Die blauen Süstern

Die blauen Süstern
(1233.)

Ferner hat der fromme Graf Adolf IV. eine neue Stiftung in Hamburg gemacht, den Convent für zwanzig Nonnen vom Orden der Beguinen. Dazu schenkte er ein Haus und Grundstück in der heutigen Steinstraße, und wies die nötigen Einkünfte in Ländereien vor dem Steinthore bis gen Horn zum Unterhalte derselben an. Seine Söhne, die Grafen Johann I. zu Kiel und Gerhard I. zu Itzehoe, schenkten dem Convente 1253 einen schönen Apfel-Garten, den sie ihrem eigenen angrenzenden Hofe (dem später sogenannten Schauenburger Hofe) abnahmen, worauf nach dem Willen der Schenker Freiwohnungen für zehn arme Wittwen der Stiftung beigefügt wurden.


Die Klosterschwestern des Convents nannte das Volk von der Farbe ihrer Ordenstracht die blauen Süstern. Um 1360 müssen sie sich's zur Nachtzeit etwas bequem gemacht haben, und nicht ohne einiges Geräusch und einzeln schlafen gegangen sein, denn in einer Haus-Ordnung von diesem Jahre schrieb ihr Oberherr, der Erzbischof Gottfried von Bremen, ausdrücklich vor: dass sie ihr Ordenskleid beim Schlafengehen nicht ablegen, auch sich einander durch Lärmen nicht beunruhigen, und alle zu gleicher Zeit das Lager suchen sollten. Seitdem lebten sie unter ihrer Oberin oder Mesterin still und fromm, und als die Reformation kam, widersetzten sie sich nicht, weshalb ihre Stiftung nach Annahme der evangelischen Konfession auch bestehen geblieben ist bis auf den heurigen Tag, obschon, beim Verluste vieler Güter, in verringerter Wirksamkeit; denn nur sieben Conventualinnen gibt es noch, außer der Mesterin, welche ähnliche Rechte genießt, wie die Domina zu St. Johannis-Kloster, nämlich im Leben den Titel: „Ehrwürdige Jungfer,“ und als Leiche: einen Sammet-Sarg mit silbernen Füßen.

Wenn ein armer Sünder zur Hinrichtung hinausgeführt wird und durch die Steinstraße kommt, so erhält er nach altem Gebrauch allemal beim Convent von den blauen Süstern den letzten Labetrunk, den ihm sonst die Ehrwürdige Mesterin an der Spitze ihrer Jungfrauen-Schar mit einem aufrichtigen „helf' Gott“ überreichte.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Hamburgische Geschichten und Sagen Teil I (bis 1350)