umgab auch die inzwischen von Neuem aufgeblühte und bei lebhaftem Handel stets zunehmende Stadt Hamburg mit guten Wehranstalten gegen die Raubzüge und Heerfahrten der Normannen und anderer See- und Land-Räuber, nämlich mit einer starken Mauer, darin drei Tore waren mit drei festen Türmen darüber oder daneben. Hernach baute er noch neun solcher Zwingtürme, so dass zusammen ihrer zwölf zur Verteidigung der Stadt dienten. Von diesen sollten inne haben, besetzen, bewachen und verteidigen: den ersten der Bischof und seine Leute, den zweiten der Advokatus oder Vogt des herzoglichen Landesherrn, den dritten der Dom -Probst, den vierten der Dom-Dechant, den fünften der Dom-Scholaster, den sechsten die übrigen Domherren und Vikaren (woraus man sieht, dass dazumal die Geistlichen auch starke Kriegsleute waren und das Schwert nicht minder als das Räucherfass zu schwingen verstanden). Die sechs übrigen Türme waren aber in den Händen der Bürger und denselben anvertraut, deren Zahl und Wehrhaftigkeit also damals nicht größer gewesen sein muss als die der gesamten Geistlichkeit und der Vogtsleute.

Die zweite Burg erbaute der Sachsen-Herzog Bernhard II. an der andern Seite des Doms, mehr dem Alster-Flusse zu, nach Einigen da, wo hernach der Schauenburger Hof an der Steinstraße gewesen, nach Anderen etwa da, wo vor dem Feuer von 1842 das alte Zuchthaus gestanden hat und jetzt die Hermanns- und Ferdinands-Straßen zusammentreffen. Einige sagen, dies sei auch ungefähr die Stelle gewesen, wo Karl der Große seine Hammaburg gebaut habe. Andere aber glauben, dass solche etwa auf dem Platze der Wiedenburg gestanden. Diese Burg wurde des Herzogs Pfalz und Residenz, wenn er nach Hamburg kam, was oft geschah, da er die fleißigen und tapferen Hamburger gern hatte. Als das Haus Schauenburg das Holstein'sche Land bekam, da hat Adolfs I. Gemahlin diese inzwischen verfallene Burg neu erbaut und befestigt, und als Witwensitz bewohnt mit ihrer Schwiegertochter, des Grafen Hartung Witwe. Darauf aber im zwölften Jahrhundert ist die Burg von Heinrich, Grafen von Badewide, wiederum zerstört worden. Dann ist die Stadt an dieser Seite mit einem starken Wall befestigt, darin ein Tor war, um die Alsterschiffer einzulassen. Der Wall hieß der Heidenwall, und bis 1842 wurde im Stadt-Erbebuch diese Gegend beim Zucht- und Spinnhanse, dabei auch der Marstall E. H. Raths lag, „beim Heidenwall“ genannt, das Tor aber hieß das Alsterthor, wie noch jetzt die in der Gegend befindliche Straße. „Heidenwall“ aber hieß jene Befestigung, weil der Sage nach an dieser Stelle bei Erbauung der Stadt ein Götzenbild oder sonstiges Heiligtum unsrer im Altgermanischen Heidenwesen befangenen Vorfahren, und zwar inmitten eines großen bis zur Alster gehenden Haines, gestanden haben soll.

Die dritte Burg baute Bernhards Nachfolger, der Herzog Ordulf, aus Vorsicht, weil er dem Erzbischof Adalbert, welcher damals in der Wiedenburg saß und mit großen Erweiterungen seiner weltlichen Macht umging, dadurch im Zaum zu halten gedachte. Er baute sie südwestlich außerhalb der Stadt, an einem Elbarme, und nannte sie die neue Burg. Und was dort umher angebaut wurde, nannte man die Neustadt, darin also der Herzog residierte, wie der Erzbischof in der Altstadt; und wie ihre Herzen, so waren auch ihre Wohnsitze getrennt von einander. Die hat fast 100 Jahre dort gestanden, und darnach, als der dritte Adolf aus dem Hause Schauenburg über Holstein und Hamburg regierte, hat er die Burg dem Bürgermeister Wirad gegeben, damit sie löblichem Commercio zum Besten abgebrochen und den Kaufleuten zu Wohnungen und Speichern verliehen würde, wie auch geschehen. Und der Name dieser Gasse „bei der Neuen Burg“ pflanzte ihr Andenken fort, und auch das Feuer von 1842 hat weder die nach jener Burg benannte Straße, noch ihre krumme Gestalt, daran sich die Form des Kastells erkennen lässt, vernichten können.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil I (bis 1350)